Club der gebrochenen Herzen

der Postbote, den Buffy am Ankunftstag in Knockton gesehen hatte; er war jetzt mit dem Mädchen vom Wohnmobil-Zentrum zusammen. Rosemary und Douggie hatten unter seinem Dach ihre Ehe wieder zu neuem Leben erweckt. India und Voda hatten sich ineinander verguckt. Sogar Des und Bella waren zusammen in die Kiste gehüpft. Buffy selbst war irgendwie verantwortlich für diese ganzen Liebesaffären. Aber was war mit seinem eigenen Happy End? Missmutig riss er ein Stück von seinem Croissant ab und tunkte es in den Kaffee.
    Und dann entschied er sich spazieren zu gehen. Er würde die Hügel hochfahren und am Offa's Dyke entlangwandern. Das tat man nun mal in diesem Teil der Welt. Mit geröteten Wangen kehrten die Wanderer nach Myrtle House zurück und sagten, Donnerwetter! Das pustet einem das Gehirn frei! Es war absurd, dass er in all den Monaten mit dem Hund kaum weiter als bis zum Freizeitgelände gekommen war. Scheiß auf den Hallux. Vielleicht würde der Wind auch ihm das Gehirn freipusten, während er auf irgend so einem Gipfel stand mit drei Grafschaften zu seinen Füßen.
    Buffy fuhr etwa drei Kilometer die Straße hoch, parkte amHinweisschild für den Fußweg und ließ den Hund aus dem Auto. Wild kläffend verschwand Fig in einem Gestrüpp aus Stechginsterbüschen. Ein Kaninchen schoss heraus. Buffy, fest verpackt im Mantel, marschierte den Weg entlang. Die Sonne beschien die frostigen, skelettartigen Hecken auf beiden Seiten. Vor ihm Schafe, über den Hang verstreut wie Felsbrocken. Träge fragte er sich, wo Vodas Cottage wohl lag. In all den Monaten war er nie dort eingeladen worden; vielleicht meinte sie ja, sie sähen genug voneinander im Myrtle House. Auch von India war keine Einladung gekommen. Nyange hatte allerdings die Nacht bei den beiden verbracht und würde jetzt auf dem Rückweg nach London sein. Buffy fühlte sich erneut ausgeschlossen. Ich spiele für niemanden die erste Geige . Er selbst war ein Fels, Leute wurden ringsum angeschwemmt und bei Ebbe weggespült, er aber blieb allein zurück. Hatte Bridie das so empfunden? Sie wirkte immer fröhlich, großzügig und hilfsbereit, war womöglich auch sie in tiefer Nacht von Panik gepackt worden?
    »Herrlicher Tag!« Ein grauhaariges Paar schritt Hand in Hand an ihm vorbei. Der Mann trug, wie abstoßend, Shorts. Aussortieren! , hatte Monica gesagt. Weg mit ihnen, einer nach dem anderen!
    Heftig keuchend lehnte Buffy sich an ein Tor. Sein Rücken schmerzte; sein Mittelfußknochen hämmerte. Er war bei weitem nicht fit genug für solche Unternehmungen. Dafür war die Aussicht spektakulär, Hügel um Hügel türmte sich die Landschaft höher und höher in milchiger Ferne, wobei das Hochland im Licht lag. Kein Wind, bloß Stille. Stille so gewaltig, dass er spürte, wie sie sich an ihn drückte.
    Er erinnerte sich an einen betrunkenen Alten im Pub, dessen Beine von Düngersäcken umwickelt und verschnürt waren. Mit überraschender Gelehrsamkeit hatte er über das Marschland gesprochen, wie die Menschen über die Jahrhunderte von hier geflohen und nie wiedergesehen worden waren, wie es immer ein wildes und gesetzloses Land gewesen war. Die Empty-Quarter-Wüste hatte er es genannt.
    Buffy stand schweigend da. Kein Vogel sang. Irgendwo in der Stille konnte er Bridies Stimme hören. Bridie, die es hinter sich hatte. Der freie Geist, der nichts von ihm verlangt und ihm so viel gegeben hatte. Sie war Teil dieser Hügel, dieser Landschaft, die sie geliebt hatte, geliebt haben musste, wenn er sich die Mühe gemacht hätte, in Kontakt mit ihr zu bleiben und das herauszufinden. Pack's doch an, du blöder Mistkerl. Ein Riesenschlamassel? Na wenn schon. Das Leben ist verdammt kurz, das kannst du mir glauben .
    Genau in dem Moment überkam es Buffy wie eine Erleuchtung, er wusste, was zu tun war.
    »Fig!«, rief er.
    Aber von seinem Hund war weit und breit keine Spur.
 
    Es war bereits Nachmittag, als Buffy nach Knockton zurückkam. Eine gute Stunde war draufgegangen, Fig zu suchen. Buffy hatte ihn schließlich im Kaninchenbau inmitten der Stechginsterbüsche aufgestöbert, sein Kläffen hatte ihn verraten. Irgendwann war Fig aus einem Loch aufgetaucht, sich rückwärts windend und verdreckt. Der Hund hatte ihn zerstreut begrüßt, eher lasch, als wäre er unabkömmlich und in wichtigere Angelegenheiten vertieft. Mittlerweile war es zwei Uhr, und Buffy hatte das Mittagessen verpasst.
    Ob Monica seine Abwesenheit bemerkt hatte? Jetzt, da ihmeiniges klar geworden war,