Club der gebrochenen Herzen
Freundin dazu, es zu tun, das ist jetzt ihr Job … Was? Ich bin nicht giftig. Und denk dran, Hannah hat am Freitag Geburtstag, vergiss nicht, ihr eine Karte zu schicken. Du weißt doch, wie man eine Briefmarke aufklebt, oder?« Man hörte Glas zerbrechen. »Ich kann dich nicht verstehen! Ich bin hier neben einem Glascontainer, das hier ist eine ›Stadt im Wandel‹, alle machen wie wild mit, die Flaschen fliegen nur so, es wird wie verrückt recycelt … Was ? Du kennst ihre Adresse nicht? Von deiner ureigenen Tochter ?«
Rosemary schaltete ihr Handy ab und wandte sich an Amy.
»Er ist jetzt in so ein möbliertes Zimmer gezogen«, sagte sie. »Er ist hilflos wie ein Baby. Na, so ein Pech! – Er hätte ja nicht weggehen müssen. Sie hat ihre eigene Wohnung, aber dort ist kein Platz für ihn, sie hat ein Kind, sie will nicht, dass er alles in Unordnung bringt.« Rosemary verstaute das Handy in ihrer Handtasche, in ihren Augen glitzerten Tränen. »Ich wette, er nimmt seine Pillen nicht, ich habe sie ihm immer zurechtgelegt, wissen Sie. Sein Blutdruck steigt wahrscheinlich bis an die Decke.« Sie lächelte schwach. »Komisch, nicht. Angeblich bin ich doch die Hilflose, kann nicht mit dem Auto und solchem Kram umgehen. Deshalb mach ich ja den Kurs. Aber nicht ich bin der Dussel, er ist es.«
Rosemary wandte sich abrupt ab und überquerte die Umgehungsstraße, wobei sie die Hand wie ein Stabsfeldwebel hochhielt und ein sich näherndes Auto zur Vollbremsung zwang.
Amy tippte Ellies Nummer ein und flehte zum Himmel, sie möge daheim sein. In der Nähe fütterte ein bärtiger Mann einen Container mit Zeitungen. Ein Artikel weckte sein Interesse; er zog die Zeitung wieder heraus, setzte sich hin und las.
Ellie nahm den Anruf entgegen. Ja, sie sei zu Hause. Ja, Amy könne ihr Make-up-Set ausleihen. Sie vereinbarten, dass Amy am nächsten Morgen nach Llandeilo fahren und es holen würde. Auf den Unterricht – Wie man die Karosserie in Schuss hält – musste sie verzichten, ein Jammer.
Amy ging die Hauptstraße entlang. Die Kirchenuhr schlug sechs. Noch schossen Schwalben durch den Himmel, bald schon wären sie verschwunden. Sie war freudig erregt. Wie riskant das alles war; wie fragil der Moment, der das eigene Leben verändern konnte! Wenn Ellie einen Arbeitsauftrag gehabt hätte …, wenn Neville nicht den Minzebusch im Vordergarten erspäht hätte … Schon rasten die Gedanken voraus – vielleicht ergäbe sich gar nichts daraus, höchstwahrscheinlich nicht. Und doch war sie von Freude durchströmt und lächelte eine Frau mit pinkfarbenem Haar an, die den Laden Magische Kristalle abschloss. Amy spazierte weiter und atmete in tiefen Lungenzügen die belebende walisische Luft ein. Sogar die Bauchschmerzen waren weg.
Beim Abendessen kippte Rosemary mit verquollenen Augen ein Glas nach dem anderen hinunter. Sie erzählte, ein Mann habe versucht, sie aufzugabeln, als sie an der Umgehungsstraße stand und in ihr Handy sprach. »Sehr aufregend – und das in meinem Alter. Er hat seinen Transporter angehalten und mich gefragt, wie viel ich verlangen würde.« Sie lachte hysterisch auf: »Offensichtlich mögen sie hier ältere, erfahrenere Frauen.«
Voda, die gerade die Teller einsammelte, fragte: »Was für ein Transporter?«
»Blau, stark verrostet.«
»Hab ich mir doch gedacht.« Voda nickte, ihre Ohrringe schaukelten. »Das muss Gareth sein. Der hat durchs Paraffinschnüffeln einen Gehirnschaden gekriegt.«
Rosemary stellte ihr Glas ab. »Besten Dank«, sagte sie.
Nolan
Etwas war in Nolan freigesetzt. Er hatte noch nie so über seine Mutter gesprochen – zumindest nicht mit seinen Kumpels. Sie sprachen über Autos und Motorräder und wie man sich mit den verschiedenen illegalen Substanzen zudröhnt, die in den Sozialsiedlungen von Knockton und dem Ödland in den Hügeln oben zirkulierten. Sie hatten natürlich über Frauen gesprochen, aber mehrere Schwangerschaften und das sich daraus ergebende festgezurrte Familienleben hatten dem ein Ende gesetzt. Die ehemaligen Radaubrüder konnte man nun auf dem Spielplatz sehen, mit nach wie vor von Akne geröteten Wangen und eine heimliche Zigarette rauchend, während ihre Kleinen Amok liefen.
Nein, die redeten anders. Aber dieses Mädchen tauchte mir nichts, dir nichts auf, und plötzlich strömten ihm die Worte aus dem Mund. Bis zu diesem Augenblick hatte Nolan nicht einmal gewusst, dass es diese Worte gab. War es, weil Amy die Wahrheit gesagt hatte? Wenn es
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