Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
Vom Netzwerk:
repariert.«
    »Was ist ein Gaffer?«
    »Ein Beleuchter.« Sie erzählte ihm, dass sie beim Film arbeitete und Maskenbildnerin war.
    »Nie im Leben!« Diese Antwort war immer befriedigend. Nolans Augen weiteten sich in Ehrfurcht, in neuem Respekt; sie fühlte, wie sich die Kräfte zwischen ihnen ein wenig verschoben. »Haben Sie etwa in Horrorfilmen mitgearbeitet?«
    Sie nickte. » Die Vampire von Bognor. Schwimmen mit Zombies .«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst! Ich habe beide auf DVD .« Nolan schloss träumerisch die Augen. »Wissen Sie, welches meine Lieblingsstelle in Bognor ist? Wenn der Typ in der Scheune ist, der Schauspieler da, wie heißt der noch, er glaubt, dass er in Sicherheit ist, und dann bricht der Vampir durch die Tür und kratzt ihm das Auge aus. Das ganze blutige Zeugs läuft ihm die Wange runter, und sein Auge hängt am Faden, als würde es pendeln.«
    »Das hab ich gemacht.«
    » Sie ?« Nolans erstauntem Blick folgte ein unendlich hingebungsvoller Blick.
    Sie nickte. Nie in ihrem ganzen Leben hatte ein Mann sie so angeschaut. »Bloß eine Prothese«, sie zuckte mit den Achseln.
    »Wie haben Sie die gemacht?«
    »Erst mal bereitet man die Haut mit einer Feuchtigkeitscreme vor. Dann bedeckt man das Auge mit einem medizinischen Klebeband und legt dünne Wachsschichten auf, um die Augenhöhle zu formen.«
    »Was ist mit all dem geronnenen Blut und so?«.
    »Abwarten, dazu kommen wir noch.«
    »Und Eiter?«
    »Und Eiter.«
    Das Auto war vergessen. Sie saßen Seite an Seite auf dem Grünstreifen und sprachen über Horrorfilme. Irgendwo sang ein Vogel. Eine Uhr schlug drei. Stimmen murmelten im Garten vom Myrtle House; Gelächter ertönte. Die hohe Ziegelsteinmauer schirmte die beiden von den Unwissenden ab. Sie waren allein. Die Hintergasse – voller Schlaglöcher und Unkraut, gesäumt von Reparaturwerkstätten in unterschiedlichen Verfallsstufen und geparkten Autos – war ihr plötzlich lieb und teuer. Was kümmerte es sie, dass ihr Po feucht wurde? Dass sie Bauchschmerzen hatte, weil die Toiletten den ganzen Morgen besetzt waren und sie sich nicht erleichtern konnte? Kletten klammerten sich an Nolans Jackettärmel, aber sie wagte nicht, etwas so Intimes zu tun und sie abzuzupfen.
    Einmal klingelte sein Handy. Er schaute auf den Namen, zögerte und klickte ihn weg.
    »Das war meine Mum«, sagte er. »Ich sollte ja mit ihr reden,aber wissen Sie was? Ich tu's nicht.« Er versenkte sein Handy in der Hosentasche. »Sie nimmt all das Pillenzeug – manchmal denke ich, sie ist ein Zombie. Um ganz ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass sie richtig krank ist. Sie surft den ganzen Tag im Internet und macht sich selbst Angst und Bange bei den Symptomen. Sie hat Krebs, sie hat Morbus Crohn – sie steigert sich so in etwas hinein, dass sie Prozac nehmen muss. Offen gestanden, sie müsste nur ein wenig mehr aus dem Haus.« Er unterbrach sich. »Warum erzähle ich Ihnen das?«
    »Haben Sie einen Vater?«
    Nolan schüttelte den Kopf. »Es gibt nur uns zwei.«
    »Vielleicht hat sie Angst. Dass Sie, wenn es ihr gutgeht, weggehen würden.«
    Nolan kratzte an einem verkrusteten Dreckfleck auf seiner Jeans.
    »Tut mir leid«, sagte Amy. »Das hätte ich nicht sagen sollen.«
    Nolan schaute zu ihr auf. »Nein, Sie haben Recht. Ich bin achtundzwanzig.« Schweigen. Sie hatte das Gefühl, er werde von ihr fortgezogen, werde von seiner eigenen unberechenbaren Zukunft geschluckt. Sie musste ihn zurückholen.
    »Wollen Sie wissen, wie man eine ›mummy‹ zurechtmacht?«
    »Wie bitte?« Die schwarzen Raupenbrauen fuhren hoch. »Ich glaube nicht, dass sie das zuließe.«
    »Nicht Ihre Mami. ›Mummy‹ ist eine Mumie.«
    Nolan brach in Gelächter aus. Sie saßen da, an die Mauer gesunken, und schüttelten sich vor Lachen. Sie hatte das hier inszeniert; sie war, wie sie erkannt hatte, fixer als er.
    »Zuerst bestreicht man die Haut mit Kleber. Dann schichtet man diese dünnen Gazestreifen –«
    Sie unterbrach sich. Ein Auto brauste die Gasse entlang.Kies spitzte hoch, als es ruckartig neben ihnen anhielt. Es war ein schwarzes Coupé; in ihm saß Bella, eine der Kursteilnehmerinnen, ihr blondes Haar war zerzaust.
    »Wow!«, sagte Nolan. »Ein BMW .«
    Bella stellte den Motor ab, öffnete die Tür und schwenkte ihre langen gebräunten Beine heraus. »Bin ich zu früh?«, fragte sie.
    Nolan schaute auf die Uhr. »Ich werd verrückt, schon vier.« Er rappelte sich hoch.
    Bella warf Amy ein Lächeln zu. »Entschuldigung.

Weitere Kostenlose Bücher