Club der gebrochenen Herzen
Weiß der Kuckuck. Aber mir ist das peinlich, besonders bei einigen alten Freundinnen. Die Dinge sind nicht mehr dieselben, seitdem sie, verstehen Sie …«
»Versucht haben, Ihnen an die Hose zu gehen? Schicken Sie sie hierher!«
Harold lachte schwach. »Jedenfalls ist das der Grund, warum ich mir gedacht habe, den Garten selbst in Angriff zu nehmen.«
Buffy machte sich und Harold ein Sandwich und entkorkte eine Flasche Wein. Die Zeit rann angenehm dahin, wie an einem schläfrigen Sonntagnachmittag. Im Sonnenenlicht lag hingeplumpst der Hund und zuckte in einem Kaninchentraum. Buffy war sich bewusst, dass er eigentlich den Mädchen helfen sollte, aber Harold war schließlich ein Gast. Es stellte sich heraus, dass der Typ ein Schriftsteller mit Schreibblockade war – noch eine Erklärung für die Manschetten und die Schultern. Er hatte seit Monaten kein Wort geschrieben.
»Sie werden hier eine Menge Material finden«, sagte Buffy und füllte erneut die Gläser. »Die Stadt platzt fast vor Dramatik. London auch, klar, aber niemand kennt seine Nachbarn, und wem kann man es erzählen? Hier werden Sie im Postamt Schlange stehen, und es ist wie aus dem Decamerone . Dann sind da noch die Kursteilnehmer –«
Es klingelte.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Buffy und hievte sich hoch.
Er öffnete drei erwartungsvoll lächelnden Gästen die Tür. Sie hatten große Koffer, als würden sie einen ganzen Monat bleiben. Im selben Augenblick kam India die Treppe heruntergepoltert und winkte mit dem Handy.
»Bruno hat mir gerade gesimst!«, schrie sie. »Beckys Fruchtblase ist geplatzt!«
Lavinia
Lavinia, die Kursleiterin, hatte sich fürs Abendessen zu den Gästen gesellt. Als Buffy mit der Weinflasche kam, legte sie die Hand auf ihr Glas. »Nichts für mich, danke, ich muss meinen Vortrag halten.«
»Äh, was für einen Vortrag?«, fragte Buffy.
»Meine Einleitung. Neun Uhr in der Bar.« Sie machte eine Pause und spürte, wie sich ihr Gesicht erhitzte. Sie holte tief Luft und sagte: »Sie sollten wissen, Sie sind verantwortlich dafür, dass ich Richterin geworden bin.«
»Du meine Güte! Tatsächlich?«
»Als ich jung war, war ich ein Fan von Crown Court . Ich habe die Serie in den Schulferien geguckt. Da haben Sie doch mitgespielt?«
Er nickte. »Erster Gerichtsdiener, ich armer Sünder. Wenn ich daran denke!« Er hielt inne. »Hm, was genau haben Sie sich für den Vortrag vorgenommen?«
»Ich nenne ihn ›Wurzel und Trieb‹. Die Grundstruktur der Pflanze.«
»Sind Sie sich sicher, dass die Leute Lust darauf haben? Nach dem Abendessen?«
»Wir sollten in die Gänge kommen. In fünf Tagen muss ein hübsches Stückchen durchgeackert werden.«
Passenderweise trug Buffy eine geblümte Weste. Lavinia erkannte die charakteristischen Blätter und die herabhängendenglöckchenförmigen Blüten der Dicentra Formosa, der Zwergherzblume. Obwohl er seit den Crown-Court -Tagen reichlich Fett angesetzt hatte – jeder Knopf tut seine Pflicht , wie ihre Mutter immer sagte –, hatte sie bei der ersten Begegnung einen leichten Schauer verspürt. Ein echter Schauspieler! In ihren Kreisen traf sie nicht viele, besser gesagt, nicht einen. Das war einer der Gründe, warum sie sich angeboten hatte, den Kurs zu leiten. Hatte sie zu einschmeichelnd geklungen?
India brachte die Vorspeisen herein. Einige Gäste fragten sichtlich neugierig: »Gibt's was Neues?« Dass Buffys Schwiegertochter genau in diesem Augenblick in den Wehen lag, um seinen Enkel auf die Welt zu bringen, hatte anscheinend die Fantasie der Gäste angeregt.
Lavinia hatte Kinder nie leiden können, und jetzt wollte sie schon gar keins. Teddy, ihr Mann, hatte ein- oder zweimal vorsichtig das Thema angeschnitten, aber diesem Unsinn hatte sie mit einem ihrer Blicke einen Riegel vorgeschoben. Mit zweiundvierzig war jede diesbezügliche Gefahr längst vorbei, selbst wenn sie und Teddy sich mächtig ins Zeug legten, wovon nicht die Rede sein konnte.
Außerdem hatte ihre Arbeit als Richterin sie von jedem Gedanken an Nachwuchs abgeschreckt. Warum? Muss man das noch fragen? Die Leute schienen zu glauben, Richter seien die reinsten Fossile, aber weit gefehlt. Die Dinge, die sie hörte, würden jedem normalen Menschen die Haare zu Berge stehen lassen – das Sodom und Gomorrha des modernen Familienlebens. Immer wenn sie das Gericht verließ, fühlte sie sich wie ein Bergmann, bedeckt mit schmierigem Kohlestaub; und nur ein ausgiebiges Bad konnte den Schmutz
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