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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
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abwaschen.
    Nein, ihre Kinder waren die Pflanzen. Babys sahen allesamthaargenau gleich aus, jede Pflanze hingegen war verschieden. Unstrittig. Sie schenkte ihnen Leben, indem sie die Saat aussäte. Sie hegte und pflegte die Keimlinge während ihrer empfindlichen ersten Wochen, dann topfte sie die Pflänzchen ein, wie Teenager, die flügge werden. Aber sie brauchten sie noch, selbst wenn sie sich in der großen weiten Welt ihrer Mischrabatte eingewöhnt hatten. Jeden Tag ging sie herum und überprüfte sie, überprüfte sie auf Schädlinge, auf Braunfäule, auf alle Schläge, die das Leben ihnen erteilen mochte. Das Leid ihrer Pflanzen war auch ihr Leid; der Anblick einer von Nacktschnecken angefressenen Dahlie verursachte ihr körperlichen Schmerz. Und ihr Blühen war auch ihr Triumph.
    Nicht, dass ihr Mann irgendetwas davon bemerkte. Teddy hatte keinerlei Interesse am Garten; für ihn war es nur der geeignete Ort für lodernde Flammen. Was war das bloß mit Männern und Freudenfeuern? Jeden Herbst suchte er ihren Garten heim, abholzend und brandschatzend, und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Dabei sah er völlig friedfertig aus. Aber das taten auch die meisten Männer, die vor ihrer Richterbank erschienen und des brutalsten Missbrauchs schuldig waren.
    Der Garten war ihr ganzes Glück. Deshalb führte Lavinia ihren Garten gern der Öffentlichkeit vor. Endlich hatte sie ein anerkennendes Publikum für das Werk ihrer Hände. Sie genoss es, bescheiden dazustehen und die ehrfürchtigen Ahs und Ohs bei allem zu hören und Fragen zu beantworten. Die Besucher des Gartenführers Yellow Book waren eine neugierige Sippschaft, immer auf der Lauer, sich unter irgendeinem Vorwand ins Innere des Hauses zu schlängeln, meistens zur Toilette. Sie bedienten sich auch bei Ablegern, blickten verstohlen um sich, bevor sie ihre Gartenschere zum Schnipseln herausholten. Lavinia hatte nichts dagegen; auch sie tat es ja. Und zumindest hatten sie Interesse.
    Lavinia war nun in der Bar, die Stühle in einem Halbkreis um sie gruppiert. Sie begann ihren Einführungsvortrag über die Pflanzenstruktur, aber ihre Schüler schienen begieriger zu sein, mehr von dem verdammten Baby zu hören. »Wie weit ist der Muttermund geweitet?«, fragten sie India, als sie den Kaffee servierte. »Wie viele Wehen pro Minute?«
    Meistens fragten die Frauen, aber ihr Publikum bestand fast nur aus Frauen. Es waren immer und überall Frauen, und alle in einem bestimmten Alter. Wo man auch hinging, zur Kirche, ins Theater, in eine Galerie, ins Gartencenter – beinah ausnahmslos weibliche Wesen. Dasselbe galt für Kurse, für Kreuzfahrten, einfach für alles. Der einzige Ort, wo Männer die Frauen an Zahl übertrafen, war anscheinend das Magistratsgericht oder die Landwirtschaftsausstellung von Shropshire. Lavinia hatte vermutet, dass Gärtnern für Anfänger , angeboten für frisch Getrennte, die gleiche Quote an Männern anziehen würde – eigentlich mehr, da sie wahrscheinlich keine Ahnung vom Thema hatten. Aber es war das übliche Verhältnis von drei Männern zu sieben Frauen. Einige von ihnen hatten den wissenden, notleidenden Blick, den man bei alleinstehenden Frauen fortgeschrittenen Alters findet. Wie armselig Teddy auch war, der Gedanke, ihn zu verlassen und sich ihren Reihen anzuschließen, war zu entsetzlich.
    Indias Handy piepte. Noch eine SMS !
    »Ganz liebe Grüße, bitte«, sagte eine der Frauen lächerlicherweise. Sie kannte die Person doch gar nicht!
    Eine andere sagte: »Ich weiß, was sie durchmacht, als ich meinen Benji bekam, waren es vierzehn Stunden reinste Hölle.«
    »Mein erstes hat einen Tag und eine Nacht gebraucht«, sagte eine andere. »Dammschnitt und Zangengeburt.«
    »Ha, da haben Sie Glück gehabt«, sagte eine andere Stimme. »Ich wurde mit zwanzig Schnitten genäht. Musste wochenlang auf einem Gummiring sitzen.«
    »Können wir zurück zur Sache kommen«, blaffte Lavinia. Sie zeigte auf ihre Schautafel. »Das ist das Staubblatt mit dem Staubbeutel und dem Staubfaden, und das ist der Stempel –«
    »Lesen Sie uns die SMS vor!«, rief eine Stimme dazwischen.
    India las: »6 Zentimeter geweitet. Wehen stärker.«
    »Stärker!«, schnaubte eine der Frauen. »Das heißt, verdammt qualvoll.«
    »Man hat das Gefühl, man wird von oben bis unten aufgerissen«, sagte eine weitere Stimme.
    Lavinia verlor ihr Publikum. Sie fühlte auf einmal Mitleid mit Buffy. Erging es Schauspielern so, wenn sie versuchten, die Aufmerksamkeit auf

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