Club der gebrochenen Herzen
sich zu ziehen?
India seufzte. »Armes Ding«, sagte sie. »Ich will nie ein Kind haben.«
»Das wirst du schon, Mäuschen«, sagte jemand. »Du vergisst das Ganze, sobald es vorbei ist.«
»Haben Sie einen Freund?«, wurde India gefragt. »Sind Sie in einer festen Beziehung?«
India schüttelte den Kopf und ließ das Milchkännchen kreisen.
Lavinia machte unermüdlich weiter mit ihrem Lehrvortrag. Währenddessen spürte sie, dass etwas in ihrem Kopf rumorte. Eine der Frauen, sie saß unter Buffys Plakat, kam ihr bekannt vor. Ein unscheinbarer Typ in Rüschenbluse, die sie wie eine Dudelsackspielerin einer irischen Musikgruppe aussehen ließ. Wo hatte sie die Frau schon mal gesehen?
Als der Vortrag vorbei war, nahm Lavinia ihre Namensliste heraus. Beim Durchforschen erkannte sie einen Namen: Mary Taylor.
Besagte Frau stand jetzt an der Bar, wo Buffy die Getränke servierte. Lavinia las die Adresse: 18, Willow Close, Ludlow. Sie stammte also aus ihrer Gegend. Vielleicht hatte sie sie in der Stadt gesehen. In diesem Augenblick drehte die Frau sich um. Sie blickte Lavinia, die gerade ihre Papiere aufsammelte, kurz an. Lag nicht auch in ihrem Blick ein Wiedererkennen?
Erst eine halbe Stunde später, als Lavinia nach Hause fuhr, erinnerte sie sich. Mary Taylor. Die Frau hatte wegen Ladendiebstahls vor Gericht gestanden.
Buffy
Am nächsten Morgen hatte Buffy eine Enkelin. Sie hatten ein Foto gemailt, das ein schrumpliges Babygesicht zeigte. Wie alle Babys hatte es eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Charlie Drake, aber India war natürlich zu jung, um zu wissen, über wen er da redete.
Harold wusste es. Er und Buffy entdeckten viele Gemeinsamkeiten. Sie dachten zurück an den zwergenhaften, auf Zigarren herumkauenden Komödianten, der, wie sie übereinstimmend sagten, der am wenigsten komische Mensch auf Erden war. Norman Wisdom kam, auch hier stimmten sie überein, gleich an zweiter Stelle. Es war ein schöner Morgen. Sie saßen beim Kaffeetrinken im Wohnzimmer. Im Garten bot sich ein Anblick, der Buffys Herz erfreute: Die ganze Klasse war eifrig am Unkrautjäten. Sie nahmen gerade das Randbeet in Angriff –eine Reihe von Hinterteilen, gebückt, während Blockwart Balcombe patrouillierte und knapp kommandierte. »Sie sehen aus wie Pilger in Mekka«, bemerkte Harold. Er hatte sich von körperlicher Anstrengung befreit; wie Buffy hatte er es mit dem Rücken.
»Früher einmal ging ein Kerl einfach in den Pub, bis es vorbei war«, sagte Buffy, als er sich an die Geburt von Quentin erinnerte. Nun, nicht erinnerte. Tatsächlich war er während keiner der Geburten seiner Nachkommenschaft präsent gewesen. Popsi hatte die Wehen ganz allein überstanden, während er sich betrank. Jacquetta hatte beide, Bruno und Tobias, per Kaiserschnitt bekommen. Sie hatte offenbar einzigartige Komplikationen – alles an ihr war einzigartig und kompliziert. Buffy vermutete noch immer, dass es bloße Feigheit gewesen war. Die Jungen wurden sogar in einem privaten Krankenhaus zur Welt gebracht; es waren die glorreichen Zeiten des Voice-over, auch für ihn ertragreich. Nyanges Mutter war ihm da schon fast eine Fremde; und dass ihm von Lorna eine Tochter geboren worden war, hatte er nicht gewusst.
Manchmal fragte er sich, wie sich Penny, seine dritte Frau, wohl als Mutter angestellt hätte. Jemand weniger Mütterliches war kaum vorstellbar. Sie war eine knallharte Journalistin; selbst Hundewelpen und Kätzchen ließen sie kalt, es sei denn, sie musste für Woman's Own eine Schmonzette über sie verfassen. Einmal, sentimentaler alter Narr, der er war, hatte er sie gefragt, warum sie ihn nie mit derselben Zuneigung anblickte wie er sie. Worauf sie geantwortet hatte: »Ich bin doch nicht schwachsinnig.«
Harold hatte eine Tochter aus erster Ehe, die in Australien lebte. Sie hatte vor kurzem ein Kind bekommen, das mit ihmüber Skype brabbelte. »Wahrlich ein Großvater auf Distanz«, sagte er und wurde wieder melancholisch. Pia, seine zweite Frau, hatte keinerlei Interesse an Kindern gezeigt.
»Es ist nicht zu spät«, sagte Buffy. »Sie könnten noch einmal ganz von vorn beginnen. Viele Männer Ihres Alters schieben Sportkinderwagen vor sich her. Gefällt Ihnen jemand hier?«
Harold schüttelte den Kopf. »Mit alldem bin ich fertig. Von jetzt an werde ich mich dem Schreiben widmen und meinem Garten. Beide sind das völlige Chaos.«
Die Tür öffnete sich, und Voda kam herein. »Tut mir leid, Sie zu stören«, sagte
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