Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
untergeordnete Wolke, schwächer, von dessen eigener überlagert. Es hat war der erwachsene Sohn des Täters, der viele der Morde gemeinsam mit seinem Vater ausgeführt hatte. Er war so dicht an ihm dran, so nah. Bis es zur Festnahme kam, musste eine weitere Frau ihr Leben lassen.
Überflüssig. Sinnlos. Folgenschwer.
Einfach nur, weil das Schicksal es so gewollt hatte. Weil die verdammten Göttinnen es bestimmten.
Weil er die Schuld daran trug. Er hätte es verhindern können.
Seine Kollegen und er waren zu spät gekommen. Fünf Minuten. Verdammte scheiß fünf Minuten früher, und die Frau könnte noch leben.
Der Tod der Schwangeren gab den Auslöser, den Fluch, der auf den Schattenseelen lag, bei ihm zum Ausbruch zu bringen. Daniel verließ Scotland Yard nach dem tragischen Vorfall vor etwa einem Dreivierteljahr. Er quälte sich mit Selbstvorwürfen.
Fünf Minuten.
Die hätte er beim Rasieren einsparen können … auf der Fahrt ins Revier, beim Kaffeetrinken. Fünf Minuten Muße für ein Leben. Das war nicht fair. Er hatte viele Verbrechen gesehen, doch nie war ihm ein Fall derart auf die Seele geschlagen wie dieser. Es musste an den besonders grausamen Bildern liegen, die er seither zu verbannen versuchte. Schlimmeres hatte er niemals zuvor erlebt, nicht einmal bei den grausigen Taten der Vampire, Ghouls und anderer Spezies, mit denen er immer wieder in Berührung kam. Der aufgeschlitzte Bauch, das …
Fünf Minuten.
Damals schlug seine Gabe um, er sah nicht mehr die Wolken, die das Gute verdunkelten, er sah nur noch das Böse. Eine wabernde, pechschwarze Masse. Sie bereitete ihm Höllenqualen, fiel immer heftiger und brutaler über seine Seele her. Die Vereinigung der Liebesseele in Paula täuschte ihm nur kurzzeitig Hoffnung vor, indem die Attacken nachgelassen hatten. Jetzt überfielen sie ihn schlimmer als jemals zuvor.
Der Fluch war nicht besiegt.
Jedenfalls keineswegs, was bereits Betroffene anging.
Ihn!
Emily trat vor den Spiegel und betrachtete ihr Äußeres. Blonde, lange Haare, die ihr leicht gewellt über die Schultern fielen. Himmelblaue Augen, ein schmales Gesicht mit einer Stupsnase, volle, natürliche, rosafarbene Lippen. Weiblich, erwachsen, und dennoch die Unschuld eines Teenagers ausstrahlend, so hatte sie aussehen wollen und das Trugbild war perfekt gelungen. Wie alt würde man sie schätzen? Zweiundzwanzig? Fünfundzwanzig? Sie mochte nicht an ihr wahres Alter und Aussehen denken, das gehörte ebenso der Vergangenheit an wie der Verzicht auf Erfüllung. Nie hatte körperliche Liebe ihr während ihres menschlichen Daseins Freude bereitet. Ihr erster Mann war ein Wandergeselle, viele Jahre älter als sie. Ihre Stiefmutter hatte sie mit vierzehn Jahren skrupellos an ihn verkauft, um sie loszuwerden. Emily brauchte Jahre, bis sie es schaffte, ihm zu entkommen. Doch als Frau Mitte zwanzig zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, ohne Geld und Verwandte, musste sie damals schnell einsehen, dass sie nicht lange allein bleiben konnte.
Mit dem Bäckermeister Louis hatte sie zwar kein berauschendes Glück gefunden, aber einen ruhenden Pol, Vertrauen und Sicherheit. Er nahm sie zur Frau, weil sie in der Backstube Talent bewiesen und sich mit Fleiß und Hartnäckigkeit in sein Herz vorgearbeitet hatte. Ihr Leben prägten keine besonderen Höhen oder Tiefen, sah man von all dem ab, was die Zeit des Krieges und der Entbehrung mit sich brachte. Der Verlust der Bäckerei während dieser Wirren machte ihren Ehemann zum Arbeitnehmer und sie jobbten viele Jahre, um die Existenz eines bescheidenen Daseins zu sichern. Nachdem Louis in hohem Alter verstorben war, kam sie wenig später in ein Pflegeheim, aus dem Paula sie im letzten Moment dem Tod von der Schippe gerissen hatte.
Dank Lara verwandelte sich Emily daraufhin zur Vampirin. Nicht nur, dass größte Dankbarkeit sie mit ihrer älteren Schwester verband, sie liebte Lara, verehrte und bewunderte sie. Das Schicksal hatte es ihnen nicht vergönnt, ihr Leben als Menschen gemeinsam zu verbringen, daher fand Emily es umso gerechter, dass ihnen als Vampire nunmehr Jahrhunderte geschenkt worden waren.
Nur von Laras Pessimismus wollte sie sich nicht anstecken lassen. Emily weigerte sich, zu glauben, dass Vampire nicht fähig seien, zu lieben. Ihre Gefühle für Daniel sprachen eine andere Sprache. Sie war entschlossen, ihn für sich zu gewinnen, Ausgleich zu schaffen für die lange Zeit, die trostlos an ihr vorübergezogen war.
Daniel. Ihr Herz zog
Weitere Kostenlose Bücher