Club Kalaschnikow
Danach antworte ich auf alle Ihre Fragen.«
Siwolap war erstaunt, schnaufte gekränkt, willigte dann aber ein, so lange im Nebenzimmer zu warten.
»Als Sie am Sonntag hier waren, haben Sie den Stadtstreicher Boris gefilmt«, sagte Katja zu Igor. »Ich weiß, daß er möglicherweise den Mörder meines Mannes gesehen hat, aber er ist tot, an Alkoholvergiftung gestorben. Gerade zur rechten Zeit.«
Igor wußte schon vom Tod des Penners. Natürlich, so etwas kam alle Tage vor, aber trotzdem …
»Nein«, er schüttelte den Kopf, »der Penner hat uns gar nichts erzählt. Er hat lange drumrum geredet und Geld im voraus verlangt. Aber dann war die Kassette zu Ende und die Batterie leer. Es ist nichts dabei herausgekommen.«
»Merkwürdig«, sagte Katja nachdenklich, »alles gleitet einem ständig aus den Händen.«
»Aber diese Frau ist doch bereits verhaftet worden, also ist doch wohl alles klar«, sagte Igor schulterzuckend.
»Ich habe Zweifel, ob sie die Mörderin ist.«
»Eins ist merkwürdig«, sagte Kornejew, »wissen Sie, Jekaterina Filippowna, ich kann Ihnen etwas erzählen, was Sie interessieren wird. Meine Mutter arbeitet als Krankenschwester im Gannuschkin-Institut. Dorthin hat man die Oma von Olga Guskowa gebracht, nach Olgas Verhaftung. Sie wissen ja vermutlich, daß das wichtigste Beweisstück die Pistole ist. Die alte Frau hat sich nun daran erinnert, daß einen Tag vor dem Mord ein junger Mann bei ihnen in der Wohnung war, der die Pistole hätte mitnehmen können. Ich habe mich mit einem Bekannten aus dem Pressezentrum des Innenministeriums in Verbindung gesetzt, und der Einsatzleiterhat bereits mit der Oma gesprochen. Ich weiß nicht, ob das etwas bringt, die Alte leidet unter Altersschwachsinn, als Zeugin kommt sie nicht in Frage, aber trotzdem …«
Igor erzählte alles, woran er sich erinnerte – von der Pistole des Grenzoffiziers, der in Afghanistan gefallen war, von der schwarzen Lederkappe und der humanitären Hilfe. Beim Erzählen merkte er wieder, wie seltsam und unwahrscheinlich das alles klang. Nein, die Oma hatte wohl kaum gelogen, aber dieser junge Mann wirkte irgendwie unrealistisch.
»Er hätte dann aber schon vorher wissen müssen, daß es in der Wohnung eine Pistole gab und wo genau sie lag«, bemerkte Katja.
Siwolap, der offensichtlich die Geduld verloren hatte, tauchte im Türrahmen auf.
»Arbeiten wir nun oder was?« wandte er sich an Kornejew.
»Was für Fragen wollten Sie mir denn stellen, Artjom?« fragte Katja mit einem freundlichen Lächeln.
»Moment, das nehmen wir sofort auf!« Siwolap wurde betriebsam.
»Gut«, stimmte sie mit merkwürdiger Bereitwilligkeit zu, »machen wir es gleich vor der Kamera.«
Der hellste Platz in der Wohnung war Katjas Trainingsraum.
»Das ist ja großartig! Mit der Ballettstange im Hintergrund!« Artjom strahlte. »Jekaterina Filippowna, im Namen unserer ganzen Redaktion spreche ich Ihnen unser tiefes Mitgefühl aus«, legte er los, als Igor die Kamera eingeschaltet hatte. »Was denken Sie über den Mord an Ihrem Mann?«
»Auf das Mitgefühl Ihrer Redaktion kann ich verzichten«, sagte Katja und schaute lächelnd in die Kamera. »Ich kann Ihre Sendung nicht ausstehen, finde sie unverschämt undzutiefst unmoralisch. Über den Mord an meinem Mann denke ich gar nichts. Für mich ist es ein großer Schmerz.«
»Kam die Nachricht, daß Ihr Mann von seiner Geliebten erschossen wurde, für Sie unerwartet?« fragte Siwolap weiter, ohne im mindesten aus der Fassung gebracht zu sein.
»Wie, mein Mann hatte eine Geliebte?« Katja zog erstaunt die Brauen hoch. »Sehr interessant. Sicher wissen Sie darüber Genaueres als ich. Das ist ja Ihre Arbeit, in der schmutzigen Wäsche anderer Leute zu wühlen.«
Recht schnell wurde klar, daß man das nicht senden konnte. Die Orlowa machte sich über den Reporter offenkundig lustig. So etwas war Siwolap noch nicht passiert. Man floh vor ihm, man brüllte ihn an, man hatte ihn sogar schon geschlagen und verklagt. Aber daß jemand einem Interview zustimmte und dann vor laufender Kamera mit liebenswürdigem Lächeln lauter Beleidigungen an die Adresse des Senders und an Artjom persönlich äußerte – das kam zum ersten Mal vor.
***
Auf dem Revier in Konkowo übergab man dem Major aus der Petrowka mit reinem Gewissen alle Papiere zu der auf der Baustelle gefundenen Leiche.
Sie ist doch wohl kaum nachts in diese gottverlassene Gegend gegangen, dachte Kusmenko, während er die ziemlich schlampig
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