Club Kalaschnikow
die Emotionen.
»Katja hat gemerkt, daß die Stadtstreicherin nicht echt war. Alles nur Theater, hat sie gesagt. Und dann der Büstenhalter in der Bademanteltasche – darüber darf ich eigentlich überhaupt nichts sagen. Aber verstehen Sie, ich weiß doch noch genau, in der Mordnacht habe ich beide Bademäntel gewaschen. Und wenn ich Sachen in die Waschmaschine tue, kontrolliere ich vorher immer die Taschen. Er ist erst nach dem Mord dort aufgetaucht. Und Katja hat ihn einfach in den Müll geworfen. Faßt ihn mit zwei Fingern an, wirft ihn weg und geht sich die Hände waschen. Ich sage zu ihr: Was machst du? Aber sie grinst nur und sagt: Soll ichdas etwa auch dem Untersuchungsführer als Beweisstück präsentieren?«
»Einen Moment, Shanna Jakowlewna, ich verstehe nicht, was für ein Büstenhalter?«
»Ein fremder! Diese Frau war bei uns im Haus, sie haßt Katja. Im August war Katja auf Tournee, da hat Gleb seine Tussi immer mit nach Hause genommen. Aber dann, nach dem Mord? Wie ist der Büstenhalter in die Bademanteltasche gekommen?«
Kusmenko erinnerte sich, daß Iwetta Tichonowna sich über die Zerstreutheit ihrer Enkelin beklagt und etwas von einem verschwundenen Büstenhalter erzählt hatte. Olga habe die ganze Wohnung durchwühlt. Und wie sich jetzt herausstellte, hatte sich dieses Teil ihrer Unterwäsche in der Tasche von Gleb Kalaschnikows Bademantel befunden. Pikante Details, die durchaus erklärbar waren. Allerdings hatte die redselige Shanna recht: Auf welche Weise war dieser Gegenstand nach dem Mord in das fremde Haus und in die fremde Tasche gekommen?
»Sie wollte Katjas Tod, und ich würde mich gar nicht wundern, wenn sich herausstellt, daß sie es war, die geschossen hat, aber nicht auf Gleb, sondern auf Katja.« Shanna hatte eine sehr hohe Stimme, und sie schnatterte so schnell, daß es Kusmenko in den Ohren klingelte.
»Warten Sie, wieso war denn Jekaterina Filippowna der Meinung, daß die Stadtstreicherin nicht echt war? Hat sie diese Vermutung irgendwie begründet?« fragte er und steckte sich eine Zigarette an.
»Sogar sehr einleuchtend. Sie hat gesagt, eine echte Bettlerin hätte das Geld nicht abgelehnt. Und außerdem hat sie gar nicht gestunken, die Pennerin, meine ich. Wissen Sie, ausgesehen hat sie, als wäre sie gerade aus der Mülltonne gestiegen, und völlig betrunken war sie auch. Aber sie hat überhaupt nicht gestunken. Auch nicht nach Alkohol. Das ist mir auch aufgefallen. Aber richtig kapiere ich das Ganzeimmer noch nicht! Jetzt weiß man ja, wer angerufen hat. Die Frau heißt Swetlana Petrowa. Katja hatte gleich so etwas vermutet, aber sie war sich nicht sicher. Und dann kam ihre Mutter zum Begräbnisessen … Sweta ist am Samstag verschwunden. Katja ist am Sonntag sogar noch auf den Markt gefahren, um sie zu suchen. Sie hat einen Stand auf dem Dynamo-Markt. Stellen Sie sich vor, sie hat versucht, Katja zu erpressen, hat behauptet, jemand hätte sie beauftragt, und für dreitausend Dollar würde sie sagen, wer es war. Sie hat Katja zu einem Treffen bestellt und ist nicht erschienen. Aber diese Sweta Petrowa war niemals Glebs Geliebte, er hatte ein Verhältnis mit einer anderen Frau, sie heißt Olga und ist eine Klassenkameradin von Margarita. Das letzte Telefongespräch, das, wo diese Gaunerin ihren Erpressungsversuch gemacht hat, hat Katja glücklicherweise auf Band aufgenommen. Verstehen Sie, ich mache mir solche Sorgen um sie. Wir kennen uns schon so lange und so gut, sie ist für mich wie eine Schwester …«
Nach einer weiteren halben Stunde bei Shanna, in der der Major sämtliche Einzelheiten über die dem Trunk verfallene Friseurin Ella Anatoljewna und ihre Tochter Swetlana erfuhr und Tee mit Kirschkonfitüre trank, kehrte er wieder aufs Revier zurück. Und noch eine halbe Stunde später wußte er, daß Swetlana Gennadjewna Petrowa, geboren 1965, auf einer verlassenen Baustelle in Konkowo ermordet aufgefunden worden war.
***
Artjom Siwolap erschien eine Viertelstunde, nachdem die erzürnten Verwandten die Wohnung verlassen hatten.
»Haben Sie den Kameramann Kornejew mitgebracht?« fragte Katja durch die Sprechanlage.
»Ja, natürlich. Kornejew ist bei mir.«
Katja drückte auf den Knopf, und sie gingen nach oben in die Wohnung.
»Artjom«, wandte sie sich an Siwolap, »ich habe eine Bitte an Sie. Warten Sie zehn Minuten. Ich muß mit …« Sie schaute den Kameramann fragend an.
»Igor«, stellte der sich vor.
»Ich muß mit Igor unter vier Augen sprechen.
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