Club Kalaschnikow
alles zu übernehmen. Ich wäre bereit, es zu tun, aber nur in dem Fall, wenn mir auch alles gehören würde. Ich will dich nicht mit Einzelheiten langweilen, sondern gleich zum Wesentlichen kommen. Nadeshda Petrowna überläßt ihre zwanzig Prozent mir. Es wäre vernünftig, wenn du das gleiche tätest. Und wenn ich das Casino übernehme, dann brauchst du dir um dein Theater keine Sorgen zu machen. Ich bin schließlich kein neurussischer Banause, ich bin Künstler, genau wie du, und verstehe, was Theater bedeutet.«
»Konstantin Iwanowitsch, warum reden Sie von meinen fünfzehn Prozent?« fragte Katja. »Gleb gehörten sechzig Prozent. Ich bin zwar ein unpraktischer Mensch, aber trotzdem weiß ich noch, daß sechzig geteilt durch drei zwanzig sind.«
»Darum, mein Kind«, erläuterte Kalaschnikow geduldig, »weil bei der Aufteilung des Erbes der gesamte Besitzberücksichtigt und in Geldeinheiten ausgedrückt wird. Das heißt, auch die Wohnung, das Haus auf Kreta, die beiden Autos, die Garage, die Bankguthaben. Und das macht zum jetzigen Zeitpunkt in Geldeinheiten umgerechnet diese fünf Prozent aus, die automatisch von deinem Anteil an der Aktienmehrheit abgezogen werden. Mit anderen Worten, du hast natürlich Anspruch auf zwanzig Prozent, aber in diesem Fall müßten wir auch die Wohnung, die Autos und das Ferienhaus teilen. Es bleibt doch in der Familie, wozu sollen wir es uns so kompliziert machen? Und auch moralisch betrachtet: Kinder habt ihr keine, du bist noch jung, wirst wieder heiraten, und alles, was mit so viel Arbeit erwirtschaftet worden ist – und bedenke bitte, es war nicht deine Arbeit –, soll ein fremder Mann bekommen.«
Katja wußte selber nicht, warum sie die Antwort hinauszögerte. Sie stellte sich vor, wie dieser gönnerhaft-gutmütige Ausdruck von seinem Gesicht verschwinden würde, wie er von einer Minute auf die andere toben würde. Bestimmt würde auch Margarita, die jetzt mucksmäuschenstill in der Ecke saß und die Videokassetten durchsah, nicht gleichgültig bleiben.
Sie wollte schon den Mund öffnen, da läutete das Telefon.
»Katja, Gott sei Dank«, erklang es im Hörer, »ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, dich noch zu erreichen. Erkennst du mich?«
Es war Jegor Barinow. Aus irgendeinem Grund war er entsetzlich aufgeregt.
»Ja, natürlich, Jegor. Guten Tag.«
»Ich muß dringend mit dir sprechen. Am besten noch heute, egal wann. Ich komme an jeden Ort, den du vorschlägst.«
»Was ist denn passiert?«
Aus dem Augenwinkel sah Katja, wie Kalaschnikowverärgert und völlig lautlos mit den Fingern auf den Tisch trommelte und wie Margarita mit einer Kassette in der Hand erstarrte, den Kopf wandte und Katja erstaunt ansah.
»Ich bin in ernsten Schwierigkeiten, und du bist die einzige, die mir helfen kann. Aber das ist nichts, was man am Telefon besprechen kann. Ist es dir recht, wenn ich so gegen neun zu dir komme?«
»Einverstanden, Jegor. Du kennst meine Adresse?«
»Ja, natürlich.«
»Sieh an, du hast ja schon wieder ein recht bewegtes Privatleben«, bemerkte Kalaschnikow und hob vielsagend die Arme, als sie den Hörer aufgelegt hatte, »da gibt es schon wieder irgendeinen Jegor.«
»Nicht irgendeinen«, sagte Katja stirnrunzelnd, »und das ist auch kein Privatleben. Das war nur Barinow.«
In der Ecke fiel etwas polternd zu Boden. Margarita waren mehrere Kassetten aus der Hand gerutscht. Ohne sich die Mühe zu machen, sie aufzuheben und zurückzustellen, ging sie schnell zu dem Sessel, in dem Kalaschnikow saß, und setzte sich auf die Armlehne.
»Barinow?« fragte sie und zwinkerte fröhlich. »Soweit ich informiert bin, ist das sogar sehr privat.«
»Nicht doch, Kleines.« Konstantin Iwanowitsch klopfte ihr aufs Knie. »Wir führen ein ernstes Gespräch. Also, Katja, sind wir uns einig?« wandte er sich mit einem strahlenden Lächeln an Katja.
»Nein, Konstantin Iwanowitsch«, erwiderte Katja langsam. »Die Sache ist die, ich war bei Valera. Es existiert ein Testament von Gleb, in dem er allen beweglichen und unbeweglichen Besitz mir vermacht, darunter auch die gesamten sechzig Prozent der Aktienmehrheit für das Casino.«
Eine Pause trat ein. Das Lächeln auf dem Gesicht von Kalaschnikow verschwand, Margarita saß regungslos, die Finger in das weiche Polster des Sessels gekrallt.
»Ich habe nicht ganz verstanden.« Kalaschnikow schlucktekrampfhaft und räusperte sich. »Gleb hat ein Testament hinterlassen? Wann hat er es denn verfaßt?«
»Vor einem
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