Club Kalaschnikow
halben Jahr irgend etwas, das man für Geld kaufen konnte. Ihre Liebe war völlig selbstlos und rein. Sie wollte nur eins – immer mit Gleb zusammensein, jede Minute ihres Lebens. Sie wollte, daß er sich scheiden ließe, drohte mit Selbstmord, sprach von Sünde und Unzucht. In einer Scheidung sah sie nichts Schlimmes, da Gleb mit seiner Frau nicht kirchlich getraut war.
»Hör mal«, sagte die kluge Margarita eines Tages zu Gleb, »heirate Olga doch einfach heimlich, in aller Stille. Was kostet’s dich? Keiner wird davon erfahren, und sie beruhigtsich wenigstens ein bißchen. Sonst tut sie sich vielleicht wirklich noch etwas an.«
»Du bist wohl verrückt! Ich habe nicht die leiseste Absicht, mich von Katja scheiden zu lassen.«
»Es redet ja niemand von Scheidung«, meinte Margarita schulterzuckend, »du kannst weiterleben wie vorher. Mach ihr nur ein bißchen Theater vor. Und spiel auf Zeit, sag ihr, du kannst Katja nicht so plötzlich verlassen, du müßtest dir erst eine neue Wohnung suchen, und dafür hast du im Moment keine Zeit. Im übrigen brauche ich dir ja wohl keine guten Ratschläge zu geben.«
»Wahrhaftig«, schnaubte Gleb, »das brauchst du nicht.«
Zu einer kirchlichen Trauung mit Olga konnte er sich aber doch nicht entschließen. An Gott glaubte er zwar nicht, aber die Vorstellung war ihm nicht ganz geheuer, daß der alte Ritus nur eine Maskerade sein sollte. Außerdem kam es ihm makaber und widerlich vor, der seltsamen, unberechenbaren Olga das Versprechen ewiger Treue zu geben, während die eigene Ehefrau noch am Leben war.
Und so spielte er auf Zeit, versprach ihr das Blaue vom Himmel und erstickte ihre Hysterie mit Küssen. Bald wollte er sich von ihr trennen – allzu anstrengend wurde diese Affäre, allzu viel Kraft und Lügen forderte sie. Aber jedesmal, wenn er zu einem weichen, taktvollen »Verzeih« anhob, blickte er in ihre riesigen blauvioletten Augen, atmete den Duft ihrer seidigen hellbraunen Haare ein und dachte: Nein. Nicht jetzt. Nicht heute.
An jenem denkwürdigen, frostigen Abend auf der Datscha zum alten Neujahrsfest waren alle in fröhlicher, ausgelassener Stimmung. Nur einer schwieg, lachte nicht, aß und trank fast nichts.
Felix Grischetschkin, der dicke Geschäftsführer von Glebs Casino, starrte die schöne Olga aus seinen kleinen runden Augen unverwandt an. Aber niemand bemerkte es.
Kapitel 9
Der weiße Mercedes 600 stoppte vor dem Bierlokal »Krewetkin & Co.«. Aus dem Auto stiegen zwei finstere, breitschultrige Kaukasier. Sie trugen die Standardklamotten der kaukasischen Mafia – teure Lederjacken, weite Hosen. Nach ihnen kletterte hustend und ohne Eile noch ein dritter Mann aus dem Auto, groß, mager und fast kahlköpfig. Obwohl noch keine dreißig, sah er schon aus wie fünfzig. Seiner gebeugten, knochigen Gestalt haftete etwas Kränkliches, Greisenhaftes an.
Ein paar lange Haarsträhnen waren von Schläfe zu Schläfe gekämmt und mit einer fettigen, stark riechenden Pomade an die Glatze geklebt. Eine niedrige, fliehende Stirn, eine kleine, wie ein Taubenschnabel spitzige Nase. Der teure türkisfarbene Anzug schlotterte an dem schmächtigen Körper wie an einer Vogelscheuche. Golbidse, genannt Täuberich, ungekrönter Diebeskönig, glänzte nicht eben durch männliche Schönheit, dafür glänzte er jedoch mit einer goldenen »Rolex« und drei massiven Brillantringen.
Golbidse liebte es sich zu schmücken, fast wie eine Frau. Auf der zottigen eingefallenen Brust hing unter dem feuerroten Seidenhemd eine dicke Platinkette. Manschettenknöpfe und Krawattennadel bestanden aus hochkarätigen, funkelnden Brillanten.
Zwei Leibwächter betraten mit ihm zusammen das Restaurant, zwei blieben im Auto sitzen. Der dunkelhäutige Portier, der eine rosafarbene Livree mir Silbertressen trug, verbeugte sich fast bis zum Boden.
Im Speisesaal, der mit Fischernetzen, Modellen alter Segelschiffe und echten, schwarzangelaufenen und mit grellgrünem Kunstschlamm verzierten Schiffsankern dekoriert war, war es leer und still. Nur ein Oberkellner im Smoking und zwei Kellner in Matrosenanzügen standen stramm und warteten auf Anweisungen.
Eine Minute später fuhr ein dunkelroter Jeep vor. Aus ihm stieg ein kleiner, stämmiger Mann – Valera Lunjok. Er war nicht anders gekleidet als seine beiden Leibwächter: Lederjacke und Jeans. Keine Ringe, keine Ketten. Das dünne dunkelbraune Haar war militärisch kurz geschnitten.
Der dunkelhäutige Portier machte diesmal keine tiefe
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