Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
Täuberich am selben Tisch zu essen.
    »Aber wer hat denn nun Gleb um die Ecke gebracht?« sagte Lunjok nachdenklich und machte sich über die kalten Vorspeisen her.
    Wem nützte der Tod von Kalaschnikow? Das Casino »Sternenregen« war nur ein kleiner Teil des mächtigen Imperiums von Valera Lunjok. Aber in einem Imperium muß Ordnung herrschen. Sonst wird es, ehe du dich versiehst, in Stücke gerissen, und die eigenen Leute fressen es dir bedenkenlos weg.
    »Die eigenen«, sprach Lunjok nachdenklich vor sich hin,zog ein paar bunte Plastikzahnstocher heraus und legte sie in gerader Reihe auf die Tischdecke.
    »Was sagst du?« fragte einer der Leibwächter mit vollem Mund.
    »Die eigenen, diese Hunde«, wiederholte Lunjok.
    Der Leibwächter kaute weiter und guckte zu, wie sein Chef die Zahnstocher hin und her schob. Der Leibwächter wußte nicht, daß der rote mit der abgebrochenen Spitze den ermordeten Gleb Kalaschnikow darstellte, der dicke, stumpfe, unbrauchbare blaue den Geschäftsführer Grischetschkin, der gelbe den baschkirischen Ölmagnaten Ajas Mirsojew, der grüne den Präsidentenberater Jegor Barinow.
    Es waren sieben Zahnstocher, alle in verschiedenen Farben. Valera Lunjok drehte sie hin und her, legte sie mal so, mal so. Sein Gesichtsausdruck war ernst und konzentriert, und der Leibwächter lachte los, ohne zu Ende gekaut zu haben.
    »Nee, wirklich, Lunjok, du bist echt wie’n kleines Kind!«
    »Halt die Schnauze!« zischte Lunjok, ohne aufzublicken.
    Der Leibwächter hielt nicht nur die Schnauze, sondern verschluckte sich sogar. Der zweite, der schweigend neben ihm saß und rauchte, klopfte ihm mit seiner mächtigen Pranke auf den Rücken.
    »Barinow und der Dicke«, murmelte Lunjok, »der Dicke und Barinow.«
    Zwei Stäbchen, das grüne und das blaue, steckte er sich in die Tasche, die übrigen brach er entzwei und warf sie in den Aschenbecher.
    »Möchten Sie Kaffee?« fragte der Kellner.
    Lunjok nickte zerstreut.
    Was den Dicken betrifft, ist alles klar, dachte er und trommelte mit seinen stumpfen kurzen Fingern aufs Tischtuch. Der hat zu tief in die Kasse gegriffen, Gleb hat ihn dabei erwischt und ihm Zunder gegeben. Könnte Grischetschkin der Mörder sein? Leicht möglich.
    Lunjok war ein guter Psychologe. Er wußte, der stilleGeschäftsführer war eine empfindsame Seele mit krankhaftem Ehrgefühl. Gleb hatte sich immer schon einen Spaß daraus gemacht, den Dicken zu ärgern. Und wenn er ihn dann noch beim Stehlen erwischt hatte … Nach dem Mord war der Dicke ganz außer sich gewesen, schweißnaß, bleich, die Hände hatten ihm gezittert. Sicher nicht aus Kummer über den Tod des geliebten Chefs. Alle wußten, daß Felix Grischetschkin seinen Chef inbrünstig haßte. Könnte er in einem Wutanfall den Killer beauftragt haben?
    »Leicht möglich«, wiederholte Lunjok laut und nachdenklich, nahm einen Schluck von seinem geliebten ungesüßten Espresso und zündete sich eine Zigarette an.
    Jedenfalls brauchte man sich nicht weiter aufzuregen, wenn es das Werk des Dicken war. Er konnte sich nicht einfach aus dem Staub machen, er war jederzeit greifbar.
    Aber wenn es Jegor Barinow war, der den Mord an Gleb in Auftrag gegeben hatte, dann ergab sich ein ganz anderes Bild. Dann sah die Sache übel aus, ganz übel.
     
    Der Präsidentenberater Jegor Barinow war eine der kostbarsten Erwerbungen von Valera Lunjok. Heutzutage ist jeder Dieb, der auf sich hält, geradezu verpflichtet, sich einen oder besser gleich mehrere Politiker zu kaufen. Und es lohnt sich nicht, dabei kleinlich zu sein. Der Geizige bezahlt zweimal, wie man weiß, und beim zweiten Mal muß er oft mit seiner Freiheit oder seinem Leben bezahlen.
    Lunjok war nicht geizig. Natürlich war Barinow nicht der einzige Politiker in seinem Stall, aber er war der einflußreichste und seriöseste. In der letzten Zeit jedoch war Barinow etwas zu seriös und selbstherrlich geworden, er benahm sich arrogant, in seiner Stimme schwang ständig eine gewisse Überheblichkeit.
    Lunjok grinste anfangs nur spöttisch in sich hinein: He, du Großmaul! Wer bezahlt hier wen? Wer ist hier der Boß? Bei Fuß! Sitz! Kenn deinen Platz!
    Dann sprach er diese Gedanken auch laut aus, in etwas abgemilderter Form, aber der Sinn war der gleiche. Doch Barinow begriff nicht, benahm sich weiterhin herausfordernd, manchmal geradezu flegelhaft. Langsam wurde Lunjok böse. Er konnte lange stillhalten; äußerlich wirkte er wie ein gutmütiger, geduldiger Mensch. Tatsächlich zog

Weitere Kostenlose Bücher