Club Kalaschnikow
Verbeugung. Lunjok mochte kein kriecherisches Getue.
»Er ist schon da«, raunte der Portier ihm zu, »hat zwei mit Pistolen dabei.«
Der Schwarze sprach Russisch mit leichtem ukrainischem Akzent.
Täuberich saß in gekrümmter Haltung im Lokal, rauchte gierig und sah nicht einmal hoch, als Lunjok den Raum betrat. Sie gaben sich weder die Hand noch nickten sie einander zu.
»Ist der Fürst bei dir?« fragte Täuberich finster.
»Laß deine Jungs mal Pause machen und eine Runde Billard schieben«, sagte Lunjok, als er sich setzte, »wir sollten besser unter vier Augen reden.«
Nachdem die Leibwächter der beiden »Autoritäten« hinter den grünen Vorhängen des Billardsaals verschwunden waren, sagte Lunjok leise:
»Dein Fürst hat Kalaschnikow umgelegt.«
»Das hat er nicht getan, und das weißt du sehr gut.«
»Wozu hast du mich gerufen?« fragte Lunjok.
»Ich will kein Blut. Ich will zum letzten Mal mit dir reden. Wenn du mir das Casino nicht gibst – dann fließt Blut.«
»Ein Handel kommt nicht in Frage?« Lunjok grinste spöttisch. »Paß auf, daß du dich an diesem Brocken nicht verschluckst. Willst du deinen Fürsten zurückhaben? Oder läßt du ihn mir?«
»Behalt den Fürsten. Ich will das Casino.«
»Kein schöner Zug von dir. Und wenn deine Landsleute erfahren, wie leicht du den Fürsten ans Messer gelieferthast? Was dann? Er ist ja recht gesprächig, besonders wenn er Angst hat. Womöglich läuft er mir davon und zur Miliz und fängt dort an zu singen – nicht nur von dir, sondern von vielen anderen. Aus lauter Angst. Und dann stellt sich heraus, daß er nicht der einzige ist, den du verraten hast.«
Täuberichs schmales Gesicht verfärbte sich grünlich. Wenn Nodar Dotoschwili bei der Miliz zu plaudern begann, dann würde er viel erzählen können. Nicht nur über ihn, Täuberich, sondern auch über einige bedeutende kaukasische »Autoritäten«, mit denen man sich besser nicht anlegte. Der Fürst würde sie alle verraten. Und schuld wäre er, Täuberich. Der Fürst war sein Mann. Die Bullen würden sich schwer ins Zeug legen. Ihre eigenen Landsleute verfolgten sie nur widerwillig, aber die Kaukasier machten sie mit dem größten Vergnügen nieder.
»Na, Täubchen, wollen die grauen Zellen nicht mehr so recht?« fragte Lunjok und grinste mitfühlend. »Du achtest zu wenig auf deine Gesundheit, der Stoff vernebelt dir das Gehirn. Na, genug geschwätzt, Zeit ist kostbar. Was das Casino betrifft, so sind wir uns einig, hoffe ich.«
Golbidse hing schon seit langem fest an der Nadel. Das Morphium blieb nicht wirkungslos. Das Denken bereitete dem ungekrönten Dieb sowieso Schwierigkeiten. Er war gewohnt, dreist, mit grober Gewalt vorzugehen, aber sobald ein bißchen Nachdenken gefragt war, geriet Täuberich ins Schleudern.
Lunjok hatte den Fürsten als Geisel genommen, das war ein cleverer, raffinierter Schachzug. Dieses Problem konnte Täuberich nicht mit der Knarre lösen. Wenn er seinen Jungs einen Wink gab, würden sie vielleicht als erste losballern. Aber dann wäre der Fürst noch heute bei der Miliz, und das durfte nicht passieren. Er würde durchhalten müssen.
»Meine Leute haben Kalaschnikow nicht angerührt«, sagte er langsam und blickte in Lunjoks hellgelbliche Augen.
Lunjok wußte, daß der Kaukasier nicht log. Der fürchtete sich nicht vor der Miliz, sondern vor den eigenen Landsleuten. Er hatte sich eine Blöße gegeben und die anderen mit hineingerissen. Fürst Nodar war zwar nicht besonders helle, aber dafür eine wandelnde Enzyklopädie der kaukasischen Mafia. Ein Trottel, der viel wußte. Lunjok hatte sich selbst gewundert – man brauchte ihn nur anzustupsen, und schon packte er aus.
Glücklicherweise gab es Angelegenheiten, die man nicht mit Schießereien regeln konnte. Sonst hätten solche Emporkömmlinge wie dieser Täuberich die ehrliche Bruderschaft schon längst ausgerottet.
»Was willst du für den Fürsten?« fragte Täuberich, ohne aufzusehen.
»Nichts.« Lunjok lächelte und lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. »Der kann sich vorläufig noch bei mir erholen.«
Ohne ein weiteres Wort stand Täuberich auf, rief seine Leibwächter und ging zum Ausgang. Die beiden Gorillas kamen aus dem Billardsaal gerannt und folgten ihm.
Während des Gesprächs hatte keiner der beiden Kontrahenten das Essen angerührt, beide hatten nur geraucht. Täuberich hatte wie viele Drogensüchtige Probleme mit dem Appetit. Und Valera Lunjok hatte keine Lust, mit
Weitere Kostenlose Bücher