Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
gesagt?
„ Sag mal, könnten wir nicht auch unser Geld zurückverlangen? Wir sind doch auch aufgrund der Broschüre hier!“
„ Du vielleicht! Aber ich zahle ja sowieso nichts.“
Ich guckte sie verständnislos an. „Wieso zahlst du nichts? Zahlt dein Chef, oder was?“
„ Nein, ich schreibe doch über das Hotel, da lassen sie mich umsonst hier wohnen.“
„ Ach was! Du schreibst einen unabhängigen Artikel über ein Hotel, das dir gleichzeitig einen Aufenthalt schenkt, der im fünfstelligen Bereich liegt. Ich glaube, da mussten schon Bundespräsidenten zurücktreten wegen weniger.“
„ Da verwechselst du etwas. Ich bin Journalistin, keine Politikerin. Ich bin nur meinem Gewissen verantwortlich. Und das ist rein! Bis morgen!“
Damit ließ sie mich stehen, und ich musste schon wieder alleine zum Abendessen.
Kapitel 19
Am nächsten Morgen ging ich auf dem Weg zum Frühstück an der Rezeption vorbei, um zu hören, ob Henry etwas erreicht hatte. Er tat mir leid und ich hatte mich in der Nacht entschlossen, kein Geld von ihm zurückzuverlangen. Im Grunde war ich ja froh, dass ich nicht sterben musste.
Henry schien auch erfreut, mich zu sehen. Er schien darauf zu warten, seine Neuigkeiten loswerden zu können: „Dem Krebskranken und dem mit der Familie habe ich noch absagen können. Die drei anderen sind bereits unterwegs. Sie kommen heute Abend hier an. So was hab ich noch nicht erlebt. Ich dachte immer, depressive Menschen seien energielos und kommen nicht aus dem Bett. Aber das Tempo, in dem ihr hier aufschlagt, das raubt einem ja den Atem!“
„ Hm.“ Es gefiel mir nie, wenn ich in einen Topf geworfen wurde mit anderen Menschen. Aber in diesem Fall stieß mir Henrys Bemerkung besonders stark auf. „Wie kommen Sie denn darauf, dass ich depressiv bin?“
„ Oh Entschuldigung. Das ist mir so rausgerutscht. Ich bin nur so durcheinander gerade. Ich weiß gar nicht, wie ich den neuen Gästen erklären soll, dass sie umsonst hergekommen sind.“
Tja, da hatte ich auch keinen Rat parat. Außerdem hatte Henry mich verstimmt. Warum war ihm eigentlich gar nicht eingefallen, dass ich ja auch auf die Broschüre reingefallen war und auch eine Entschädigung oder Widergutmachung verdient hätte? Weil mir aber keine Bemerkung einfiel, die ihm auf die Sprünge hätte helfen könnte, tat ich, was ich immer tue, wenn ich das Gefühl habe, dass ich ungerecht behandelt werde: gar nichts. Immerhin fiel mir noch ein, dass ich gerne einen Termin für eine Reflexzonen-Fußmassage, sowie für eine Maniküre hätte. Henry erledigte das sofort und wünschte mir einen schönen Morgen. Da ja im Moment (noch) nicht so viel los war im Hotel, hatte ich einen Termin für jetzt gleich bekommen.
Carlos, den ich bereits von der Feuerquallenmassage her kannte, fand all die Punkte, die meine Füße direkt mit meinen inneren Organen und Akupressurpunkten verbinden und drückte so lange daran herum, bis mir der Schmerz dann auch tatsächlich in die Leber, das Herz und die Stirnhöhle fuhr. Trotzdem fühlte ich mich danach ganz ungewohnt entspannt. Nach der Maniküre, die übrigens die erste in meinem Leben war, lief ich noch 1,5 Meilen auf dem Laufband. Fit wie Usain Bolt joggte ich dann an den Strand und sprang zur Abkühlung ins Meer.
So hatte ich also innerhalb von zwei Stunden mehr für mein Wohlergehen und meine Fitness getan, als sonst in zwei Monaten. Zufrieden mit mir selbst und voller guter Vorsätze, ab jetzt gesundheitsbewusster zu leben, ging ich zum Essen.
Rana war nirgends zu sehen, sie hatte bestimmt wieder Termine. Dafür stand Brian plötzlich vor meinem Tisch. Er schien seinen Rausch überwunden zu haben und ich gab ihm zu verstehen, dass er sich nicht zu entschuldigen brauche. Aber wie sich herausstellte, wollte er sich gar nicht entschuldigen.
Stattdessen setzte er sich zu mir und fragte: „So what’s your story? Why do you come to an alcohol rehab center with a bottle of rum?”
Gute Frage: Warum kam ich zu einer Entzugsklinik mit einer Flasche Rum? Ich versuchte zu erklären, dass ich nicht wegen einer Alkoholsucht hier sei. Gott sei Dank konnte ich mein schlechtes Englisch vorschieben und so tun, als fiele mir der Name meiner Sucht nicht ein.
„ Are you a sex addict?”
“ No,” sagte ich und wurde rot, was Brian natürlich als Bestätigung wertete. In dem Moment kam auch noch der Kellner, der aber so professionell war, dass seine Miene nicht verriet, dass er Brians Frage und meine Antwort gehört
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