Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
weiterhelfen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß noch nicht mal ihren wirklichen Namen.“ Plötzlich musste ich nach Luft schnappen. Ich glaube, ich hatte komplett aufgehört zu atmen. „Aber das kann doch nicht sein. Gestern ging es ihr doch gut. Sie kann doch nicht so einfach einen Herzinfarkt bekommen.“
Dr. Rosenblatt widersprach mir nicht, wozu auch. Er rückte die Schachtel mit den Papiertaschentüchern näher, aber die brauchte ich nicht. Mir war nicht nach Weinen zumute. Ich schüttelte nur immer wieder den Kopf, weil ich es einfach nicht glauben konnte.
„ Devi hat mir erzählt, dass sie sich seit Jahren nicht mehr so glücklich gefühlt hat wie hier. Ich denke, das darf ich Ihnen verraten. Und neben ihrem Bett haben wir einen kleinen Zettel gefunden, auf dem stand: ‚Danke für den perfekten Moment!‘“ Dr. Rosenblatt reichte mir ein Blatt Papier. „Es klingt wie der Anfang eines Briefes. Er war bestimmt an Sie gerichtet.“
Ich starrte auf das Papier, auf der eine kurze Zeile zu sehen war, konnte das Blatt aber nicht entgegenehmen. Plötzlich musste ich aufstehen, mich bewegen, aus dem Zimmer gehen. Ich wollte zu Devi, aber Dr. Rosenblatt hatte gesagt, sie sei gar nicht mehr hier. Ich lief aus dem Haus, runter zum Strand, bis zum Ende, setzte mich auf den Felsen.
Vielleicht hatte Dr. Rosenblatt sich das nur ausgedacht? War das irgendein perfider Therapeuten-Test? Aber was wollte er denn testen? Jetzt musste er doch gemerkt haben, dass er zu weit gegangen war und Devi schicken, um alles aufzuklären. Ich blickte zurück in Richtung Hotel, aber niemand kam.
Ob Devi mir wirklich einen Brief schreiben wollte? Und wenn ja, wieso? Sollte es ein Abschiedsbrief werden? Hatte sie etwa geahnt, dass sie sterben würde? Oder sollte das ein Liebesbrief werden? Wie sollte ich denn jemals eine Antwort auf diese Fragen bekommen?
Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Felsen saß. Irgendwann kam Rana und setzte mir ihr Käppi auf. „Du kriegst einen Hitzschlag. Und den schlimmsten Sonnenbrand je hast du auch schon!“ Dann setzte sie sich neben mich und legte ihren Arm um mich. „Es tut mir so leid!“
Gemeinsam saßen wir und schauten aufs Wasser.
„ Hier, ich habe dir was mitgebracht.“ Sie reichte mir ein paar Papiere, Computerausdrucke.
Ich nahm sie entgegen. Auf dem ersten Blatt war ein Foto von Devi. Sie sah jung aus, wunderschön. Rana hatte sie gegoogelt und alles , was sie gefunden hatte, ausgedruckt. Ihr richtiger Name war Sonja Eisenblätter. Sie hatte tatsächlich eine Olympische Medaille im Judo bekommen Sie war wirklich Studentin in Cambridge und hatte dort im Ruderwettbewerb als erste Frau gewonnen, hatte auch bei Jugend Musiziert einen Preis gewonnen. Sie war Mitglied in Mensa, dem Klub, in dem nur Leute mit attestierter Hochbegabung aufgenommen werden, und sie hatte ein Buch über ihre Zeit als Buschpilotin geschrieben. Ich war fassungslos. Die Tatsache, dass Devi in allem die Wahrheit gesagt hatte, machte sie mir nur noch rätselhafter. Wie war es möglich, dass ein Mensch so erfolgreich ist, in allem aufs Ganze und bis zur Grenze geht, und dann an den kleinsten Dingen des Lebens scheitert? Rana nahm mir die Blätter weg, die von meinen Tränen schon ganz aufgeweicht waren.
„ Weißt du noch, als du mir vor ein paar Tagen vorgeworfen hast, dass ich keine Ahnung habe, für wie viele Menschen sich die Erde in einem anderen Tempo dreht?“
Rana nickte.
„ Jetzt verstehe ich, was du meintest.“
„ Willkommen im Paralleluniversum. Komm, lass uns zurückgehen, du musst aus der Sonne raus!“
Rana brachte mich zurück auf mein Zimmer und setzte sich neben mich aufs Bett. Und sie hörte zu. Ich erzählte ihr alles, was ich mit Devi erlebt hatte, worüber wir gesprochen hatten, und wovon ich geträumt hatte.
„ Komische Frau. Sehr rätselhaft, dabei total faszinierend. Ich kann gut verstehen, dass du dich in sie verliebt hast“, sagte Rana am Ende. Und fügte hinzu: „Findest du es nicht komisch, dass sie hierhergekommen ist, um zu sterben, und dann auch wirklich gestorben ist.“
„ Wie meinst du das? Was ist daran komisch?“
„ Na ja, meinst du, sie hat sich umgebracht?“
Der Gedanke war mir auch schon gekommen, aber ich wollte diesen Gedanken nicht denken. Das hieße ja, dass ich ihr am Ende nicht wirklich wichtig gewesen war, nicht wichtig genug.
„ Warum hätte sie das tun sollen? Sie hat sich doch auf mich eingelassen. Das tut man doch nicht, wenn man
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