Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Beruhigungsmittel, aber nichts in solchen Mengen, dass man davon hätte sterben können. Am Ende hat das Herz versagt.“
„ Und was schließen wir jetzt daraus? Hat sie sich umgebracht. Sie haben doch mit ihr gesprochen. Wollte sie sterben?“
Dr. Rosenblatt ließ sich Zeit und überlegte offenbar, inwieweit er seine Schweigepflicht mir gegenüber brechen durfte. „Ich glaube, dass sie den Tod nicht gefürchtet hat. Auf einer gewissen Ebene ist der Tod für sie sicherlich eine Erlösung gewesen. Es spricht allerdings nichts dafür, dass sie ihr Leben selbst beendet hat. Letztlich werden wir die Frage nicht beantworten können. Erzählen Sie mir von sich. Was geht in Ihnen vor?“
„ Ich weiß überhaupt nichts. Ich hatte das Gefühl, dass Devi sich wirklich geöffnet hat, mir ihr Innerstes gezeigt hat. Aber jetzt weiß ich nicht, ob ich irgendetwas verstanden habe. Ich hätte riesige Lust, sofort nach Deutschland zu fliegen, um Menschen zu finden, die sie kannten, zu sehen, wo sie wohnte, um alles über sie zu erfahren. Ist das eine doofe Idee?“
„ Was hoffen Sie denn zu finden?“
„ Die Wahrheit? Eine Erklärung für ihr komisches Verhalten?“
„ Was würde das ändern?“
„ Ich will es doch nur begreifen. Ich will wissen, ob Devi der Mensch war, der sie während der Tage mit mir war. Ob ich meine Erinnerung bewahren kann.“
„ Niemand kann Ihnen Ihre Erinnerung nehmen. Und ich glaube, ich darf Ihnen ruhig sagen, dass auch Frau Eisenblätter die Tage mit Ihnen sehr viel bedeutet haben. Ich selbst habe sie als sehr authentisch und sehr ehrlich erlebt.“
Leise sagte ich: „Ich hatte das Gefühl, zum ersten Mal wirklich zu leben, wirklich glücklich zu sein.“
„ Das ist doch was. Das ist doch das schönste Geschenk, das sie Ihnen hätte machen können!“
„ Wir hatten ein Gespräch. Ich glaube sogar, es war unser letztes Gespräch.“ Ich musste schlucken. „Es ging um den perfekten Moment. Das stand ja auch auf dem Zettel.“ Dr. Rosenblatt nickte mir aufmunternd zu, weiterzureden. „Sie hat gesagt, Stillstand sei das größte Unglück. Also eigentlich hat es jemand anders gesagt, aber ist ja auch egal. Vielleicht hat sie das gewollt: auf dem Höhepunkt aufhören.“
„ Das ist aber nicht Ihre Lebensphilosophie?“
Ich musste nicht lange überlegen. „Nein, gar nicht. Ich will noch mehr solcher Momente. Wenn ich lange genug warte, dann hat das Leben ja vielleicht noch ein paar solcher Erfahrungen für mich parat.“
Dr. Rosenblatt lächelte zufrieden. „Das hört sich wunderbar an. Ich glaube, Sie sind gerade dabei, das Geschenk, das Ihnen gemacht wurde, anzunehmen. Ich wünsche Ihnen sehr, dass das Warten sich lohnen wird!“
Als hätte jemand den Moment abgepasst, klopfte ausgerechnet jetzt jemand an die Tür und Dr. Rosenblatt erhob sich um zu öffnen. Draußen stand Frau Köhler. Vom Konsulat auf Barbados. Als sie mich sah, blieb ihr vor Erstaunen das Wort im Halse stecken.
Ich war auch ziemlich überrascht. „Hallo, wie geht es Herrn Matzat?“ fragte ich.
Frau Köhler hatte sich schnell gefangen und jetzt lächelte sie ganz reizend. „Danke, den Umständen entsprechend. Er ist vorgestern wieder zurück geflogen, um seine Frau nach Hause zu bringen. Aber anscheinend gab es hier auch einen Todesfall.“ Sie wandte sich jetzt Dr. Rosenblatt zu, der ziemlich erstaunt darüber schien, dass Frau Köhler und ich uns kannten: „Ich muss Sie anscheinend nicht mehr vorstellen?“
Frau Köhler nickte: „Ja, ich habe Herrn Mattheus kurz im Flughafen von Barbados kennengelernt. Leider hatte ich da keine Zeit, mich länger mit ihm zu unterhalten.“
Frau Köhler erinnerte sich an meinen Namen!
„ Ach so“, sagte Dr. Rosenblatt. „Haben Sie denn Kontakt zu der Familie von Frau Eisenblätter aufnehmen können? Übrigens kannte Herr Mattheus hier die Verstorbene recht gut.“
„ Ach ja?“ Obwohl Frau Köhler sich das offenbar nicht erklären konnte, stellte sie keine weiteren Fragen. Ich wusste auch nicht, wie ich das auf die Schnelle hätte erklären können, bekam aber ohnehin keine Gelegenheit dazu, denn Dr. Rosenblatt schob mich bereits in Richtung Tür und murmelte etwas zum Abschied. Das ärgerte mich, denn ich wäre gerne noch geblieben, aber Dr. Rosenblatt hatte schon die Tür geschlossen. Und durchs Schlüsselloch wollte ich jetzt auch nicht gucken.
Wie schnell sich doch Neuigkeiten verbreiteten! Wie kam denn das Konsulat so schnell hierher? Und warum
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