Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
umschreiben können bzw. die ihnen selbst noch relativ unklar sind. Dann ist es Aufgabe des
Coach, Anliegen mit prärationalem Charakter durch erlebnisaktivierende Arbeitsformen »aus dem Nebel ans Licht zu befördern«
und damit dem gemeinsamen Dialog zugänglich zu machen.
Um ein solches Phänomen handelte es sich z. B. bei der jungen Trainerin. Durch ihre Erfahrung auf dem Schulweg, die sie ins
Prärationale verlagert hatte, gelang es ihr zunächst nicht, die Ursache für ihre Beklommenheit anlässlich der anzüglichen
Reden seitens der Kursteilnehmer zu finden. Erst durch erlebnisaktivierende Arbeit, hier eine Imaginationsübung, entdeckte
sie die zugrundeliegende traumatische Erfahrung. Sie konnte ihr Handeln nun wieder flüssiger steuern.
Dem Einsatz derartiger Verfahren kommt also die Funktion zu, dem Berater prärationales Material zu übermitteln.
Die handlungsmodifizierende Funktion
Eine andere entscheidende Bedeutung fürs Coaching erhalten sprachüberschreitende Methoden durch ihre handlungsaktivierenden
und handlungsmodifizierenden Möglichkeiten. Viele Coaching-Sitzungen müssten unvollständig bleiben, wenn sie nicht durch Übungssequenzen
ergänzt und abgeschlossen würden.
So erweist es sich z. B. bei der Führungsberatung im Gruppen-Coaching immer wieder als nützlich, das soeben Erarbeitete in
kleinen Rollenspielen auszuprobieren und über diese Methodik weiter auszufeilen.
|259| Die Förderung des Selbstausdrucks
Bei der Förderung des Selbstmanagements von Menschen mit Führungsfunktionen kann es nicht gleichgültig sein, wie selbstverständlich
oder wie verkrampft sie sich anderen Menschen gegenüber präsentieren. Ein durchaus bedeutsamer Nebeneffekt des Einsatzes von
erlebnis- und handlungsorientierten Arbeitsformen besteht im Training, sich immer unbefangener Ausdruck zu verleihen.
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2. Kriterien für eine differenzierte Anwendung erlebnis und handlungsorientierter Methodik im Coaching
Mit der Anwendung erlebnis- und handlungsorientierter Methodik überschreitet der Coach die sonst üblichen Kommunikationsformen.
Das heißt, derartige Arbeitsformen wirken meistens für Klienten zunächst ungewöhnlich. Sie erfordern immer eine gewisse
Regressionsbereitschaft
, und sie erfordern eine höhere Bereitschaft zur Selbstoffenbarung als rein sprachliche Kommunikation. Damit aber das »Exotische«
der Methodik nicht unnötige Widerstände hervorruft, empfiehlt es sich, bei ihrer Anwendung einige Aspekte zu berücksichtigen:
Sie betreffen die »Eigenladung« der Methodik, die voraussichtliche Wirkung der Methodik auf die jeweilige Klientenpersönlichkeit
und die Wirkung in unterschiedlichen Coaching-Situationen.
Im Hinblick auf die »eigene Ladung« der Methodik
McLuhan
(1964) machte darauf aufmerksam, dass jedes Kommunikationsmedium eine ihm eigene Ladung bzw. eine ihm eigene Message transportiert.
So werden z. B. von vielen Menschen Rollenspiele mit »Theaterspielen« assoziiert oder Imaginationen mit »Fantasierereien«.
Dementsprechend aktualisieren sich bei der Anwendung derartiger Methoden auch bei den Klienten entsprechende Assoziationen.
Schon bevor ein Coach solche methodischen Möglichkeiten vorschlägt, sollte er Vorstellungen entwickeln, welche oft vielleicht
nur unbewussten Botschaften die Klienten seiner Anregung, eine bestimmte methodische Maßnahme anzuwenden, entnehmen.
|260| So entwickeln z. B. viele Menschen bei der Aufforderung, mit einer imaginierten Person auf einem leeren Stuhl zu kommunizieren,
die Idee, der Coach habe etwas sonderbare Vorlieben oder er unterstelle gar dem Klienten irgendeine Art von Psychopathie.
Im Hinblick auf die Klientenpersönlichkeit
Die Bereitschaft von Klienten, die eine oder andere für sie neue und vielleicht auch zunächst befremdliche Methodik auszuprobieren,
bestimmt sich stark nach ihrer Persönlichkeit. Ich hatte soeben angesprochen, dass die Anwendung dieser Methodik regelmäßig
zumindest milde Formen von Regression und Selbstoffenbarung voraussetzt. Sehr gehemmt oder sehr konventionell wirkende Menschen
halten sich in der Regel lieber an ihnen vertraute sprachliche Kommunikationsmittel. Im Prinzip können aber gerade solche
Menschen durch den Einsatz erlebnis- und handlungsorientierter Methodik mehr
Kommunikationsflexibilität
und eine größere Fähigkeit zum Selbstausdruck gewinnen. Um aber unnötige Widerstände zu vermeiden, empfiehlt es sich,
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