Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Tragen, die in der Gestalttherapie allerdings meistens imaginative
Rollenspiele sind.
|268| (a)
Konzept:
Im Gegensatz zum Psychodrama
Morenos
verzichtet die klassische Gestalttherapie auf »Mitspieler«, weil das eventuelle projektive Agieren der Mitspieler als Störfaktor
betrachtet wird (
Perls
et al. 1951). Der Klient imaginiert seinen Antagonisten auf einen »leeren Stuhl«. In einem mehrfachen Rollenwechsel mit diesem
tritt er wechselweise mit seiner Position und mit der des Antagonisten in Beziehung bzw. in einen Dialog. Es handelt sich
dabei jeweils um eine gezielte Form von Identifikation. Der »Antagonist« kann dabei eine Person sein, dem der Klient im Verlauf
seiner Geschichte begegnet ist, er kann aber auch ein eigener, nicht integrierter Anteil des Klienten sein, der nun in der
Therapie imaginativ personifiziert wird.
Im Verlauf der Psychotherapie eines Mannes tauchte immer wieder ein sehr ambivalentes Gefühlsphänomen gegenüber Frauen auf.
Diese Haltung wurde in der Therapie zunächst an einer Kollegin, dann an einer Partnerin und im weiteren Verlauf an der Beziehung
zur Mutter deutlich. Der Klient wurde gebeten, auf zwei leeren Stühlen unterschiedliche Anteile von sich selbst zu platzieren.
Auf dem einen Stuhl sitzend erlebte er viel Ärger und Wut, wenn er an die Mutter dachte, auf dem anderen dagegen – und das
fiel ihm viel schwerer – fühlte er sich ausgesprochen angezogen. Als er diese beiden Gefühlsanteile, die er den »Wütenden«
und den »Sehnsüchtigen« nannte, in einen Dialog treten ließ, entbrannte ein heftiger Kampf, der in einer regelrechten Erschöpfung
endete. Beim nächsten Termin berichtete der Klient, dass er nun immerhin seiner Kollegin gegenüber schon klarer sei. Es bedurfte
aber noch einiger Zeit, bis er seine Ambivalenz überwinden konnte.
Entscheidend ist dabei, dass sich der Klient jeweils maximal mit der einen wie mit der anderen Position identifiziert.
Rollenspiele sind insbesondere für die Auseinandersetzung mit alten, nicht verarbeiteten Szenen eine wertvolle Methodik. Sie
dienen zur differenzierten Rekonstruktion und zur weiterführenden Veränderungsarbeit. Über diese Rollenspieldialoge soll nicht
nur die Umstrukturierung von Deutungsmustern gefördert, sondern es sollen auch neue Handlungsmuster gegenüber Sozialpartnern
aktiviert werden, wie »endlich mal schimpfen«, »um Hilfe bitten« usw., also Handlungsweisen, die bisher vermieden wurden oder
im Handlungsrepertoire von Klienten noch nicht enthalten waren.
(b)
Einsatzmöglichkeiten:
Rollenspiele mit einem imaginativen Partner, wie sie die Gestalttherapie versteht, lassen sich im Coaching auf vielfältige |269| Weise zur szenischen Rekonstruktion und weiterführenden Bearbeitung verwenden. Sie sind die Methode der Wahl, wenn Klienten
eigene Deutungs- und Handlungsmuster oder die von Praxispartnern in Interaktionsprozessen untersuchen wollen. Sie eignen sich
besonders zur Auseinandersetzung mit Konfliktpartnern. Rollenspielarbeit dient grundsätzlich dazu, Handlungsmuster zu modifizieren.
Gestalttherapeutisch verstandene Rollenspiele sind in Ermangelung von Rollenspielpartnern gerade im Einzel-Coaching relevant.
(c)
Effekte:
Durch diese imaginative Rollenspielarbeit lassen sich Deutungsmuster von Klienten im Sinne von Rollenzuweisungen an andere
erschließen. Auf diese Weise sind auch Vorstellungen über Rollenzuweisungen von Interaktionspartnern an Klienten auszudeuten.
Daneben können auch Ambivalenzkonflikte von Klienten prägnant gemacht werden. Durch die Verkörperung von Rollen lassen sich
also komplexe Interaktionsbereitschaften erlebnishaft verdichtet rekonstruieren. Durch die Rekonstruktionsarbeit erfolgt oft
schon eine spontane Umstrukturierung von Deutungsmustern bei Klienten. Durch weitere gezielte Arbeit im Sinne von Reflexion
oder eines Rollentrainings erfolgt auch gezielte Umstrukturierung und Erweiterung von Deutungs- und Handlungsmustern.
Sprachspiele
Sprache als »kommunikatives Handeln« (
Habermas
1981) bildet die Grundlage für eine ganze Reihe sehr bekannt gewordener methodischer Maßnahmen der Gestalttherapie, die so
genannten Sprachspiele (
Süss,
Martin
1978).
(a) Konzept:
Den konzeptionellen Hintergrund für diese Methodik bildet die Überzeugung, dass sich im sprachlichen Handeln, in bestimmten
Wendungen, Floskeln, stereotypen Sprachformen usw. innere Deutungsmuster dokumentieren, die über das
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