Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
wollen. Für all diese Systemerfahrungen muss ebenfalls ein breites methodisches Inventarium bereitstehen.
Wie wir in den methodischen Abschnitten noch sehen werden, kann die methodische Palette eines Coach kaum breit genug sein,
um auf alle beruflichen Konstellationen, die ihm vorgetragen werden, je angemessen reagieren zu können. Dabei ist allerdings
zu bedenken, dass das Methodeninventarium als Ganzes nicht nur das Selbstgestaltungspotenzial von Klienten stärken, sondern
idealiter auch ihre Lebens- und Arbeitsfreude fördern soll.
Für die Auswahl einzelner methodischer Maßnahmen erhalten anthropologische Positionen eine besondere Bedeutung. So vielfältige
Möglichkeiten das Methodeninventarium eines Coach auch umfassen sollte, ist gerade bei der Anwendung »moderner« methodischer
Maßnahmen Vorsicht geboten. Allzu oft verbergen sich hinter klangvollen Begriffen wie »paradoxe Interventionen« oder »Ankern«
rigoros manipulative Strategien |150| , die einer Entwicklung zum Selbstmanagement geradezu entgegenstehen. Implizite anthropologische Prämissen, die ich schon
bei der Anwendung von Theorien angesprochen habe, wohnen nämlich auch Methoden inne. Durch unreflektierte Auswahl einzelner
Maßnahmen wird dann der Coaching-Klient oft unbemerkt zum Objekt degradiert (
Schreyögg
1991).
Als Indikator für die Objektivierung durch Methoden kann immer folgender Umstand gelten: Sie erbringen keine Effekte mehr,
wenn Klienten ihre Mechanismen durchschauen. So verlieren etwa paradoxe Interventionen ihre Wirkung, wenn sie derjenige, dem
gegenüber sie angewandt werden, als solche erkennt. Die Applikation derartiger Methoden setzt also immer eine Definition von
Klienten als »unaufgeklärten Toren« voraus.
Eine ebenfalls relevante Fragestellung für unser Konzept betrifft die Gestaltung des Coaching-Prozesses. In diesem Zusammenhang
geht es um Kontrakte, Verläufe und die Beendigung von Coaching. Hier müssen auch einige pragmatische und normative Überlegungen
angestellt werden, die einen Anschluss an den konzeptionellen Gesamtzusammenhang des Ansatzes aufweisen. Dabei sei schon an
dieser Stelle gesagt, dass ich wie bei den Methoden für eine möglichst variable und möglichst dialogorientierte Handhabung
der Prozesse plädiere.
Zusammenfassung
Anforderungen an den Coach sind immer in zweifacher Weise relevant: im Hinblick auf personenspezifische und im Hinblick auf
konzeptionelle Merkmale. Personelle Anforderungen an den einzelnen Coach lassen sich wiederum nach menschlichen und fachlichen
Gesichtspunkten differenzieren. Zwar ist das menschliche Potenzial von Beratern eher subjektiv zu bewerten, eine breite Lebens-
und Berufserfahrung, eine gute persönliche Ausstrahlung sowie ein angemessener Interaktionsstil bilden aber doch wesentliche
Voraussetzungen. Außerdem ist für viele Klienten von Bedeutung, ob sie von einem Mann oder von einer Frau beraten werden.
Als fachliche Voraussetzungen sollte ein Coach intellektuelle Flexibilität, breites sozialwissenschaftliches Wissen, ideologische
Offenheit und eine zum Klienten passende Feldkompetenz aufweisen. Im zweiten Abschnitt |151| des Kapitels werden Anforderungen an das Konzept des Coach formuliert. Hier stehen zwei Thesen im Vordergrund: Ein Coaching-Konzept,
das die bislang aufgefächerten Themen abdecken soll, benötigt ein breites Theorie- und Methodeninventarium. Wenn es die Selbstgestaltungspotenziale
von Berufstätigen fördern will, muss aber die Theorie- und Methodenvielfalt in eine möglichst transparente Wissensstruktur
integriert werden. Diese sollte Angaben enthalten über die Methodik, über methodische Anwendungszusammenhänge, über das diagnostische
Inventarium und über die normative Basis, die dem gesamten Ansatz zugrunde liegt. Die an dieser Stelle entfaltete Wissensstruktur
hat programmatischen Charakter für den zweiten Teil des Buches.
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|153| Teil II
Ein Coaching-Konzept
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|155| Kapitel 6
Die Ziele von Coaching
Entsprechend der Dopppelfunktion von Coaching als exklusive Maßnahme der Personalentwicklung von Führungskräften und als Dialogform
über Freud und Leid im Beruf lassen sich auch die Ziele nach zwei Gesichtspunkten differenzieren: Coaching zielt zum einen
auf die Steigerung beruflicher Qualifikationen, dabei vorrangig auf die Erhöhung von Managementkompetenzen. Es dient zum anderen
der Entwicklung selbstgestaltender
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