Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Betriebswirten oder Ingenieuren oft die Sicht für Persönliches oder für Beziehungen
fehlt, mangelt es bei Sozialarbeitern, Psychologen usw. oft am Blick für organisatorische Kontexte und für Managementprozesse
(
Krämer
1985;
Schreyögg
1991).
|146| Da also der Horizont eines jeden Coach begrenzt bleiben muss, ist es sinnvoll, ihn durch Strukturierungsmuster anzureichern,
die andere entwickelt haben – und das sind Theorien. Jeder Berater für berufliche Fragestellungen sollte sich deshalb einen
möglichst umfassenden »Theorie-Baukasten« zulegen (
Schtepek
1987) aus dem er je nach der aktuellen Thematik einmal den einen und einmal den anderen Ansatz zur Strukturierung aktueller
Situationen entnehmen kann. Das müssen dann entsprechend den potenziellen Themen von Coaching einmal Theorien zum Verstehen
individueller, einmal solche zum Erfassen von Beziehungsphänomenen und wieder ein anderes Mal solche zum Systemverstehen sein.
Bei der Anwendung von theoretischen Konstruktionen ist aber immer zu fragen, ob das jeweilige Konzept an die soeben formulierten
Prämissen des Meta-Modells Anschluss findet oder ob in dem Konzept eine reduzierte Sicht vom Menschen transportiert wird.
So sind z. B. triebtheoretische Ansätze der Psychoanalyse mit anthropologischen Postulaten lebenslanger Entwicklung kaum vereinbar.
Manche andere Ansätze sollten wegen ihrer anthropologisch verzerrenden bzw. einseitigen Perspektivität eher sparsam verwendet
werden. So unterstellt etwa das Konzept »politische Prozesse« Menschen eine grundlegende »Interessengier« bzw. »Machtlüsternheit«
(
Allison
1976). Aus diesem Grund sollte seine Anwendung auf eklatante Fälle von Interessenkollisionen begrenzt bleiben (
Schreyögg
1991).
2.3 Prämissen für die Methodenanwendung
Wie bei anderen Handlungsmodellen sollten auch bei einem Coaching-Konzept explizite Vorstellungen über den Anwendungszusammenhang
von Methoden bestehen; denn es kann nicht gleichgültig sein, für welche Ziele methodische Maßnahmen angewandt werden, wie
mit ihrer Hilfe berufliche Fragestellungen in der Coaching-Situation rekonstruiert werden, welche Wirkungen durch sie beabsichtigt
sind, mit welchem Interaktionsstil sie appliziert werden und wie unterschiedliche Coaching-Situationen zu handhaben sind.
Da ich auf alle diese Aspekte in den nachfolgenden Kapiteln jeweils gesondert eingehe, will ich sie hier nur knapp anreißen.
Im Hinblick auf die
Ziele
von Coaching sei schon an dieser Stelle bemerkt, dass die Ziele eines Coaching-Konzeptes nicht eindimensional |147| angelegt sein dürfen. Wie anhand der Anlässe von Coaching zu sehen war, kann es z. B. nicht ausschließlich um die Beseitigung
von Krisenerfahrungen gehen, sondern es sollte auch die generelle Förderung selbstgestaltender Berufstätigkeit eingeschlossen
sein. Es kann auch nicht um ausschließliche und individuelle Förderung des jeweiligen Klienten gehen, denn die Qualität seiner
Interaktionen und seiner Einbettung in sein berufliches Umfeld bestimmen sein Wohlbefinden hochgradig mit. Ebenso wenig sollte
sich Coaching in der ausschließlichen Förderung von Effizienz erschöpfen. Es ist nämlich immer zu bedenken, inwieweit berufliches
Dasein auch im Sinne von mehr Humanität angereichert werden kann. Wegen der grundlegenden Bedeutung von Zielen widme ich ihnen
ein eigenes Kapitel.
Ein ebenfalls wichtiger Bestandteil eines Coaching-Konzepts betrifft konzeptionelle Leitlinien, wie die beruflichen Anliegen
von Klienten überhaupt
rekonstruiert
werden können, bzw. wie sich die beruflichen Erfahrungen von Klienten möglichst plastisch in die Gesprächssituation mit dem
Coach transferieren lassen. Auch Interessenten für Coaching fragen vielfach: »Wie lassen sich bloß die komplexen Zusammenhänge,
die mich beschäftigen, einem anderen vermitteln?« Die aktuelle Literatur gibt hierauf bislang keine Antwort, qualifizierte
Berater sollten aber bündige Erklärungen parat haben.
Auch die beabsichtigten Wirkungen von Coaching bzw. seine
Effekte
sollte ein Coach explizieren können. Dies ist schon deshalb von Belang, weil dann für den Klienten die Mitwirkung an seiner
eigenen Entwicklung transparent wird. An dieser Stelle sei vorab bemerkt, dass bei dem hier zugrunde liegenden Coaching-Konzept
das Ziel immer eine selbstgestaltende Veränderung und Erweiterung von Deutungs- und Handlungsmustern bei Klienten ist.
Anhand der »personalen Anforderungen an den
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