Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Veränderung von Organisationskulturen eingeleitet wird. Sie ist beim Team-Coaching natürlich umfassender als bei
der Beratung von Einzelnen. Team-Coaching, das vielfach primär auf die Steigerung konzeptioneller Kompetenzen fokussiert ist,
zielt im Kern immer auf die Entwicklung flexiblerer organisatorischer Muster im Gesamtsystem.
Steigerung sozialer Managementkompetenzen
Der Bereich sozialer Kompetenzen nimmt in längeren Coaching-Prozessen oft besonders breiten Raum ein. Bei Führungskräften
aus der Wirtschaft, wo heute immer seltener der »Ober-Fachmann«, sondern der
Moderator
gefragt ist (
Nerdinger, v. Rosenstiel
1993, S. 60), zielt Coaching oft auf den Erwerb grundlegenden Wissens, wie sich etwa informelle Systeme bilden, durch welche
Erscheinungen sich Mitarbeiter regelmäßig gekränkt fühlen, wie sich konfligierende Subsysteme bilden usw. Ebenso häufig zielt
es auf Qualifikationssteigerungen, gruppale Prozesse in Planungs- und Entscheidungsgremien zu handhaben. Solche Kompetenzen |161| sind besonders dann schwer zu erwerben, wenn ein System strikt hierarchische Strukturmuster in solche mit breiterer
Mitbeteiligung der
Mitarbeiter
umwandeln will. Die Umstellung auf derartige Strukturen kommt für viele Führungskräfte einem Zwang gleich, alle ihre bisherigen,
oft tief verankerten Überzeugungen zu verlassen und neue zu entwickeln.
In einem Produktionsbetrieb der Metall verarbeitenden Industrie wurde ein Umstrukturierungsprozess eingeleitet, bei dem eine
Reihe von Entscheidungskompetenzen von der Ebene des Produktionsleiters auf die der Meister verlagert wurde. Die Meister erhielten
ein Gruppen-Coaching, um die neue, nun umfassendere Führungsaufgabe angemessen zu bewältigen. Als viel komplizierter erwies
sich aber die Interaktion zwischen dem Produktionsleiter und den Meistern. Der Leiter der Produktionsabteilung, der dieser
Umstrukturierung zwar auch zugestimmt hatte, »ertappte sich selbst«, wie er eingestand, immer wieder dabei, die Gruppe der
Meister durch ängstliches Nachfragen über den Fortschritt der Arbeit zu kränken. In einer mehrstündigen Beratung wurde ihm
zunehmend deutlich, dass er die Meister, die er zu großen Teilen noch als Lehrlinge im Betrieb erlebt hatte, aus der Abhängigkeit
zu ihm nur schwer entlassen konnte. Erst nach einer ausführlichen und gezielten Beschäftigung mit deren Entwicklung in der
Firma gelang es ihm besser, den Meistern die neue Aufgabe zuzutrauen.
Wo es in Betrieben heute oft um den Abbau hierarchischer Handlungsmuster geht, tragen Sozialmanager häufiger Probleme ins
Coaching, bei denen umgekehrt rein nominell bestehende hierarchische Strukturen durch klare Führungshaltungen gefüllt werden
müssen. Hier stehen z. B. Fragen an, wie sich ein Vorgesetzter Geltung verschafft, wenn ein Mobbing-Prozess, also eine systematische
Ausgrenzung eines Mitarbeiters, in Gang kommt; oder wie mit einem notorischen Zuspätkommer zu verfahren ist, der ein ganzes
System oder Teilsystem in Aufruhr zu bringen vermag. Besonders in sozial-orientierten Kulturen, in denen Führung primär auf
der Basis gefühlshafter Muster wahrgenommen wird, stellen solche Vorgänge, die oft ein striktes Eingreifen durch Vorgesetzte
notwendig machen, für die betreffenden Sozialmanager große Belastungen dar. Sie neigen dann vielfach zu unausgeglichenen Schwankungen
zwischen Permissivität und Restriktivität.
Zur Entwicklung sozialer Kompetenzen muss Coaching die Einfühlungsfähigkeit in einzelne Menschen, ein »Feeling« für Atmosphären
von Gruppen, für Organisationskulturen, für organisatorische Subkulturen oder für Kultursegmente zu fördern suchen. Außerdem
umfasst es die Entfaltung situationsangemessener und variabler Kommunikationsformen |162| mit all den Menschen, die im jeweiligen beruflichen Zusammenhang relevant sind.
Innovative kirchliche Jugendarbeit stellt in den neuen Bundesländern Deutschlands meist noch eine Besonderheit dar. Der westdeutsche
Leiter eines solchen Projektes suchte um Coaching an, weil »die Mitarbeiter irgendwie nicht mittun«. Seitens des Finanzierungsträgers
stand er aber unter starkem Erfolgsdruck. Im Verlauf erster Analysen stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter objektiv eine
Vielzahl von Aktivitäten entfalteten, sich gegenüber dem Projektleiter im »Westen« aber immer sehr zurückhaltend gaben, d.
h. keine Berichte ablieferten und ihn auch telefonisch nicht informierten.
Weitere Kostenlose Bücher