Cobra
bevor er sich dem InterKom zuwandte.
Auf dem Display war der Raum zu sehen, der beschönigend als Salon bezeichnet wurde – und ihn als »überfüllt« zu bezeichnen wäre stark untertrieben gewesen. Dicht gedrängt zwischen
den verschiedenen Displays und Überwachungsmonitoren saßen Yuri Cerenkov, die Wissenschaftler Christopher und Nnamdi sowie Gouverneurin Telek. Hinten in der Nähe des Sichtfensters, fast außerhalb der Reichweite der Kamera des InterKom, standen Pyre und Decker York beieinander und tauschten gelegentlich Beobachtungen aus. Joshua drehte die Lautstärke ein wenig auf, gerade rechtzeitig, um Nnamdis nachdenkliches Schnauben zu hören. »Tut mir leid, aber ich vermag einfach nicht zu erkennen, was die Trofts, zum Teufel nochmal, so bekümmert«, meinte er, offenbar an den Raum als Ganzes gerichtet. »Wie kann eine Gesellschaft, die auf Siedlungsgemeinschaften basiert, eine Bedrohung für jemanden außerhalb ihrer Atmosphäre darstellen?«
»Üben wir uns ein wenig in Geduld, was meinen Sie?«, sagte Telek, ohne dabei von ihrer Monitorreihe aufzublicken. »Wir haben noch nicht mal eine vollständige Umrundung hinter uns. All die hochtechnischen Städte können sich auf der anderen Seite befinden.«
»Es geht doch nicht nur um Technologie, Gouverneurin«, konterte Nnamdi. »Die Bevölkerungsdichte ist zu gering, um mit einer fortgeschrittenen Gesellschaft vereinbar zu sein.«
»Das ist eine anthropomorphe Vorstellung.« Telek schüttelte den Kopf. »Wenn ihre Geburtenrate niedrig genug ist und sie eine Menge Raum um sich herum lieben, können sie trotzdem hochtechnisiert sein. Bil, was sehen Sie?«
Christopher blieb einen Augenblick lang schweigend sitzen, bevor er antwortete. »Bislang nichts, was überzeugend in die eine oder andere Richtung weisen würde. Zwischen einigen der Siedlungen kann ich Straßen erkennen, aber der Baumbewuchs ist zu dicht, um zu sagen, wie ausgedehnt das Netz ist. Allerdings gibt es keinerlei Satellitenkommunikationssysteme und keinen erkennbaren Funkverkehr.«
Joshua tippte auf die Sprechtaste des InterKom. »Entschuldigen Sie, aber gibt es irgendeine Möglichkeit zu erkennen, welcher Prozentteil des Bodens kultiviert ist? Das könnte ein Hinweis sein.«
Telek blickte zur Kamera des InterKom hinüber. »Auch das ist bislang nicht schlüssig«, sagte sie. »Es gibt ein paar Kandidaten
für Getreidefelder von beträchtlicher Größe, aber das Gelände und das Farbschema der Vegetation machen eine genaue Einschätzung zweifelhaft.«
»Abgesehen davon«, warf Christopher ein, »können wir von hier aus auch gar nicht entscheiden, ob eine der besagten Siedlungen Getreide für den Gebrauch vor Ort oder für den Export anbaut.«
Joshua sah erneut seinen Bruder an. Justins Gesicht war nachdenklich, während er den Planeten unten betrachtete … aber weder in seinem Gesicht noch in seiner Haltung konnte er eine vergleichbare Anspannung erkennen, wie sie sich seiner bemächtigt hatte. »Wir sollten vielleicht nicht ganz so versessen darauf sein, den Landungstrupp vor die Tür zu setzen, was meinst du?«, fragte er bissig.
Justin blinzelte ihn an. »Entschuldige – höre ich da Besorgnis heraus?«
»Du klingst übertrieben selbstsicher, und das ist schlimmer. Dein Hang zum Optimismus könnte dort unten glatt gefährlich werden.«
»Wäre es vielleicht besser, wenn wir auf Zehenspitzen herumschleichen, so als hätten wir irgendetwas zu verbergen?«
Joshua verzog das Gesicht. Identisch wie zwei Elektronen, hatte man oft über sie gesagt … aber wenn es hart auf hart kam, war es wirklich einfach, sie auseinanderzuhalten. Tief im Innern besaß Justin eine mächtige Portion fatalistischen Optimismus, die es ihm schlicht unmöglich machte zu glauben, das Universum könne ihm etwas anhaben. In Joshuas Augen eine vollkommen unrealistische Sicht der Dinge – und umso unverständlicher, als Justin nicht einfach unfähig war, eine potenzielle Gefahr zu erkennen. Er verfügte über ebenso viel Weitblick, konnte ebenso gut abwägen wie jeder andere aus der Familie, nur tat er so, als träfe das alles nicht auf ihn zu. Mehr als alles andere war es diese Einstellung, aus der sich Joshuas insgeheime Vorbehalte gegen Justins Cobra-Ambitionen nährten … und die ihn fast überzeugt hätten, sich mit seinem Bruder ganz aus der Mission zurückzuziehen.
»Aha!« Cerenkovs zufriedener Ausruf aus dem Lautsprecher des InterKom unterbrach Joshuas Überlegungen. »Da haben wir’s. Sie
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