Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
Vom Netzwerk:
Aber wer ahnt schon, welch verschlungene Intrige sich unsere Feinde ausgedacht haben? Vielleicht wollten sie uns durch diese Geheimnisse nur ablenken, damit wir ihr eigentliches Ziel übersehen.«
    »Kann sein. Ich nehme also an, du rätst mir ab, eine Nachricht nach Azras zu schicken und Bürgermeister Capparis zu bitten, Verbindung mit den Behörden in Sollas aufzunehmen?«
    »Da ohnehin recht klar zu sein scheint, dass sie ein Spitzel ist«, sagte Daulo, »kann ich kaum erkennen, was uns das nutzen sollte. Es würde lediglich bestätigen, dass sie uns über ihre Herkunft belogen hat, und unterdessen vielleicht ihre Freunde warnen, dass wir Verdacht geschöpft haben.«
    »Ja.« Kruin schwieg einen Augenblick lang. Dann schüttelte er den Kopf und seufzte. »Ich spüre, wie das Alter auf mir lastet. Früher hätte ich an einem solchen Kampf meine Freude gehabt. Jetzt habe ich bloß die Gefahr vor Augen, die diese Frau möglicherweise für meine Familie und mein Haus darstellt.«
    Daulo leckte sich über die Lippen. Selten in seinem Leben hatte ihm sein Vater einen solchen Einblick in die Tiefen seiner Seele gewährt, und beängstigend, wie es war, machte es ihn
gleichzeitig verlegen. »Ein Familienoberhaupt hat die Pflicht, in erster Linie das Wohlergehen seines Hauses zu erstreben«, sagte er ein wenig steif.
    Kruin musste lächeln. »Und darin siehst du wohl deine eigene Zukunft. Macht dir die Vorstellung von so viel Verantwortung Angst?«
    Ein leises Läuten auf Kruins niedrigem Schreibtisch rettete Daulo aus der Bedrängnis, diese unangenehme Frage beantworten zu müssen. »Herein«, sprach der ältere der Sammons in das eingelassene Mikrofon.
    Daulo drehte sich um und sah, wie die Tür hinter ihm geöffnet wurde. Zwei der Wachen aus dem Frauenflügel kamen herein, und mitten zwischen ihnen …
    »Jasmine Alventin«, sagte Kruin ruhig, als wäre ihr Erscheinen alles andere als eine Überraschung. »Sie sind so spät noch auf?«
    »Verzeihen Sie, wenn ich die Grenzen Ihrer Gastfreundschaft übertreten haben sollte«, sagte die Frau und verfiel dabei in denselben Ton wie Kruin, während sie auf ihre etwas eigentümliche Art das Zeichen des Respekts machte. »Ich bin wach geworden und dachte, ich gehe ein wenig herum, bis ich wieder müde werde.«
    »Ich fürchte, nachts bietet Milika nur wenig Möglichkeiten der Zerstreuung«, erwiderte Kruin. »Anders als in den größeren Städten wie Sollas, die Sie gewohnt sind, nehme ich an. Soll ich Ihnen etwas zu essen oder trinken kommen lassen?«
    »Nein, vielen Dank.« Sie schüttelte den Kopf. Wenn die Erwähnung ihrer angeblichen Heimatstadt sie erschreckte, konnte Daulo in ihrer Miene nichts davon erkennen. »Es ist mir schon peinlich genug, Sie bei Ihrer Arbeit zu stören – bitte, ich möchte Ihnen keine weiteren Unannehmlichkeiten bereiten.«
    Endlich gelang es Daulo, seine Zunge zu lösen. »Vielleicht möchten Sie Ihren Spaziergang im Garten fortsetzen«, schlug er vor. »Mein Vater und ich sind hier fertig, und es wäre mir eine Ehre, Sie zu begleiten.«

    Er beobachtete ihr Gesicht genau, sah, wie kurz Überraschung in ihren Augen aufflackerte. »Also – es wäre mir ebenfalls eine Ehre«, sagte sie. »Aber nur, wenn es Ihnen wirklich keine Mühe macht.«
    »Nicht die geringste«, sagte er und erhob sich. Er hatte eher erwartet, dass sie ihm mit irgendeinem Vorwand ausweichen würde – wenn sie hier tatsächlich herumschnüffeln wollte, konnte sie kaum Interesse daran haben, dass der Erbe der Familie Sammon sie dabei begleitete. Aber jetzt hatte er ihr das Angebot gemacht und konnte nicht mehr zurück. »Es wird allerdings eine kurze Führung werden müssen«, fügte er hinzu.
    »Von mir aus gerne«, willigte sie ein. »Ich bin zwar nicht besonders schläfrig, aber so völlig habe ich mich noch immer nicht erholt.«
    Daulo wandte sich wieder seinem Vater zu. »Wenn du gestattest …?«
    »Aber sicher.« Kruin nickte. »Mach nicht zu lang, ich möchte, dass du morgen mit den ersten Hauern an der Mine bist.«
    »Ja, mein Vater.« Daulo verbeugte sich und machte das Zeichen des Respekts. Er drehte sich um und sah der Wache in die Augen. »Sie können auf Ihren Posten zurückkehren«, meinte er zu ihnen. »Kommen Sie«, fügte er, auf die Tür deutend, an Jasmine gerichtet, hinzu. »Ich zeige Ihnen unseren Garten. Und während wir ein wenig spazieren gehen, können Sie mir erzählen, worin sich unser Zuhause von Ihrem unterscheidet.«

55
    Großartig, machte Jin

Weitere Kostenlose Bücher