Cocaine oder die Lust zur Hingabe
Kontrast zu dem untersetzten Woolley hätte nicht größer sein können. Joe war der Sonnyboy des Teams, was nicht bedeutete, dass er besonders fröhlich war. Er hatte Temperament, war ein Hitzkopf, aber wenn ihm nicht gerade jemand in die Quere kam, zeigte er immer dieselbe Gleichgültigkeit. Er setzte sich zwar unermüdlich ein, schien jedoch nicht glücklich. Callaghan beobachtete ihn schon seit längerem und fand nicht heraus, warum das so war. Joe war privat wie beruflich sehr erfolgreich, aber das bedeutete ihm anscheinend nichts. Nichts im Leben bedeutete ihm etwas. Callaghan musste irgendwann einmal mit ihm sprechen. Trotzdem, es ging etwas Strahlendes von ihm aus. Vielleicht lag es an den blonden Locken über frisch gebräunter Haut – jeden Morgen war es, als brächte er frische Seeluft und Sonne in das große, düstere Büro mit den alten, abgewetzten Möbeln.
Callaghan beobachtete, wie Aidan sich schnell abwandte, als Joe auf sie zu schlenderte, mit so lässigen Bewegungen ... Callaghan lachte innerlich. Der Kerl hatte wohl zu viele Marlon-Brando-Filme gesehen.
„Komm herein, Joe", begrüßte er ihn, als er die Tür öffnete. „Aidan, das ist Sergeant Joe Hooker, mein bester Mann. Joe, das ist Special Agent Aidan Robineaux, der uns bei unserem Rauschgiftproblem helfen soll. Jetzt wo Arlena Dunkirk tot ist..."
„Ich brauche keine Hilfe." Joe würdigte Robineaux keines Blickes und Aidan ignorierte seine Unhöflichkeit. Mit düsterem Gesicht inspizierte er seine Stiefel.
Callaghan hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde. Joe sah zwar aus wie der All Amerikan Boy, war aber sturer als jeder Fallensteller in den Mountains und auch so draufgängerisch. Ein Einzelkämpfer – genau wie Aidan, wenn er das richtig sah. Callaghan stöhnte, da waren ja die richtigen zusammen.
„Joe, du solltest wirklich froh sein, dass er da ist. Der Fall ist mit Sicherheit eine Nummer zu groß für uns. Und wenn ich das sage, dann will das was heißen. Es ist ja nicht so, dass sich das Ganze nur hier in San Francisco abspielt. Die Sache ist also ganz klar ein Fall für das FBI. Trotzdem ist Mr. Robineaux offiziell nur zur Beobachtung hier. Außerdem gibt es Hinweise, dass die Mafia da mit drin steckt, und Aidan hier hat die letzten Monate mit ihnen zu tun gehabt, er versteht, warum sie wie handeln."
Joe brummte vor sich hin. „Ich weiß nicht ... bisher habe ich von den Jungs noch nichts bemerkt, und ich habe eine Nase für so was."
Ein Ausdruck der Überraschung glitt über Aidans Pokerface. Er warf Joe einen schnellen Blick zu, bevor er wieder in sein düsteres Brüten verfiel.
„Joe" Jetzt war Schluss mit den Faxen. Callaghan setzte eine Miene auf, die an der Endgültigkeit seines Befehls keinen Zweifel ließ. „Du arbeitest in dieser Sache mit dem FBI zusammen, ob du willst oder nicht. Robineaux ist ab sofort dein Partner, zumindest bis Ruiz wieder einsatzfähig ist. Da gibt es nichts zu diskutieren. Es ist zu gefährlich, allein zu ermitteln. Und du wirst ihn genau über den bisherigen Stand der Dinge informieren, haben wir uns verstanden?"
„Also gut", brummte Joe. „Dann kommen Sie mal mit, Special Agent Robineaux..."
„Mein Name ist Aidan.", sagte er mit seiner tiefen Südstaatenstimme, stand auf und streckte ihm die Hand hin.
Joe schlug zögernd ein und zuckte zurück, als hätte er sich verbrannt. Verblüfft starrte er Aidan in die Augen.
Callaghan schüttelte genervt den Kopf. „Jetzt sag nur noch, du könntest nicht mit Aidan zusammenarbeiten, weil er elektrisch ist. Das ist der neue Teppichboden, verdammt noch mal."
Er hob abwehrend die Hand, als Joe protestieren wollte. „Ihr vertragt euch gefälligst, wenn ich eine Klage höre, seid ihr raus aus dem Fall, beide. Und jetzt verschwindet und geht an die Arbeit."
***
Joe, riss die Tür auf und marschierte gereizt durch das große Vorzimmer, ohne sich darum zu kümmern, ob Aidan ihm folgte. Dann stellte er ihn seinen Leuten vor. „Hey, Jungs, kommt mal her und begrüßt Aidan Robineaux. Er ist vom FBI, Rauschgiftexperte. Er soll uns im Fall Dunkirk unter die Arme greifen."
FBI – das löste bei Cops schon traditionell Widerwillen aus, aber die Leute hielten sich ganz gut. Kaum einer maulte. Ein gewisser Respekt machte sich breit. Sie hielten automatisch Abstand. Einige hatten von Aidan gehört. Ihn jetzt leibhaftig vor sich zu sehen, war irgendwie so, als begegne man James Bond persönlich. Sie ahnten, dass er ihnen nicht ohne
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