Cocaine oder die Lust zur Hingabe
verraten.
Eine weitere Gefahr waren die Kameras, die das Gelände Tag und Nacht überwachten. Er war sich zwar sicher, sie so weit wie möglich umgangen zu haben, dass durch den Regen seine schwarze Gestalt falls überhaupt nur als dunkler Schatten auf den Monitoren zu sehen war. Doch ein gewisses Risiko blieb immer.
Hoffentlich funktionierte wenigstens die kleine Wanze. Sie war seine letzte Hoffnung, nachdem er gestern gehört hatte, dass das Gespräch zwischen Don Michele und Ralston nicht im Haus sondern im Pavillon stattfinden würde, wo man jeden eventuellen Lauscher schon von weitem entdecken konnte.
Daher hatte er sich zu diesem gewagten Manöver entschieden, obwohl sein Boss ganz und gar nicht davon begeistert sein würde, denn er gefährdete damit seine Tarnung. Und wenn er mitten in diesem Mafianest aufflog, war er so gut wie tot. Auch das FBI konnte ihn dann nicht mehr retten. Doch er ahnte, wie wichtig dieses Gespräch für die Ermittlungen sein würde. Dann würden sie endlich wissen, ob Don Michele da mit drin hing. Wenn alles gut ging, konnte Tennison es morgen live mit anhören. Und das würde ihn hoffentlich besänftigen.
***
Wie ein Soldat wachte er auf, griff sofort hellwach nach seiner Waffe unter dem Kopfkissen. Tom hämmerte gegen seine Tür. „Hey, Joe, bist du fertig? Der Boss will dich nach dem Frühstück sofort sehen."
„Komme gleich! Bin in zwei Minuten unten. Geh schon mal vor und schenk mir eine Tasse Kaffee ein."
Verdammt, er hatte verschlafen. Höchst unprofessionell. Solche Fehler konnte er sich nicht leisten, hier in der Höhle des Löwen.
„Mann, bin ich dein Kindermädchen, oder was?", brummte Tom humorlos. Seine Schritte entfernten sich.
Joe lachte nur, glitt aus dem Bett und schlüpfte wie jeden Morgen in den hässlichen schwarzen Anzug, den so oder so ähnlich alle Mitglieder der ,Familie' trugen. Er band seine Schuhe zu, putzte sich die Zähne, ging mit Kamm und etwas Wasser hastig durch seine schwarzen, glatten Haare.
Meistens ließ er dabei den Blick in den Spiegel aus. Es verunsicherte ihn und das konnte er sich bei seinen Einsätzen nicht leisten. Nicht alles, was er tun musste, konnte er mit seinem Gewissen vereinbaren. Diesmal jedoch musste er überprüfen, ob er in der Nacht keine Schlammspritzer übersehen hatte.
Ein dunkles Gesicht mit schwarzen Augen und einem scharf geschnittenen Kinn, umrahmt von halblangem Haar, blickte ihm entgegen. Es amüsierte ihn, dass er fast gefährlicher aussah als die richtigen Verbrecher in diesem Haus. Sein Aussehen war sein Kapital. Seine Vorfahren stammten aus Frankreich, aber er sah eher aus wie ein zu groß geratener Süditaliener. Es war leicht gewesen, eine entsprechende Vergangenheit für ihn zu konstruieren und ihn bei Don Michele einzuschleusen. Und zwar so erfolgreich, dass Don Michele ihn seltsamerweise inzwischen in sein Herz geschlossen hatte.
Joe sah sich noch ein letztes Mal in seiner Kammer um. Alle verdächtigen Spuren waren getilgt. Bis auf die Feuchtigkeit in seiner Kleidung im Schrank wies nichts mehr auf seinen nächtlichen Ausflug hin. Er schloss die Tür hinter sich und ging nach unten.
***
Katie räumte zum x-ten Mal an diesem Morgen die Spülmaschine ein, ließ sie laufen und begann dann mit Feuereifer die Tische zu putzen, die sie gerade abgedeckt hatte. Zwischendurch warf sie einen Blick hinüber zum Eingang des großen Speisesaals. Joe war spät dran heute. Jeden Augenblick konnte er auftauchen und sie wollte um keinen Preis seinen Auftritt versäumen.
Er war ihr Höhepunkt eines jeden Tages seit Joe vor ein paar Monaten zum ersten Mal durch diese Tür kam. Bei seinem Anblick hatte sie der Blitz getroffen – anders konnte man das nicht ausdrücken. Sie verliebte sich auf den ersten Blick in ihn. In seine dunklen Samtaugen mit den langen, schwarzen Wimpern, die in einem seltsamen Kontrast standen zu seinen männlichen Gesichtszügen. Er war groß und durchtrainiert, sein Hintern so sexy, dass sie nachts davon träumte. Dann stellte sie sich vor, wie er seine Waffe auf die kleine Kommode neben ihrem Bett ablegte, bevor er zu ihr kam.
Natürlich traute sie sich nicht, ihn merken zu lassen, wie sehr sie auf ihn stand. Bestimmt würde sie sich damit nur lächerlich machen. Joe hatte keine Zeit für eine Frau und wenn, dann hätte er jede haben können. Also war alles, was ihr blieb, von ihm zu träumen – und ein wenig mit ihm zu flirten.
Darauf freute sie sich jeden Morgen. Sogar die Arbeit
Weitere Kostenlose Bücher