Cocaine oder die Lust zur Hingabe
Designeranzug, der hinter der Glasfront von Callaghans Büro saß und mit dem Boss sprach.
„FBI, Sonderdezernat Rauschgift.", antwortete Woolley trocken wie immer.
„FBI? Wegen dem Dunkan-Fall?" Woolley nickte.
„Verdammt, ich untersuche die Sache und ich habe keine Lust, dass sich so einer an meine Fersen heftet. Darauf läuft es doch hinaus, oder?"
„Sollst gleich reingehen zum Boss.", bestätigte Woolley.
„Wie heißt er denn überhaupt? Mensch Woolley, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen."
„Meinetwegen ... er heißt Aidan Robineaux."
„Robineaux? Was ist das denn für ein Name?"
„Französisch, kommt aus der Gegend von New Orleans, Baton Rouge oder so. Sag bloß, du hast noch nie von Aidan Robineaux gehört. Der Mann ist eine Legende. Hat schon mehr Undercovereinsätze gefahren, als sonst jemand im FBI. Und seine Aufklärungsquote soll phänomenal sein. Der kriegt jeden früher oder später."
„Brauchst gar nicht so großspurig zu tun. Als ob ich nicht auch weiß, was ich tue. Und mit dem soll ich zusammenarbeiten?" Er betrachtete angewidert die spitzen Stiefel, die unter den schwarzen Röhrenhosen hervorkamen.
„Was ist das? Schlangenleder?"
„Frag ihn doch selbst. Hast ja demnächst genug Zeit dazu."
***
„Also, wie gesagt, Sie werden schon mit ihm auskommen. Er ist ein Querkopf, aber clever. Obwohl er noch so jung ist, hat er die beste Aufklärungsquote hier im Revier. Was ihm an Erfahrung fehlt, macht er durch Einfallsreichtum wett."
Callaghan, strich sich mit dem gekrümmten Zeigefinger über seinen nicht vorhandenen Schnurrbart. Er hatte ihn vor ein paar Tagen auf Drängen seiner Frau abgenommen und vermisste ihn noch. Lange hatte er sich gegen Helens Wunsch gewehrt, doch er gab sich geschlagen, als sie meinte, sie wolle ihn endlich einmal ungestört und ausgiebig küssen können wie zu der Zeit, als sie sich kennen lernten. Wenn das kein verlockender Grund war! Und eines Morgens nahm er den
Schnurrbart dann kurzentschlossen ab.
Das beste war, dass es ihr hinterher beim Frühstück nicht einmal auffiel. Ihre selbstverständliche Vertrautheit ließ es nicht zu, dass solch unwichtige Dinge wie das Aussehen noch eine Rolle spielten in ihrer Beziehung.
Wohlwollend betrachtete er den Special Agent, der ihm da ins Dezernat geschneit war. Groß und drahtig mit langen Beinen saß er in dem kleinen, klapprigen Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch und hielt seiner Musterung in aller Ruhe stand. Sein Kinn zeugte von Durchsetzungsvermögen, seine viel zu langen Haare von Eigensinn und seine schönen Augen mit den langen Wimpern ließen auf mehr Sensibilität schließen, als sein Pokerface zeigen wollte.
Während des Gesprächs versuchte Callaghan, ihn einzuschätzen, und ihm gefiel, was er sah. Er hielt ihn für einen der wenigen Menschen, die zwar leidenschaftlich sein konnten, aber innerlich immer unabhängig bleiben würden. Er kannte Aidan, weil er sich selbst kannte. Auch er fühlte diesen inneren Abstand zu den Menschen, sogar zu seinen Eltern. Die Distanz machte ihn unabhängig von
fremden Meinungen und befähigte ihn, über Kränkungen und Verluste schneller hinwegzukommen. Ein starker Charakter, ja das war es, Aidan hatte einen starken Charakter. Das machte einsam aber auch frei.
In seinem eigenen Leben gab es allerdings eine Ausnahme: Helen. Ihr gegenüber hatte es vom ersten Augenblick an nur Vertrautheit gegeben, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit als kenne er sie schon sein ganzes Leben lang. Sie existierte nicht getrennt von ihm wie alle anderen, sie war wie ein Teil seiner selbst.
Ob Aidan je so lieben würde? Noch hatte er diese Erfahrung nicht gemacht. Sein Blick war kühl. Das würde sich ändern, wenn er die andere Hälfte seiner Seele fand. Wenn er sie fand. Es war eine Gnade. Manchmal kam es ihm vor wie ein Wunder, Helen gefunden zu haben, die ihm so ähnlich war im Denken und Fühlen und doch auch wieder ganz anders. Viel Temperament hatte sie ... lächelnd verlor er sich einen Augenblick in seinen Erinnerungen, er liebte seine Frau mehr als sein Leben.
Callaghan seufzte. Langsam wurde er alt. Er erwischte sich dabei, manchmal so wie jetzt mitten in einem Gespräch in den Sog seiner Gedanken und Träume zu geraten.
Als er aufblickte, starrte Aidan durch die Scheiben seines Büros. Dort hinten hatte es den üblichen morgendlichen Tumult bei Joes Erscheinen gegeben. Jetzt sah Callaghan ihn bei Woolley stehen.
Joe war ein hübscher Junge, der
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