Cocktail fuer einen Vampir
lang herrschte Schweigen. Alle vier Vampire starrten mich an, als hätte ich ihnen gerade einen Eimer voll Schweinegedärm offeriert. Ich tat mein Bestes, um naiv und ernst zu wirken.
»Er war nicht mein Lieblingsvampir«, sagte Felipe nach einer Pause, die fünf Stunden lang gewesen zu sein schien. »Aber er war sehr nützlich.«
»Und Sie haben sicher bemerkt«, erwiderte ich, »dassin Victors Fall ›nützlich‹ ein Synonym für ›Geldgrab‹ war. Denn von Leuten, die in Vic’s Redneck Roadhouse bedienen, habe ich beispielsweise gehört, dass sie unterbezahlt sind, aber mit Arbeit überlastet, sodass unter den Angestellten ein großes Kommen und Gehen herrscht. So etwas ist nie gut fürs Geschäft. Und einige der Lieferanten sind bis heute nicht bezahlt worden. Und auch beim Großhändler ist das Vic’s im Rückstand.« (Das hatte Duff mir zwei Lieferungen zuvor verraten.) »Obwohl Victor also einen großartigen Start hingelegt hat und allen Bars in der Umgebung Gäste abspenstig machen konnte, hat das Vic’s doch nicht genug Stammgäste anlocken können, um eine so große Bar am Laufen zu halten, und ich weiß, dass die Einnahmen eingebrochen sind.« Das war eine reine Vermutung, doch Horsts Miene sah ich an, dass ich recht hatte. »Das Gleiche gilt für seine Vampir-Bar. Warum der bekannten Vampir-Bar Fangtasia, die ein Touristenmagnet ist, Gäste abspenstig machen? Teilen ist nicht dasselbe wie Multiplizieren.«
»Sie erteilen mir eine Lektion in Sachen Geschäft?« Felipe beugte sich vor, griff nach einer der geöffneten True-Blood-Flaschen und nahm einen Schluck, ohne den Blick von meinem Gesicht abzuwenden.
»Nein, Sir, so etwas würde ich nie wagen. Aber ich weiß, was vor Ort geschieht, weil die Leute mit mir reden oder ich es in ihren Gedanken lese. Dass ich all das über Victor mitbekommen habe, bedeutet aber natürlich nicht, dass ich weiß, was ihm zugestoßen ist.« Ich lächelte ihn sanft an. Sie lügender Drecksack.
»Eric, hat diese junge Frau Ihnen eigentlich gefallen? Als sie hierherkam, sagte sie, sie sei angerufen worden, um Ihnen zu Diensten zu sein.« Felipe wechselte plötzlichdas Thema, jedoch ohne den Blick von mir abzuwenden. »Was mich etwas überraschte, denn ich war der Ansicht, dass Sie mit Miss Stackhouse hier verheiratet sind. Aber die junge Frau schien ja eine nette Abwechslung für Sie zu sein. Sie hat einen so interessanten Duft verströmt. Wenn sie nicht für Sie reserviert gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht für mich selbst genommen.«
»Sie wären Ihr sehr willkommen gewesen«, erwiderte Eric mit vollkommen tonloser Stimme.
»Sie hat zu Ihnen gesagt, sie sei angerufen worden?« Ich war verdutzt.
»Das hat sie gesagt«, bestätigte Felipe. Sein Blick war auf mein Gesicht fixiert, so als wäre er ein Adler und ich die Maus, die er sich als Abendessen ausgesucht hatte.
Auf einer Ebene meiner Gedanken dachte ich darüber nach: Mein Eintreffen war verzögert worden, diese Frau hatte gesagt, sie sei extra für Eric telefonisch herbestellt worden … Doch auf einer anderen Ebene bedauerte ich, dass ich Felipe das Leben gerettet hatte, als einer von Sophie-Annes Bodyguards schon kurz davor war, ihn zu töten. Ich bedauerte es enorm . Okay, ich hatte vor allem Eric das Leben gerettet, und Felipe war nur die Begleiterscheinung gewesen, aber dennoch … Wieder auf Ebene eins angelangt, erkannte ich, dass nichts von all dem einen Sinn ergab. Also lächelte ich Felipe nur um so strahlender an.
»Sie sind wohl etwas schlicht gestrickt, was?«, sagte Horst skeptisch.
Ich habe Sie nur schlicht satt, dachte ich, wagte es aber nicht, das Wort zu ergreifen.
»Horst«, warnte Felipe ihn, »fassen Sie Miss Stackhouses fröhlichen Gesichtsausdruck nur nicht als Zeichen geistiger Schwäche auf.«
»Natürlich nicht, Euer Majestät.« Horst versuchte, eine verlegene Miene aufzusetzen, doch es gelang ihm nicht so recht.
Felipe sah ihn scharf an. »Ich darf Sie wohl daran erinnern, dass Miss Stackhouse – wenn mich nicht alles täuscht – entweder Bruno oder Corinna ausgeschaltet hat. Nicht einmal Pam wäre mit beiden gleichzeitig fertiggeworden.«
Ich lächelte immer weiter.
»Welcher von beiden war es, Miss Stackhouse?«
Und wieder herrschte angespanntes Schweigen. So langsam wünschte ich mir, wir hätten Hintergrundmusik. Alles wäre besser gewesen als diese tote Atmosphäre.
Pam setzte sich auf und sah mich fast entschuldigend an. »Bruno«, sagte Pam. »Sookie hat
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