Cocktail fuer einen Vampir
nicht mehr gesehen.«
»Ich habe ihn in der Küche getroffen«, erzählte ich. »Wir haben uns kurz unterhalten.« Ein Hirnmuster erregte meine Aufmerksamkeit. »Es steht jemand vor der Haustür.«
Eric ging an die wenig benutzte Vordertür, und da ich sowieso in seinem Schlepptau hing, trottete ich mit. Eric riss die Tür auf. Draußen auf der Veranda stand eine Frau mit einer albern in der Luft schwebenden Hand da, so als wollte sie gerade anklopfen.
Sie sah Eric an, und ich konnte ihre Gedanken lesen. In den Augen dieser Frau war er schön, widerlich, abstoßend und seltsam faszinierend zugleich. Dass sie ihn »schön« und »faszinierend« fand, gefiel ihr überhaupt nicht. Und ihr gefiel auch nicht, auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein.
»Mr Northman?«, sagte sie, und ihre Hand fiel wie ein Stein herab. »Ich bin Detective Cara Ambroselli.«
»Detective Ambroselli, Sie scheinen schon zu wissen, wer ich bin. Dies ist meine Liebste, Sookie Stackhouse.«
»Liegt wirklich eine Leiche vorn auf dem Rasen?«, fragteich. »Wer ist es?« Die Neugier und die Aufregung in meiner Stimme musste ich nicht vortäuschen. Ich wollte es wirklich wissen.
»Wir hatten gehofft, da könnten Sie uns helfen«, sagte Detective Ambroselli. »Wir sind ziemlich sicher, dass die tote Person aus Ihrem Haus kam, Mr Northman.«
»Warum glauben Sie das? Sind Sie sicher, dass es dieses Haus war?«, entgegnete Eric.
»Vampirbisse am Hals, Partykleid, Ihr Vorgarten. Ja, wir sind ziemlich sicher«, gab Ambroselli trocken zurück. »Wenn Sie bitte einfach mal mitkommen, aber bleiben Sie auf den Steinplatten …«
Die in regelmäßigen Abständen in den Rasen eingelassenen Steinplatten führten im Bogen zur Auffahrt. Das dunkle Grün und tiefe Rosarot der Kräuselmyrten wirkte wie abgestimmt auf das rosa-grüne Kleid der Toten. Sie lag direkt davor, leicht auf die linke Seite gedreht, eine Position, die auf beunruhigende Weise jener glich, mit der sie auf Erics Schoß gelegen hatte, als ich sie zum ersten Mal sah. Ihr dunkles Haar war ihr über den Hals gefallen.
»Das ist die Frau, die keiner kannte«, sagte ich. »Das glaube ich jedenfalls. Ich habe sie nur einen Augenblick lang gesehen. Ihren Namen hat sie mir nicht gesagt.«
»Was hat sie getan, als Sie sie sahen?«
»Sie hat meinem Freund hier etwas Blut gespendet«, sagte ich.
»Sie hat ihm Blut gespendet?«
»Ja, sie ließ ihn ihr Blut trinken«, erklärte ich. »Sie hat gesagt, das habe sie schon öfter gemacht, und sie hat’s gern getan.« Meine Stimme klang völlig ruhig und sachlich. »Auf jeden Fall hat sie’s freiwillig getan.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
»Das soll wohl ein Witz sein«, erwiderte Cara Ambroselli, aber nicht so, als wäre sie amüsiert. »Sie standen einfach da und ließen Ihren Freund Blut aus dem Hals einer anderen Frau saugen? Während Sie selbst … was gemacht haben?«
»Es geht um Nahrung, nicht um Sex«, erklärte ich, mehr oder weniger lügend. Es ging wirklich um Nahrung, aber meistens ging es eben auch eindeutig um Sex. »Pam und ich haben uns über Mädelskram unterhalten.« Ich warf Pam ein Lächeln zu. Und hoffte, dass es »gewinnend« wirkte.
Pam sah mich mit sehr beherrschter Miene an. Vielleicht würde sie auf genau diese Weise tote Kätzchen betrachten, dachte ich. »Mir gefällt die Farbe von Sookies Nagellack auf ihren Zehennägeln. Wir haben über Pediküre geredet.«
»Sie beide haben also über Ihre Zehennägel geredet, während Mr Northman sich von dieser Frau nährte, und das in ein und demselben Zimmer. Wie gemütlich! Und dann was, Mr Northman? Nachdem Sie Ihren kleinen Snack eingenommen hatten, haben Sie ihr einfach etwas Geld gegeben und sie weggeschickt? Haben Sie Mr Compton gebeten, sie zum Auto zu bringen?«
»Geld?«, fragte Eric. »Detective, wollen Sie diese arme Frau etwa eine Hure nennen? Ich habe ihr natürlich kein Geld gegeben. Sie kam auf die Party, bot sich freiwillig an, und dann sagte sie, sie müsse gehen, und sie ging.«
»Was hatte dann sie von dieser kleinen Transaktion?«
»Entschuldigung, Detective, dazu kann ich etwas sagen«, warf ich ein. »Blut zu geben ist wirklich sehr angenehm. Meistens.« Denn das hing natürlich von dem Vampir ab, der zubiss. Ich warf Eric einen Blick zu. Er hattemich auch schon mal gebissen, ohne darauf zu achten, ob es mir Spaß machte, und das hatte höllisch wehgetan.
»Warum haben Sie sich dann nicht als Spenderin angeboten, Ms Stackhouse?
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