Cocktail fuer einen Vampir
Affären mit anderen Vampiren gehabt, und diese waren wohl gleichberechtigter gewesen, aber nur kurz. Das war alles, was ich wusste. Eric war keiner, der prahlte; sexuelle Beziehungen waren für ihn einfach eine Selbstverständlichkeit.
Ich war schon wieder viel ruhiger. Was wirklich sein Gutes hatte. Schließlich stand ich allein mit einem Mann in einem Zimmer, den ich vor ein paar Minuten noch erwürgen wollte. Und auch wenn uns keine Blutsbande mehr verbanden, kannte Eric mich gut genug, um zu wissen, dass er jetzt das Wort ergreifen konnte.
»Es war doch nur Blut«, sagte er. »Ich war so ungeduldig und hungrig, du hattest dich verspätet, und ichwollte mich nicht gleich in dem Moment auf dich stürzen und zubeißen, wenn ich dich sehe. Sie kam herein, während ich wartete, und da dachte ich, ich nehme schnell einen Schluck. Sie roch so verlockend.«
»Du wolltest mich also schonen «, erwiderte ich und ließ den Sarkasmus meiner Worte durchscheinen. »Verstehe.« Doch ich zwang mich, nicht noch mehr zu sagen.
»Ich habe ganz spontan gehandelt.« Und dann presste er die Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch eine feine Linie bildeten.
Ich dachte darüber nach. Auch ich handelte manchmal ganz spontan. Zum Beispiel bin ich früher, wenn ich mal derart wütend oder derart verletzt war wie jetzt, einfach gegangen – nicht weil ich das letzte Wort behalten wollte oder auf einen dramatischen Abgang setzte, sondern weil ich allein sein musste, um mich wieder zu beruhigen. Ich holte einmal tief Luft. Dann sah ich Eric in die Augen. Mir wurde klar, dass wir uns beide die größte Mühe geben mussten, um das hier hinter uns zu lassen, jedenfalls für heute Abend. Ganz unwillkürlich hatte ich den raffinierten Geruch erkannt, der Erics Sinne quasi gefangen genommen haben musste.
»Sie selbst ist schon ein halbes Wergeschöpf, und sie wurde zusätzlich mit dem Duft von Elfenblut getränkt, damit du sie noch stärker begehrst«, sagte ich. »Sonst hättest du ein besseres Gespür gehabt, glaube ich. Es war eine Falle. Sie kam hierher, weil sie viel Geld damit zu verdienen hoffte, dass du ihr Blut trinkst, und vielleicht auch, um mit ihrem eigenen Todeswunsch zu flirten.«
»Wird es dir gelingen, den weiteren Abend über so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre zwischen uns?«, fragte Eric.
»Ich werde mein Bestes tun«, erwiderte ich, bemüht, nicht bitter zu klingen.
»Mehr kann ich nicht verlangen.«
»Du scheinst ja keinen Zweifel daran zu haben, dass du dem gewachsen bist«, bemerkte ich. Doch dann schloss ich einen Augenblick lang die Augen und riss mich mit all der Selbstkontrolle, die ich aufbringen konnte, zusammen. Sei vernünftig, redete ich mir zu. »Wenn ich also hier bin, um Felipe offiziell willkommen zu heißen, und er vermutlich über das ›Verschwinden‹ von Victor mit uns reden will, wann wird dann dieser ganze Rummel im großen Zimmer aufhören? Und nur damit du’s weißt, wegen des Couchtisches bin ich ernsthaft sauer.«
»Ich auch«, sagte er mit unverkennbarer Erleichterung. »Ich sage Felipe, dass wir heute Abend noch miteinander reden müssen. Jetzt.« Er sah mich an. »Liebste, lass dich nicht von deinem Stolz beherrschen.«
»Nun, ich und mein Stolz wären beide höchst erfreut, wenn wir uns in mein Auto setzen und nach Hause fahren könnten«, erwiderte ich, und es fiel mir schwer, meine Stimme gesenkt zu halten. »Aber ich nehme an, ich und mein Stolz werden wohl die Mühe auf uns nehmen, hierzubleiben und den Abend zu überstehen, wenn du endlich dafür sorgen würdest, dass die alle lange genug mit dieser Herumvögelei aufhören, um sich dem Geschäftlichen zuwenden zu können. Sonst kannst du mich und meinen Stolz nämlich mal kreuzweise.«
Und mit diesen Worten stapfte ich ins Badezimmer und schloss die Tür sehr leise, aber bestimmt hinter mir. Und schloss auch ab. Ich hatte genug vom Reden, zumindest im Moment. Ich brauchte ein paar Minuten, in denen ich unbeobachtet war.
Auf der anderen Seite der Tür herrschte Stillschweigen. Ich setzte mich auf den Toilettendeckel. In mir tobten so viele widerstreitende Gefühle, dass mir zumute war, als würde ich auf meinen hochhackigen schwarzen Sandaletten durch ein Minenfeld gehen. Ich sah auf meine lackierten Zehennägel hinab.
»Okay«, sagte ich zu diesen Zehen. »Okay.« Ich holte tief Luft. »Du wusstest doch, dass er das Blut anderer Leute trinkt. Und du wusstest, dass ›anderer Leute‹ auch ›anderer
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