Coco - Ausbildung zur 0
Perversion auszuheben. Sie hatten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Baptiste und seine Gefolgsleute zu finden. Die Gruppe, in der sich Xavier, Dianne und ihre Freunde bewegten, hielt zusammen und war von brüderlicher Fürsorge getrieben. Man kannte sich, man schätzte sich, und wenn einem Mitglied etwas zustieß, waren alle alarmiert und bereit zu helfen. Es hatte sich ausgezahlt, dieses System im Verborgenen, und so hatten sie schnell herausgefunden, wer hinter dieser Aktion steckte.
Dianne lehnte sich an die Wand hinter Xaviers Schreibtisch und ließ die letzten Wochen und speziell die Tage der Entführung Revue passieren. Sie schloss für einen Moment die Augen, doch das Bild Xaviers, wie er sich vor Sorge um seine Geliebte krümmte, ließ sie die Augen aufreißen. Nein, das musste sie nicht noch einmal sehen!
Die Gruppe um Baptiste nannte sich „Innerer Zirkel von Roissy“. Welch schamloser Gebrauch dieser ehrwürdigen Literatur! Das, was dort hinter verschlossenen Türen geschah, hatte damit so viel zu tun wie eine Pizza mit einem Kuchen. Sicher, harmlos war die Romanvorlage bestimmt nicht. Aber die Geschichte basierte auf der Annahme, dass eine Frau aus Liebe dazu bereit sein konnte, ihr Leben vollkommen aufzugeben und in einem neuen zu erstarken. Konnte man sich etwas Größeres oder Schöneres in einer Beziehung wünschen? Dianne lächelte schwach. Wenn sie und ihr Alex auch nur annähernd einen solchen Status quo in ihrer Liebe erreichen würden, wäre sie die stolzeste Frau dieser Welt.
Sie dachte an Coco. Ja, vor ihrer Entführung war Coco beinahe eine O gewesen. Selbstbewusst und liebevoll Xavier untergeben. Coco und Xavier waren das perfekte Yin und Yang in dieser Verbindung. Äußerlich die toughe Geschäftsfrau, konnte Coco sich in ihrer Zweisamkeit mit Xavier absolut hingeben und von ihm führen lassen. „Die beiden waren perfekt“, dachte Dianne ohne Neid. Und sie würden die Entführung in den nächsten Monaten als das ablegen, was es war: ein Unglück, das es zu bewältigen galt. Sie würden es schaffen. Coco und Xavier. Wenn nicht diese beiden, wer sonst?
Diannes Mobiltelefon läutete leise, und sie holte es aus der Tasche ihres Blazers. Sicherlich wäre es Alex, der sie fragen würde, wann sie heimkäme. Doch die Nummer auf dem Display war eine andere. Eine aus ihrem Bekanntenkreis. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie den Anruf annahm.
25
Xavier blieb einen Moment vor der Tür zu Cocos Zimmer stehen. Sie brauchte einen Raum der Ruhe, das wusste er. Doch die Tatsache, dass sie sich immer wieder hinter dieser Tür verschanzte, trieb ihn in die Verzweiflung. Er wollte helfen. Ihr helfen, den Weg zurück ins Leben – in ein gemeinsames Leben vielleicht – zu finden. Aber ihrem Wunsch nach einer Tür, die sie hinter sich schließen konnte, war er gern nachgekommen. Sie hatte sich in den Monaten ihrer Beziehung zwar stark verändert, doch das Bedürfnis nach zeitweiser Einsamkeit hatte sich bei ihr gehalten. Nun lehnte er mit dem Kopf an der Tür, die Klinke in der Hand und sammelte die letzten Überreste seines Mutes, um den Raum hinter dieser Tür zu betreten. Er musste stark sein. Für sie. Aber er war mit seiner Kraft am Ende, und es kostete ihn immer mehr Überwindung, ihr gegenüberzutreten. Ein letztes Mal holte er tief Luft, klopfte und steckte dann mit einem Lächeln auf den Lippen den Kopf zur Tür herein.
Coco hatte auf der Récamiere Platz genommen, die vor dem Fenster stand. Ihre Beine leicht angewinkelt, ein Buch in den Händen, lächelte nun sie ihn an. Xavier konnte den Anblick kaum ertragen. Sie lächelte ihn an und versuchte, tapfer zu sein. Langsam ging er auf die kleine zarte Frau zu. Die Sonne ging gerade unter und tauchte das Zimmer in ein warmes goldfarbenes Licht, das Cocos rote Haarpracht leuchten ließ und sie selbst in einen unwirklichen Schimmer tauchte. Coco hatte sich heute für ein Kleid in unschuldigem Weiß entschieden, und das Lichtspiel um sie herum tauchte sie in einen diffusen, unwirklich erscheinenden Lichterkranz. „Wenn ich ein Maler wäre …“, dachte Xavier.
„Was hast du heute gemacht?“, fragte er und küsste sie leicht auf die Stirn. Er nahm neben ihr Platz, legte ihre Beine über seine und hielt ihre Hand.
„Nicht viel“, sagte sie leise. „Ich versuche, mich durch dieses Buch zu quälen, die Sicherheitstypen davon abzuhalten, alle zwei Minuten die Tür aufzureißen, nur damit sie sehen können, dass ich immer noch hier
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