Coco - Ausbildung zur 0
ihrer Entführung erdulden musste. Ekel hatte ihn übermannt, und während ihrer Erzählung musste er sich das ein oder andere Mal abwenden, um seinen Schmerz und seinen Hass zu verbergen. Wie konnte das alles passieren? Das fragte sich Xavier bereits zum hundertsten Mal. Er war doch nur zwei Tage fort gewesen. Zwei Tage, in denen sie auf sich selbst gestellt war und er nicht auf sie aufpassen konnte. Zwei Tage, die in einem Grauen endeten.
Das Sondereinsatzkommando hatte sie gefunden – und nicht nur sie. Aus diesem Schloss in der Auvergne waren insgesamt zehn Frauen befreit worden, die alle ein ähnliches Schicksal erlitten hatten wie seine Coco. Einige machten dieses grausame Schauspiel schon zum zweiten Mal durch. Sie waren von ihren Herren dorthin gebracht worden, damit man sie richtig erzöge.
Xavier blieb die Luft weg, wenn er an diese Form des Exzesses dachte, die so gar nichts mit dem zu tun hatte, was er leben wollte. Und nun war sie, die Frau, die er über alles liebte, Opfer geworden. Opfer perverser Gelüste, die auch ihn umtrieben, die er aber nur dann mit ihr ausleben wollte, würde und könnte, wenn sie es auch wollte. Hier war sie entführt worden, war zu Dingen gezwungen worden, die so unbeschreiblich waren, dass sich ihm das Herz verkrampfte.
Immer und immer wieder fragte er sich, wie krank diese Männer waren, dass sie zu so etwas fähig waren. Dann lachte er bitter, denn er war es ja auch. Was hatte er Coco im Namen seiner Liebe zu ihr und der Gier, ihren Körper zur höheren Lust zu führen, nicht schon alles angetan? Schläge, Schmerzen und Pein. All das hatte sie für ihn durchlitten, und es hatte sie zur höchsten Lust geführt. Er, ja er hatte es ihr angetan und er war mindestens genauso krank wie diese Verbrecher.
Das Polizeikommando hatte sie in ihrem Kerker gefunden. Mit nassen Haaren, gefesselt an ein Bett mit Strohballen als Matratze und Säcken als Überzügen. An den Wänden Handschellen und Fesseln. Ihr Körper war übersät mit blauen Flecken und blutigen Striemen. Coco hatte nicht reagiert, als man sie auf eine Trage legte und in einen Krankenwagen geschoben hatte. Sie hatte tagelang wie im Dämmerzustand in ihrem Krankenhausbett gelegen und an die Decke gestarrt. Äußerlich hatte sie sich schnell zu der Coco zurückentwickelt, die Xavier liebte. Aber welche Spuren hatte ihre Seele davongetragen?
Sie hatte so Unvorstellbares erleiden müssen. Xavier war verzweifelt, als er das Tonband mit den Aufzeichnungen von Cocos Therapiegesprächen endlich abschaltete. Ihre Stimme, die so zart von diesem Tonband durch den Raum klang und die von diesen schrecklichen Tagen erzählte, hallte in seinem Ohr nach und brachte ihn zum Weinen.
Was sollte jetzt werden? Wie sollte sie jemals wieder zu ihm finden? Was hatten sie ihr angetan? Xavier lehnte sich zurück, stützte sein Kinn auf seine Hand und sah zum Fenster hinaus. Sein Büro in der Galerie war für ihn der Zufluchtsort in diesen Tagen nach ihrer Entführung. Zu Hause wurde sie bewacht. Ein privater Sicherheitsdienst. Das war das Mindeste, was er tun konnte, denn einige der Schweine waren bei der Erstürmung des Schlosses entkommen. Wer konnte ahnen, was diese Menschen nun umtrieb? Da wollte er sichergehen, dass Coco geschützt war, wenn er außer Haus war. Tage, Wochen und Monate waren vergangen, und immer noch hielt er es so wie am ersten Tag ihrer Befreiung. Sie wurde rund um die Uhr bewacht. Von ihm, von denen, die er bezahlte. Ging sie vor die Tür, dann folgten ihr ihre Schatten. Coco hasste es, aber Xavier ließ keinen Widerspruch zu. Nicht noch einmal so etwas durchleben müssen! Nicht noch einmal!
„Wie geht es dir?“, fragte Dianne leise. Sie hatte schon eine ganze Weile in der Tür gestanden und ebenso wie Xavier fassungslos der Beschreibung der Entführung zugehört.
„Ich weiß es nicht“, sagte Xavier, und er meinte es so. Hilflos, traurig und ohne Zuversicht saß er dort und sah zum Fenster hinaus. „Ich habe mich noch nie so gefühlt, Didi“, sagte er mit einem Zittern in der Stimme. „Ich weiß, ich muss sie auffangen. Aber wie soll ich das tun, wo ich doch auch so ein Schwein bin?“
Dianne zuckte erschrocken zusammen. Sie kannte den Mann dort am Tisch seit Jahren, und wenn er eines sicherlich nicht konnte, dann sich mit diesen Leuten vergleichen oder sich gar darauf zu reduzieren, sich mit ihnen auf eine Stufe zu stellen. Mit einem Schritt war sie bei ihm und legte eine Hand auf seinen Arm.
„Tu
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