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Coco - Ausbildung zur 0

Coco - Ausbildung zur 0

Titel: Coco - Ausbildung zur 0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Riba
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mir den Gefallen, und rede nicht so einen Unfug!“ Xavier lachte verbittert.
    „Sieh doch die Parallelen, Dianne! Sieh sie dir an, und sag mir, was mich von denen unterscheidet! Ich habe ihr das Gleiche angetan.“
    Xavier sank in seinem Stuhl in sich zusammen. Von der großen, aristokratischen Gestalt war nichts mehr übrig geblieben. Schon an dem Tag, an dem für alle klar gewesen war, dass Coco entführt wurde, schien die ganze Last dieser Welt auf seinen Schultern zu liegen und ihn zu erdrücken. Er konnte nicht mehr frei atmen und zuckte bei jeder Kleinigkeit zusammen. Xavier war ein Schatten seiner selbst und seine Erscheinung bemitleidenswert. Doch Dianne wollte und konnte ihm nicht gestatten, sich zu verlieren. Dieser großartige Mensch, der nicht nur ihr so viel gegeben hatte, konnte und durfte sich nicht aufgeben!
    „Meinst du nicht, dass Coco den Unterschied kennt?“, fragte sie vorsichtig, und ihre Lippen umspielte ein nachsichtiges Lächeln. Natürlich konnte sie verstehen, dass Xavier sich und das, was er war, für den Moment in Frage stellen würde. Aber er durfte diese Frage nicht zu einem endlosen Kreis werden lassen.
    „Ich weiß es nicht, und ich will sie – ehrlich gesagt – auch nicht unbedingt fragen. Es geht hier schließlich nicht um mich.“ Dianne nickte.
    „Natürlich geht es nicht nur um dich“, sagte sie, ging neben ihm in die Hocke und drehte den Stuhl, auf dem er saß, so, dass er sie ansehen musste. „Es geht um euch, um das, was ihr seid. Ihr werdet in den nächsten Wochen, ja vielleicht auch Monaten keinerlei Verlangen nach dem verspüren, was ihr noch bis vor kurzem geteilt habt – was nicht nur ihr beide miteinander geteilt habt. Ihr wart großzügig und so liebevoll, es mit uns allen zu teilen.“
    Dianne lächelte, aber ihr Ton war, während sie sprach, strenger geworden. „Dass es diese Strömung gibt, Xavier, das wusstet du und Coco auch. Wir alle wussten es. Und wir haben uns davon ferngehalten, weil es nicht das ist, was wir für uns als richtig und gut erachtet haben. Denn nur das, was wir für uns als richtig und gut empfinden, ist es auch. Und deshalb solltest du dir immer wieder sagen: Es ist richtig und gut. Wir haben alle, nachdem wir uns offenbart hatten, einen gewaltigen Sprung in unseren persönlichen Entwicklungen gemacht. Das können wir uns doch nicht nehmen lassen!“
    Sie streichelte über seinen Arm, nicht glaubend, dass auch nur ein Wort von dem, was sie sagte, ihn erreichte.
    „Sieh doch nur Coco an! Sie war eine hübsche junge Frau, die sich nicht getraut hat, dir zu sagen, dass sie dich liebt. Die sich vor sich selbst versteckt hat und lieber auf Lust verzichtete, als sich auf die Suche nach ihrem Selbst zu machen. Jetzt ist sie eine Göttin, die nicht nur von dir verehrt wird. Sie ist selbstbewusst, ihre Fähigkeit, mit den Menschen um sie herum umzugehen, ist so ausgeprägt, dass ich mich manchmal frage, wo diese Frau in ihr versteckt war.“ Dianne lächelte versonnen. „Sie ist durch diese schrecklich Sache nicht gebrochen, Xavier“, versuchte sie ihn aufzumuntern, „du wirst dich noch wundern, wozu sie fähig ist!“
    Xavier beugte sich zu ihr herunter und küsste sie auf die Stirn.
    „Genau davor habe ich Angst“, sagte er, stand auf und ging.
     
    Dianne sah ihm nach und ließ sich dann auf den Boden plumpsen. Wie immer in den letzten Tagen und Wochen, wenn sie über die Entführung und Cocos Schicksal nachdachte, überkam sie diese unendliche Wut, die darin gipfelte, sich auszumalen, was sie mit diesem Baptiste anstellen würde, sobald er ihr in die Hände fallen würde. Wunschdenken, das wusste sie, aber ein ungemein befriedigendes. Sie hoffte, nein, Dianne betete, dass sie diesen Mann so schnell wie möglich finden würden. Denn er war einer derjenigen, die bei dem Polizeieinsatz fliehen konnten. Wie ungerecht Dianne das empfand, musste sie niemandem erklären. Alle in Cocos und Xaviers näherer Umgebung dachten genauso.
    Und als wären sie eine große Familie, hatten sie sich geschworen, diesen Mann ausfindig zu machen. „Es hat schon einmal funktioniert“, dachte sie, „sonst wäre Coco womöglich tatsächlich verkauft worden.“ Kaum hatten sie die Gewissheit gehabt, dass die junge Frau entführt worden war, war Baptiste auch schon in Verdacht geraten. Die Gerüchteküche kochte, und die Hinweise halfen der Polizei, die zunächst ungläubig über diese Subkultur die Hände in den Schoß legen wollte, dabei dieses Nest der

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