Coconut Caye - Insel der Lust
ergeben, dass man ihn mochte, weil er sich in der Schule für vieles engagiert hatte. Doch er hatte keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, ob er beliebt war oder nicht. Die Mädchen fanden ihn wahrscheinlich süß, aber das interessierte ihn nicht sonderlich.
Während seines letzten Jahres auf der High School hatte er häufig über Sydney Ford nachgedacht. Von Patrick hatte er nicht viel über sie erfahren, außer dass alle sie einen “kalten Fisch” nannten. Als Ray ihn nach dem Grund fragte, hatte sein Bruder einfach mit den Schultern gezuckt und war rausgegangen, um Körbe zu werfen. Für Patrick gab es sowieso nichts außer Basketball.
Doch seit Ray Sydney zum ersten Mal in der Tür des Computerraumes gesehen hatte, ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er hätte selbst nicht sagen können, warum. Außerdem ging er zu jener Zeit regelmäßig mit Mandy Green aus. Also hatte er versucht, möglichst wenig über den Grund nachzudenken.
Doch als er heute Abend in Boom Dailys Garten kam und sich nach den Jungen umsah, mit denen er früher Football gespielt hatte, stand sie auf einmal in einer Ecke, fast eingeklemmt zwischen dem Zaun und einer alten Eiche. In dem Augenblick wusste er, dass seine Chance gekommen war.
Er liebte Herausforderungen, und Sydney Ford war eine wahre Herausforderung. Zum Glück hatte er in seinem ersten Jahr am College einiges dazugelernt, was den Umgang mit Frauen betraf.
Die schlanke Flasche Corona, die er sich in die Tasche gesteckt hatte, erwies sich im Nachhinein als echter Geniestreich. Er ahnte instinktiv, dass Sydney an besseres Bier gewöhnt sein dürfte als den billigen Stoff, den seine chaotischen ehemaligen Mitschüler einkauften. Ihr Sinn für Qualität hatte ihr schließlich zu dem Ruf verholfen, arrogant zu sein. Dabei hatte er nie nachvollziehen können, was an ihr überheblich sein sollte.
Möglicherweise hatte er deshalb nie den Gerüchten über sie Glauben geschenkt, weil sie Izzy Leightons beste Freundin war. Izzy arbeitete, genauso wie Ray, für die Schülerzeitung. Sie hätte Sydney nicht zur Freundin gewählt, wenn sie tatsächlich ein Snob gewesen wäre. Entsprechend hegte er begründete Zweifel an dem, was die anderen über sie sagten.
Ganz abgesehen davon wollte er den Gerüchten nicht trauen, weil er Sydney vom ersten Augenblick an verführen wollte. Wenn man ihn fragte, war sie verdammt heiß für einen kalten Fisch.
Sie waren gerade bei seinem Truck angelangt, der ein Stück weiter die Straße hinunter am Bordstein parkte, als er Polizeisirenen hörte. Sofort hatte er ein ungutes Gefühl. Ein richtig ungutes Gefühl. Er sah Sydney an. “Hast du Lust, woandershin zu fahren?”
Sie schien ein wenig verwirrt zu sein. “Ich dachte, du wolltest feiern.”
Ihm schwebte eine Feier im kleineren Rahmen vor, aber vor allem wollte er vermeiden, dass Sydney sich Ärger einhandelte, weil man sie bei einer Razzia wegen Alkoholkonsums hochnahm. Immerhin war sie minderjährig. Er nickte kurz in die Richtung, aus der die Sirenen kamen.
“Ich schätze, wir sollten besser verschwinden, bevor wir eine Freifahrt zum nächsten Revier riskieren.”
Sie war sichtlich erschrocken und sprang, ohne zu zögern, in den Wagen, als er die Fahrertür öffnete. Vorn war eine durchgehende Sitzbank, und sie rutschte ein Stück auf die andere Seite, damit er einsteigen konnte. Er schaffte es gerade noch, den Motor zu starten und loszufahren, da entdeckte er auch schon die Polizeiwagen im Rückspiegel.
Als sie bei dem Stoppschild am Ende der Straße ankamen, atmete er erleichtert auf und blickte zu Sydney. “Das war knapp.”
Ihr war nicht anzusehen, was in ihr vorging, doch ihre Stimme klang eine Spur ängstlich, als sie sagte: “Na, wenn das keine Überraschung für meine Mutter gewesen wäre. Die einzige Tochter festgenommen wegen Trinkens in der Öffentlichkeit.”
“Ja, und man hätte dir Kurse über Alkoholmissbrauch und gemeinnützige Dienste aufgebrummt. Da ist der Spaßfaktor gleich null. Aber das bleibt dir ja nun erspart, und du kriegst keinen Stress mit deiner Mutter.”
“Irrtum, meine Mutter würde mir gratulieren, weil ich den Mut habe, gegen das Gesetz zu verstoßen. Für sie wäre das ein willkommener Beweis dafür, dass ich doch keine steife Spießerin bin.”
Ray war entsetzt. “Deine Mutter hat dir gesagt, du wärst eine steife Spießerin?”
“Ach, was soll's”, tat sie die Frage ab und schwieg einen Moment. Dann schlug sie die Beine übereinander
Weitere Kostenlose Bücher