Cocoon, Band 01
verschwendet, dich vor mir zu verstecken.«
»Du hättest ja mal Laut geben können«, werfe ich ihm verärgert vor.
»Ich versuche, möglichst wenig Aufsehen zu erregen.« Erik schaut mich finster an, in seinen Augen blitzt Wut, doch er beschleunigt seine Schritte. »Komm.«
»Ich muss in Loricels Atelier«, sage ich ihm, während wir rennen.
»Ich weiß.« Er fasst mich am Arm und treibt mich an.
An der Tür bleibt er stehen und streicht mir eine verirrte Locke aus dem Gesicht. Mit einem Stirnrunzeln betrachtet er meine Füße. »Na schön«, sagt er, »wir werden es so hindrehen: Ich habe dich hier ertappt und bringe dich zu Cormac.«
»Dann bin ich deine Gefangene?«, frage ich.
»Ja, deshalb schau gefälligst verängstigt aus.«
»Das dürfte mir nicht schwerfallen«, murmle ich.
Erik macht die Tür auf, packt mich grob am Arm und zerrt mich hinaus. Dann finde ich mich in einem hell erleuchteten Korridor wieder. Am anderen Ende springen zwei Wachleute auf und kommen auf uns zu.
»Ich habe sie erwischt«, ruft Erik ihnen entgegen. »Ich bringe sie zu Cormac.«
Der ältere der beiden Männer sieht seinen Kameraden an. Beide sind mindestens zehn Jahre älter als Erik.
»Ich habe Zugangsberechtigung für Level achtzehn«, verkündet er und präsentiert ihnen eine Karte aus seiner Hüfttasche.
»Jawohl, Sir«, rufen die beiden, wobei die Stimme des Älteren über das »Sir« stolpert.
Ich richte den Blick zu Boden und lasse die Schultern hängen, während Erik mich fortbringt. Sobald wir um die nächste Ecke gebogen sind, lockert sich sein Griff, aber er lässt nicht los.
»Wie hast du mich gefunden?«, flüstre ich.
»Cormac dreht total durch«, gibt er ebenfalls flüsternd zurück. »Wir haben Alarmstufe drei.«
»Aber woher wusstest du, dass ich dort bin?«
»Als ich dich auf der Begrüßungstour begleitet habe«, sagt er, wobei er einen Blick zurückwirft, »hat Cormac dich mit einem Ortungssender versehen lassen … «
»Nein, das ist nicht wahr.« Ich erinnere mich noch, wie Enora gemeint hat, dass er mir ein Komplant einsetzen wollte, es aber nicht geschafft hat.
»Doch«, versichert mir Erik. »Sie haben ihn dir ins Essen geschmuggelt. Er ist so programmiert, dass er sich in deinem Dünndarm verankert.«
Hektisch fasse ich mir an den Bauch und starre ihn an. »Dann verfolgen sie schon seit Wochen jede meiner Bewegungen?«, frage ich.
»Nein«, sagt Erik und spricht noch leiser. »Ich habe das getan. Ich habe die Akte infiltriert. Jetzt habe nur ich den Ortungslink.«
»Dann hast du … «
»Ja, ich habe jede deiner Bewegungen verfolgt.«
»Aber du hast mich nicht … «
»Ausgeliefert?«, beendet er den Satz für mich. »Wir haben gemeinsame … Verbündete. «
Das letzte Wort kommt so gepresst, dass es mir schwerfällt, ihm zu glauben. Andrerseits ist er jetzt hier. Und plötzlich macht es Klick. In meinem Kopf versteckt sich ein Gedanke, der mir schon einmal beinahe gekommen ist, aber etwas an ihm erscheint mir nicht richtig. Ich forsche in seinen Zügen nach Hinweisen und konzentriere mich auf seine blauen Augen.
»Wen meinst du?«, bohre ich ungeduldig nach. Das Gerede um den heißen Brei geht mir langsam auf die Nerven, doch ich wage es nicht, meinen Verdacht auszusprechen.
»Jetzt ist nicht der richtige Augenblick«, murmelt er. »Ich hoffe, du hast einen guten Plan, um uns hier rauszubringen.«
»Ich sagte doch bereits, dass ich den nicht habe«, fauche ich ihn an.
»Dann denk dir einen aus«, erwidert er. »Bestimmt hast du noch ein paar Tricks auf Lager, denn meine Möglichkeiten sind langsam begrenzt.«
Ich verfalle in Schweigen, während Erik mich durch eine weiße Doppelschwingtür führt. Jetzt sind wir wieder im Hauptkorridor des Konvents, und auf dem dicken Wollteppich rutsche ich nicht mehr. Erik führt mich von den Versammlungsräumen weg. Rasch bewegen wir uns auf den Eingang zu den oberen Ateliers zu. Dieser wird von einigen Männern in den kohlschwarzen Uniformen der Gilde versperrt, und als wir uns nähern, hält einer uns mit erhobener Hand auf.
»Dieser Bereich steht unter Quarantäne, Sir«, verkündet er in geschäftsmäßigem Tonfall.
»Ich weiß«, sagt Erik und schiebt mich vorwärts. »Und das hier ist der Grund dafür.«
»Ähm, da muss ich einmal nachfragen … «
»Cormac hat mich geschickt, um sie zu holen«, sagt Erik. »Aber rufen Sie ihn ruhig an. Er schätzt es ungemein, wenn man ihn warten lässt.«
Der Blick des Wachmanns gleitet von
Weitere Kostenlose Bücher