Code Delta
zurückgezogen wurde, und erwartete, seinen Retter zu erblicken, doch die Waffe verschwand einfach in der Felswand. Ein zweiter Sandfisch stürzte sich voller Blutdurst aus dem Tunnel. Mit einer Schnelligkeit, die King nicht für möglich gehalten hätte, durchstieß der Speer den Schädel auch dieser Echse. Wieder schien er aus einer Art lebenden Wand zu kommen. Eine neue Art von Golem?
Dann bewegte es sich, und King erkannte die schreckliche Wahrheit. Die Kreatur war braun gesprenkelt und perfekt getarnt. In ihrer Reglosigkeit war sie mit der Wand praktisch verschmolzen und unsichtbar.
Das war die Präsenz, die er vorhin gespürt hatte: eine fast drei Meter große Wüstenmantis – eine Fangschrecke.
Sie wandte ihm ihren dreieckigen Kopf zu, in einer gespenstischen Drehung von beinahe dreihundert Grad. Der Blick aus den beiden ovalen Augen bohrte sich in ihn hinein. King spürte, wie das Ding ihn analysierte. Der Kopf zuckte herum, belauerte ihn aus verschiedenen Blickwinkeln. Dann rotierte er zurück in Richtung Tunnel. Die letzten beiden hungrigen Sandfische waren eingetroffen.
Die Gottesanbeterin schleuderte einen der toten Sandfische zur Seite, während einer der Neuankömmlinge sich in ihr Bein verbiss. Doch das gigantische Insekt ließ sich nicht irritieren. Es nahm Maß und durchbohrte den Schädel der riesigen Echse.
Der letzte Sandfisch hatte nur Augen für King, während die Fangschrecke seinen Artgenossen in ein Schisch Kebab verwandelte. Dabei bemerkte das Tier nicht, dass noch eine zweite Mantis auf der Lauer lag. Mit einem Hieb wischte sie den Sandfisch beiseite, so dass er gegen die Wand krachte. Sobald er wieder auf die Füße kam, verdrückte er sich durch einen Seitengang.
Der Kopf der Fangschrecke schwang zu King herum. Er sah, wie sich ihre gefährlichen Vorderbeine spannten. Der Schlag einer Mantis ist einer der rasantesten, gewalttätigsten Vorgänge in der Natur. Schneller, als das menschliche Auge sehen kann, schnappen die Fangbeine zu und klemmen die Beute zwischen Ober- und Unterschenkel fest, beide mit nadelscharfen Stacheln gespickt. Für den Menschen stellen sie normalerweise keine Gefahr dar. Aber bei denen hier waren die kleinsten Stacheln acht Zentimeter lange Klingen. Die längsten kamen an Kings achtzehn Zentimeter langes KA - BAR -Messer heran. Wenn auch nur einer der Schlagarme ihn erwischte, würde er ihn zwanzigfach durchlöchern, vielleicht sogar in zwei Teile schneiden. King hatte nicht vor, es so weit kommen zu lassen.
Er zielte sorgfältig auf die Brust der Kreatur und feuerte einen einzelnen Schuss ab. Sie gab keinen Laut von sich, wich aber einen Schritt zurück. Ihre Glieder zuckten. Der Kopf pendelte hin und her, wie auf der Suche nach dem Verursacher ihres Schmerzes. Als sie nichts fand, blickte sie zurück in Kings Richtung.
Doch der war längst auf und davon.
Der Kopf der Fangschrecke schnellte herum, bis sie ihn entdeckte. King sprang in das trockenen Becken im Zentrum des Atriums und rannte zur gegenüberliegenden Seite. Ein rascher Blick über die Schulter zeigte ihm, dass die Gottesanbeterin eine Art Jagd in Zeitlupe aufgenommen hatte. Bei jedem Schritt schwang der Körper des gigantischen Insekts vor und zurück, als könnte es sich nicht entscheiden. Auch die zweite Mantis hatte die toten Eidechsen liegenlassen und beteiligte sich an der Verfolgung, die einem irren Tanz glich.
King fragte sich, ob sich überdimensionale Gottesanbeterinnen nicht schneller fortbewegen konnten. Doch es erschien ihm unwahrscheinlich. Dies war keine richtige Jagd. Sie mussten etwas wissen, von dem er nichts ahnte. Als er sich nach vorn umwandte, fand er es heraus: Auf der Treppe über ihm wartete eine dritte Fangschrecke, die Vorderfüße wie zum Gebet erhoben.
King tauchte vorsorglich seitlich weg. Das war gut so, denn der Schlag der Gottesanbeterin war so schnell, dass er ihn nicht hätte kommen sehen, bevor sein Körper von messerscharfen Stacheln durchbohrt worden wäre. Selbst seine blitzschnelle Reaktion kam noch einen Tick zu langsam. Der Schlag streifte die Gummisohle seines Stiefels und hätte ihm fast das Bein gebrochen. Er kam aus dem Gleichgewicht und landete unsanft am Fuß der Treppe.
Er ignorierte den Schmerz. Denn die Fangschrecke zog ihre Vorderbeine bereits zum nächsten Schlag zurück. King legte an und schoss, diesmal auf den Kopf, eine Dreiersalve. Alle Kugeln fanden ihr Ziel, drangen in das hervorquellende rechte Auge des Insekts ein und
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