Codename Azteke
zumindest oberflächlich unbelastet von Alter oder Sorgen.
Doch Rosa erinnerte sich daran, dass diesem Mann Kampf und Schmerz in einem Maße bekannt waren, die sich andere kaum vorstellen konnten. Selbst wenn seine Fähigkeiten durch das Alter unzweifelhaft nachgelassen
hatten, konnte sie sich kaum vorstellen, dass Florin sich nicht mehr aufraffen und Kräfte für den nächsten Tag sammeln konnte.
Als sie die Strandvilla erreichte, war es bereits halb elf, und nach einer relativ kühlen Nacht stieg die Temperatur rapide an. Bald würde es achtundzwanzig feuchte Grad warm werden und den ganzen Tag so bleiben.
Florin küsste sie väterlich auf beide Wangen und hielt sie lächelnd an den Händen. Sie versuchte nicht, ihn daran zu hindern.
»Wir können uns eine Weile nach draußen setzen, Rosa. Ich darf Sie doch Rosa nennen, ja?«, fragte er. »Wenn es zu unangenehm wird, können wir immer noch hineingehen.«
»Mir ist es recht«, erwiderte Rosa.
»Besucher aus Europa kommen manchmal mit der Luftfeuchtigkeit hier nicht zurecht.« Er bewunderte ihre Kleiderwahl und nickte zustimmend.
»Es macht mir nichts aus«, erklärte sie. »Ganz bestimmt nicht.« Also setzten sie sich auf die Terrasse.
»Ich habe Fragen gestellt«, begann Florin die Unterhaltung. Rosa sah ihn forschend an und schien ein wenig überrascht, sodass er mit einer Spur von Stolz fortfuhr: »Ich habe ein paar Freunde in Afrika. Und in Spanien und Südamerika ebenfalls. Und sie alle«, erklärte er und sah Rosa herausfordernd an, um ihre Reaktion einzuschätzen, »werde ich anrufen, wenn ich auf die Informationen, die Sie mir gestern freundlicherweise zur Kenntnis gebracht haben, reagieren sollte.«
»Ich verstehe«, sagte sie unverbindlich.
»Unser Freund in Afrika …« Er sprach das Wort so aus, dass es alles andere als Freundschaft bezeichnete. »Er hat
einen ziemlichen Ruf. Er ist mächtig, einflussreich, ja sogar reich, würde ich sagen«, meinte er abschätzig.
»Ich weiß. Es steht in der Akte.«
»Entschuldigung, natürlich.«
»Es sollte in Ihrer Position nicht sehr schwierig sein, eine … gerechte Lösung zu finden«, sagte Rosa.
»Nein.« Ihre Wortwahl schien Florin zu amüsieren. »Nein. Wenn ich das wollte, würde ich noch heute eine dauerhafte Lösung finden.«
Sein Blick wurde hart, und Rosa wusste, dass er das genau so meinte. Er hatte im Kongo und in Mosambik gekämpft. Er hatte in Angola einen Sohn verloren. Nichts konnte Ortiz das Leben retten, egal wie hoch seine Position auch war, wenn Florin seine Brüder in Afrika bat, seine Rechnung zu begleichen.
»Aber die Abrechnung wird zu meinen Bedingungen erfolgen.«
»Sie können nicht selbst dorthin gehen, Mr Florin«, warf Rosa besorgt ein. »Sie sind ihm nicht gewachsen. Er wird Sie umbringen.«
»Ich habe nicht die Absicht, sein Land zu betreten.«
»Es wird wohl genauso schwierig werden, ihn dazu zu bringen, es zu verlassen.«
»Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht«, fuhr Florin fort. »Die Details müssen noch ausgearbeitet werden, aber es ist dennoch ein annehmbarer Plan.«
»Warum erzählen Sie mir das, Mr Florin?«
»Sie könnten mir bei der Umsetzung helfen.«
»Ich werde nichts tun, was den Interessen meines Landes zuwiderläuft.«
»Das erwarte ich auch gar nicht von Ihnen«, versicherte
er ihr. »Im Gegenteil, ich kann Ihnen sogar etwas mitgeben.«
»Ich höre.« Plötzlich begann die Sache interessant zu werden.
»Ihr Chef, Pinto. Soweit ich weiß, sammelt er Münzen.«
Rosa lachte. Wussten denn alle Geheimdienste der Welt von Pintos Leidenschaft für Goldmünzen?
»Wollen Sie mich mit dreißig Silberlingen ködern?«
»Ich rede hier nicht von Silber, sondern von Gold.«
»Ich glaube, ich verstehe nicht ganz.« Sie wusste genau, dass sie log, denn sie erinnerte sich an das Gespräch mit Pinto vor ein paar Jahren. Gold würde seine ungeteilte Aufmerksamkeit erringen.
Florin lachte erneut auf. »Dieser Hadley aus Salamanca«, sagte er. »Kennen Sie ihn?«
»Nein. Nie von ihm gehört, bis ich die chilenischen Akten gelesen habe.«
»Aber Sie könnten etwas über ihn herausfinden. Wenn Sie wollten, meine ich.«
Rosa nickte lächelnd. »Ich habe ein paar Freunde in Salamanca, wissen Sie.«
Florin kicherte. »Wir könnten einen gemeinsamen netten Spion erschaffen«, fuhr Florin fort. »Nett zu uns, nett zu Ihnen. Für uns vertrauenswürdig, kontrolliert von Ihnen und viel zu sehr Amateur, um einen von uns beiden hereinzulegen.«
»Ist das der
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