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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Gestapo-Hauptquartier in Montluçon in die Luft jagt. Wie sie, ausgerechnet während der bejubelten und gefeierten Befreiung Frankreichs, vom Tod ihres Manns erfährt, der gefoltert und hingerichtet wurde, weil er sie nicht verraten wollte. Wie sie im September 1944 im britischen Offiziersklub in Paris kurzerhand einen Kellner k.o. schlägt, der sich lobend über das Benehmen der ehemaligen Besatzer geäußert und nicht geahnt hatte, dass diese Britin am Tisch jedes Wort verstand.
    Nach dem Krieg wurde Nancy Wake für ihren Einsatz mit den höchsten militärischen Auszeichnungen Großbritanniens, Frankreichs, der USA und Australiens geehrt, doch unsentimental pragmatisch, wie sie stets war, verkaufte sie alle Orden für 60 0 00 Pfund an einen Militariasammler, als sie Geld brauchte. Ihre Rechnungen in der Bar des Hotels Stafford sollen diskret Prinz Charles und einige Unterstützer beglichen haben. Zwar starb sie in England, doch in ihrem Testament verfügte sie, dass ihre Asche in der Auvergne verstreut werden soll, wo sie einst auf dem Mont Mouchet in einer legendären Schlacht aufseiten des Maquis gegen die SS kämpfte.
    What a life – was für ein Leben!
    Bei meinen Reisen in ihre Vergangenheit, auf der Suche nach Akten und Dokumenten oder während Besuchen bei denen, die sie als alte Frau in London noch erlebt haben, musste ich zwangsläufig in die Vergangenheit jener reisen, die sie bekämpft hatte. Die Biografie der Nancy Wake, von der Gestapo zur Fahndung als »Weiße Maus« ausgeschrieben, auf deren Ergreifen, tot oder lebendig, fünf Millionen Francs Kopfgeld ausgesetzt waren, ist nicht nur die einer leidenschaftlichen, schönen Frau und die einer kaltblütigen Schattenkriegerin im Namen der Freiheit.
    Sondern auch eine deutsche Geschichte.

KAPITEL 1
    »Ich war eine Art Playgirl«
    E s riecht nach Fisch, und es duftet nach Safran. So muss es sein. Safran gehört wie seine Schwestern Thymian und Lorbeer zu den wichtigsten Zutaten der Suppe aus verschiedenen Fischsorten und Krustentieren, für die Marseille berühmt ist. Die zu kochen erfordert allerdings keine große Kunst. Im Viertel um den Alten Hafen gibt es Bouillabaisse Marseillaise in jedem Restaurant. Wovon Urlauber schwärmen, ist für Einheimische Hausmannskost.
    Eine junge Frau geht vom Kai, wo Dutzende Pferdekutschen auf Touristen warten, über den Quai Fraternité , setzt sich unter die Markise auf der Veranda des »Basso«, bestellt als Aperitif einen Pastis und zum Essen, wie alle Gäste auf der Terrasse, die Bouillabaisse des Hauses. Sie macht aber nicht Urlaub hier, sondern hat in Marseille einen Termin, für den sie zu einer bestimmten Uhrzeit in der Canebière sein muss, der kilometerlangen Prachtstraße, die vom Hafen zur Saint-Vincent-de-Paul-Kirche führt. Bis dahin bleibt ihr jedoch genügend Zeit. Also genießt sie die Sonne, trinkt zur Fischsuppe ein paar Gläser Rosé aus Tavel, leert nach und nach sogar die ganze Flasche.
    Nancy Wake heißt sie, ist 22 Jahre alt und am vorherigen Abend mit dem Train Bleu aus Paris eingetroffen. Dort herrschten bereits nasskühle Temperaturen. Im Süden Frankreichs bleibt es aber selbst dann noch sommerlich warm, wenn anderswo im Land längst der Herbst regiert.
    Auch heute, an diesem 9 . Oktober 1934 .
    Pastis und Rosé haben ihre Wahrnehmung nicht getrübt. Sie verträgt so einiges an Alkohol, auch härtere Getränke als Wein, was Nancy Wake zeitlebens im Kreise trinkfester Männer Respekt einbringt, insbesondere bei denen, die ihr in den kommenden zehn Jahren nahe sein werden. Nachdem sie ihre Rechnung bezahlt hat, macht sie sich durch schmale Gassen auf zur Canebière. Sie ist freie Mitarbeiterin des International News Service ( INS ), der zum amerikanischen Zeitungskonzern von William Hearst gehört, und nach Marseille gekommen, um über den Staatsbesuch des jugoslawischen Königs Alexander I. in Frankreich zu berichten, der an diesem Nachmittag beginnt. Das Schiff, mit dem er angereist ist, hat sie bereits im Hafen liegen sehen. Gleich würde er es verlassen.
    Seit einem Jahr verdient sie sich ihren Lebensunterhalt als Journalistin, hat das Handwerk zwar nie so richtig gelernt, aber immer dann, wenn sie bisher nicht weiterwusste, haben ihr professionelle Kollegen geholfen. Entweder die in London, wo sie im Jahr zuvor ein paar Monate lang gewohnt hat und dessen bevorzugte Pubs in dieser Zeit auch ihre liebsten Tränken wurden, oder die in Paris, wo sie jetzt lebt und beste Beziehungen zu

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