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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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gehörte auch Bob Hodges, der sich zusammen mit seinem Kanonier nach Abschuss ihres Flugzeugs bis nach Marseille durchgeschlagen und da auf einen günstigen Moment gewartet hatte, um über Spanien zurückzukehren nach England. Ein Foto, das Nancy und Henri Fiocca und Ian Garrow zeigt, wobei der Engländer das Ehepaar deutlich überragt, hat er geknipst. Er kennt Nancy Fiocca also gut aus nicht so guten Zeiten. Das vergaß er nicht, als alles wieder gut war und die Bösen besiegt und Sir Lewis Hodges, für Freunde wie Nancy immer noch kurz Bob, als Air Chief Marshal einer der höchsten britischen Militärs war.
    Henri Fiocca wusste, mit welchen Aufgaben seine Frau unterwegs war in geheimen Missionen und wie gefährlich das war für sie. Genaueres aber sollte er nicht wissen. Auf seine Art half er ihr, wann immer es ihm möglich war. Er war so etwas wie der Finanzier des Netzwerks, hörte still zu, wenn die anderen neue Pläne ausheckten, und rechnete dann aus, was an Geld benötigt wurde. Das kam von ihm. Wenn sich Pat O’Leary und Ian Garrow mit ihr treffen mussten, schien ihm ihre Wohnung dafür ein besserer Ort zu sein als irgendeine Kneipe am Hafen. Zu trinken gab es bei ihm ja auch genug. Der Keller war noch voll, die Hausbar bestückt. Falls er und Nancy zu einer bestimmten verabredeten Uhrzeit nicht zurückgekehrt waren vom Abendessen im »Verduns«, öffnete die Haushälterin und ließ die ihr angekündigten Besucher rein. Das war schon zur Routine geworden.
    Eines Abends saß neben Ian Garrow und Pat O’Leary ein Mann, den Nancy Fiocca bis dahin noch nicht gesehen hatte. Die anderen nannten ihn Paul. Seine Geschichte klang einleuchtend einfach und war, was keiner ahnte, von der deutschen Abwehr geschrieben worden. Harold Cole, Sergeant eines britischen Regiments, angeblich der Kriegsgefangenschaft entkommen. Er lebte versteckt in Marseille, bis sich ihm die Chance bieten würde, über die Pyrenäen nach Spanien zu fliehen. So hatte er es erzählt, so wurde es geglaubt, seitdem wurde er aktiv im Netzwerk eingesetzt. Nancy Fiocca hörte sich die Geschichte an, mochte ihn jedoch auf Anhieb nicht: »Er stand nicht mal auf, um sich vorzustellen, und nuckelte an einer Whiskyflasche, die er sich aus unserer Bar genommen hatte.« Ihr Gefühl, dass an dem Mann irgendwas nicht stimmte und dies mehr sein musste als sein schlechtes Benehmen, täuschte sie nicht. Auch Elisabeth Haden-Guest war Cole von Anfang an zuwider. Sie und Nancy waren sich einig. Der grobschlächtige Rothaarige hatte was Schlüpfriges, das sie abstieß. Wenn man ihm die Hand gab, wird Haden-Guest präzisieren, war das so, als würde man einen glitschigen kalten Fisch anfassen.
    Cole war ja nicht vor den Nazis, sondern mit der geklauten Regimentskasse geflohen. Deshalb war er auf der Flucht, bis er nach jener Razzia in Paris dann den Deutschen überlassen worden war. Mit denen hatte er sich arrangiert und sich mit seiner Legende von der gelungenen Flucht auf Empfehlung Caskies in das Pat-O’Leary-Netzwerk eingeschlichen. Ob er von jener einmaligen Begegnung am Abend in der Wohnung der Fioccas berichtete nach Paris, ob er dabei Nancy Fiocca oder ihren Mann Henri erwähnte und so die erste Spur zu der Frau legte, die dann als »Weiße Maus« beschrieben wurde, weiß niemand. Es gibt keine Unterlagen. Für regelmäßige Berichte jedoch wurde er von den Deutschen bezahlt. Vielleicht hatte er deshalb außer Ian Garrow und Pat O’Leary auch Nancy Fiocca erwähnt, aber da er sie nur kurz gesehen und erlebt hatte, konnte er kaum etwas über sie oder ihren Alltag wissen. Es gehörte schließlich zu den selbstverständlichen Vorsichtsmaßnahmen von Pat O’Leary, dass keine echten Namen benutzt wurden. Nur er und Garrow sollten wissen, wer sich hinter welchem Namen tatsächlich verbarg.
    Danach war es vorbei mit Treffen in ihrer Wohnung. Sie wollte ihren Mann nicht in Gefahr bringen, der zwar informiert war über ihre Aktionen, aber nie selbst aktiv wurde, sondern Geld beisteuerte. In der Nähe der Rue Edouard Stephan mietete Nancy Fiocca eine weitere Wohnung, dort traf sie sich künftig mit Pat oder mit Ian, nie mehr mit Paul. Sie erzählte einigen Freundinnen, selbstverständlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass sie sich diese Wohnung ausgesucht hätte als eine Art Liebesnest, dabei ahnend, dass die nichts Besseres zu tun haben würden, als wiederum ihren Männern davon zu berichten, und die wiederum bei Gelegenheit mit Henri von Freund zu

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