Codename Merlin - 3
trafen, und die ersten Warnrufe waren zu hören, als die Stadt North Bay abrupt erwachte. Musketen knallten, als die Marines, die zu Symyns Unterstützung abkommandiert waren, die Geschützbatterien des Hafens von der Rückseite her angriffen. Nur zwei der Kanonen jeder Batterie waren nach Einbruch der Dunkelheit noch bemannt, und eine Handvoll schläfriger Schützen konnten es mit den Marines, die aus der Dunkelheit auf sie zustürmten, keinesfalls aufnehmen. Weitere Feuer breiteten sich entlang der Hafenmauer aus, und eine ohrenbetäubende Explosion zerriss die Nacht, als einer der Brandsätze unerwarteterweise das Munitionsdepot einer Hafenbarke traf, die neben einer Galeone vertäut war. Die Galeone sollte offensichtlich gerade zu einem Kaperer umgebaut werden, doch die Explosion steckte die benachbarte Barke sofort in Brand und schleuderte lodernde Trümmer auf drei weitere Schiffe und zumindest ein halbes Dutzend Lagerhaus- und Tavernendächer.
»Schauen Sie, Sir!«, rief einer von Symyns Männern, und der Lieutenant sah, wie sich die gleißenden Funken weiteren Musketenfeuers vor dem pechschwarzen Nachthimmel westlich der Stadt abzeichneten.
»Das sind die Marines!«, bellte er zurück. »Niemand kann sagen, wie lange Major Zeffyr die Mistkerle wird aufhalten können, also macht schneller!«
»Aye aye, Sir!« Schlingernd kam Major Harmyn auf die Beine, als die ersten Explosionen und Schreie zu hören waren. Er griff nach seinem Schwertgurt und stapfte auf die Tür zu seinem Arbeitszimmer zu; im Laufen schlang er sich den Gurt um den Leib. Ein Adjutant und die Ordonnanz erhoben sich gerade erst aus ihren Stühlen, als ihr Vorgesetzter zu ihnen ins Vorzimmer stürzte.
»Zu den Waffen, verdammt!«, fauchte Harmyn und stürmte durch das Haupttor des Bürogebäudes, geradewegs auf den Exerzierplatz zwischen den beiden lang gestreckten Baracken hinaus.
Die ersten Flammen leckten an den Fenstern der Baracken, und Harmyn hörte eine zweite Explosionswelle, als charisianische Matrosen ein zweites Dutzend Granaten in jedes Gebäude schleuderten. Einige Schmerzensschreie verstummten abrupt, doch dafür waren nun zahlreiche neue zu hören.
Harmyn spürte, wie sich ihm der Magen zusammenkrampfte, als er begriff, dass die Angreifer die Kompanie, die man ihm hier anvertraut hatte, bereits jetzt so weit außer Gefecht gesetzt hatte, dass an einen koordinierten Gegenschlag nicht einmal zu denken war. Er wusste nicht, wie viele ›seiner‹ Männer tatsächlich tot oder verwundet waren, doch selbst diejenigen, die diesen Angriff überstanden hatten, würden zu demoralisiert und zu verängstigt sein, um überhaupt noch eine vernünftige Gegenwehr aufzustellen.
Und selbst wenn Tyllytsyn in der Lage gewesen wäre, sie wieder in Schwung zu bringen, schaffe ich das auf keinen Fall, dachte er grimmig. Sie kennen mich noch nicht einmal, also warum sollten sie in so einem Chaos überhaupt auf mich hören?
Das Knistern und Knallen von Musketen im Westen verriet ihm, dass in absehbarer Zeit niemand zu seiner Unterstützung anrücken würde, und so …
Major Bahrkly Harmyn hatte nicht daran gedacht, wie deutlich sich seine Silhouette vor einem der brennenden Fenster des Ordonnanzzimmers hinter ihm abzeichnen würde. Und er würde es auch niemals mehr tun … denn er hörte auch nicht mehr das scharfe Knallen der Musketenkugel, die ihn tötete. Einen Augenblick lang gestattete sich Sir Dunkyn Yairley, tiefste Erleichterung zu genießen, als er genau das gleiche Musketenfeuer bemerkte, das Symyn gesehen und Harmyn gehört hatte. Offensichtlich hatten die Marines Position bezogen, um die Straße zur Hauptfestung im Westen der Stadt zu sichern. Laut den Berichten ihrer Spione gehörten zu der Garnison in dieser Festung mindestens dreitausend Mann. Es war zwar unwahrscheinlich, dass Major Zheffyrs zweihundert Marines sie lange würden abwehren können, aber das Überraschungsmoment und die allgemeine Verwirrung sollten sie doch noch eine Weile aufhalten. Außerdem müssten Zheffyrs Schussrate und die Ringbajonette doch fast ausreichen, um beiden Seiten in etwa gleiche Chancen zuzugestehen.
Von der Festung her war das Dröhnen einer Kanone zu hören. Yairley hatte keine Ahnung, worauf die Schützen dort zu feuern glaubten. Die Garnison in dieser Festung musste weiß Gott wie verwirrt sein angesichts dieser zahlreichen Explosionen und Brände, mit denen sie es plötzlich in dieser kleinen, verschlafenen Stadt am Fuße der Anhöhe
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