Codename Merlin - 3
Kreditbrief zur Verfügung, um die Kosten der ersten Monate zu decken. Bis dahin werden wir zweifellos von den Rittern der Tempel-Lande selbst eine Antwort erhalten haben. Ich denke, sie werden die Logik Ihres Vorschlages erkennen und dieser Abmachung zustimmen. Und wenn sie das nicht tun, werden wir uns eben dann eine andere Vorgehensweise überlegen müssen.«
»Jawohl, Euer Hoheit.« Raimynd neigte den Kopf zu einer angedeuteten Verbeugung.
»Also gut«, sagte Hektor und schob seinen Sessel zurück. »Ich denke, damit hätten wir alles besprochen, was an diesem Abend zu besprechen lohnenswert gewesen sein dürfte. Ich möchte Berichte − regelmäßige Berichte − im Hinblick auf alles, was wir bislang besprochen haben. Mir ist sehr wohl bewusst, dass unsere Lage im Augenblick, sagen wir, recht … wenig beneidenswert ist.« Er verzog die Lippen zu einem angespannten Grinsen. »Aber wenn Haarahld sich nur lange genug Zeit damit lässt, Emerald einzunehmen, sollten wir, so denke ich, in der Lage sein, genug zu bewirken, um ihm zumindest heftige Bauchschmerzen zu verursachen, wenn er sich dann schließlich Corisande zuwendet!«
.III.
Kathedrale von Tellesberg, Tellesberg, Königreich Charis
Es war sehr still in der Kathedrale von Tellesberg.
Der gewaltige Rundbau war überfüllt, fast so wie bei der Totenmesse für König Haarahld; doch die Atmosphäre, die hier herrschte, war völlig anders geartet als bei jener Begebenheit. Immer noch gab es diese Stimmung voller Zorn, Entrüstung und Entschlossenheit, doch jetzt war noch etwas anderes hinzugekommen − etwas, das an die drückende Stille vor einem gewaltigen Gewitter erinnerte. Eine Anspannung, die in den Fünftagen seit dem Tode des alten Königs nur noch größer und bedrohlicher geworden war.
Captain Merlin Athrawes von der Charisian Royal Guard hatte vollstes Verständnis für diese Anspannung. Während er vor dem Eingang zur königlichen Loge wartete und über König Cayleb und seine beiden jüngeren Geschwister wachte, wusste er ganz genau, was diese gewaltige, nicht ganz lautlose Menschenmenge gerade dachte und was ihr Sorgen bereitete. Doch er wagte es noch nicht einmal, darüber Mutmaßungen anzustellen, wie sie wohl reagieren würde, wenn der lang erwartete Augenblick schließlich gekommen war.
Was, so dachte er trocken, in etwa fünfundzwanzig Sekunden der Fall sein wird.
Als hätte dieser Gedanke die Wirklichkeit erst heraufbeschworen, öffneten sich die Türen der Kathedrale. Zu diesem Anlass gab es weder Musik noch einen Chor, und das metallische Klacken des Riegels hallte wie ein Musketenschuss schier endlos in der Stille des gewaltigen Baues wider. Lautlos und sanft schwangen die Türblätter auf ihren wohlgeölten, sorgsam gewarteten Scharnieren zur Seite, und dann trat ein einzelner Szepterträger hindurch. Auch Thuriferare gab es an diesem Tag nicht, ebenso wenig wie Kerzenträger. Es war eine schlichte Prozession − für die wichtigste Kathedrale eines ganzen Königreiches relativ klein. Nach und nach betraten Priester im vollen, funkelnden Ornat der Kirche des Verheißenen das Gotteshaus.
Sie durchquerten den Sonnenstrahl, der durch die Buntglasfenster der Kathedrale fiel, und die Stille schien noch weiter zuzunehmen; in Wellenbewegungen schien sie sich von ihnen über die gesamte versammelte Gemeinde auszubreiten. Die Spannung wuchs und wuchs, und Captain Athrawes musste seine rechte Hand davon abhalten, zum Heft seines Katana zu wandern.
Die Prozession bestand aus zwanzig Priestern; angeführt wurde sie von einem Mann, der die orangefarben abgesetzte, weiße Soutane eines Erzbischofs trug. Darüber prunkte ein atemberaubend bestickter, steifer Chorrock, von goldenen Fäden durchwirkt und mit zahllosen Juwelen geziert. Die rubinbesetzte, goldene Krone, die er anstelle des bischöflichen Diadems trug, das sonst in seiner Kathedrale für ihn üblich war, verriet seine Stellung ebenso wie seine Soutane, und an seiner Hand blitzte der Rubinring seines Amtes.
Die anderen neunzehn Männer trugen nur geringfügig weniger majestätische Chorröcke über ihren weißen Soutanen, die allerdings nicht in der charakteristischen Farbe eines Bischofs abgesetzt waren, doch statt Kronen oder Diademen ruhten auf ihren Häuptern nur die schlichten, weißen Kopfbedeckungen mit Kokarden, wie es sich für Bischöfe geziemte, die die Kathedrale eines anderen Prälaten betraten. Ihre Mienen wirkten nicht so gelassen wie die ihres Anführers.
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