Codename Merlin - 3
nicht allzu viele dieser verwünschten Galeonen verloren hat − wenn überhaupt welche. Andererseits hatte er auch schon vor dieser Schlacht nicht gerade eine übermäßig große Zahl davon. Sagen wir einfach, er hätte noch dreißig oder vierzig Schiffe. Das ist eine sehr schlagkräftige Flotte, vor allem mit dieser neuen Artillerie. Sie könnte wahrscheinlich jede Flotte auf ganz Safehold besiegen. Doch sobald der diese Flotte aufteilen muss, um mehrere Angriffsziele gleichzeitig abzudecken, wird sie das deutlich schwächen. Und trotz all dem, was unseren Flotten widerfahren ist, muss er doch zumindest einige Vorsichtsmaßnahmen treffen, um seine heimatlichen Gewässer und seine Handelsschiffe zu schützen.
So wie ich das sehe, bedeutet das wahrscheinlich, dass er immer nur eine einzige Offensive starten kann, nicht jedoch mehrere zur gleichen Zeit. Natürlich wäre es mir sehr recht, wenn er sich an mehreren Feldzügen gleichzeitig versuchen würde, aber ich glaube nicht, dass er dafür dumm genug ist. Und wenn wir schon über die Art Feldzüge nachdenken, auf die er sich einlassen könnte, sollten wir auch nicht vergessen, dass er eigentlich überhaupt keine Armee besitzt − und Corisande ist nicht gerade ein kleiner Fleck auf der Landkarte. Von Wind Hook Head bis nach Dairwyn sind es mehr als siebzehnhundert Meilen, und beinahe zweitausend von Cape Targan bis nach West Wind Head. Wir mögen deutlich weniger dicht besiedelt sein als Harchong oder Siddarmark, aber das ist immer noch ein beachtliches Territorium, das man da abdecken muss. Wenn er es wirklich darauf anlegt, kann Haarahld sehr wohl eine Armee aufstellen, mit der er sowohl gegen uns als auch gegen Emerald marschieren kann, aber das wird dauern und einen Shan-wei-hohen Preis fordern. Und zugleich wird es ihn auch daran hindern, weiterhin seine Flotte entsprechend zu vergrößern.
Selbst im besten Falle − und das meine ich jetzt ganz aus seiner Sicht − wird es mehrere Fünftage oder sogar Monate brauchen, bevor er bereit wäre, irgendwelche ernst zu nehmenden Übersee-Angriffe zu starten. Und selbst wenn es so weit käme, liegt Emerald Charis doch immer noch deutlich näher als wir. Haarahld wird nicht zulassen, dass ihm Prinz Nahrmahn ungehindert im Nacken sitzt, während er einen Großteil seiner Rotte und jeden einzelnen Marine, den er nur auftreiben kann, gegen uns in den Krieg schickt. Und das bedeutet, dass er sich wahrscheinlich zunächst um Emerald kümmern wird. Und auch wenn ich nicht allzu viel von der Emeraldian Army halten mag, so existiert sie eben doch. Wenn sich Haarahld also für einen Kampf entscheidet, wird ihn das mindestens einige weitere Monate kosten, einfach nur, um zumindest die größten Häfen und Städte einzunehmen. Und wenn er das ganze Land erobern will, so wird es noch deutlich länger dauern − vorausgesetzt natürlich, Nahrmahns Untertanen halten ihm weiterhin die Treue.
Wenn er sich also für eine konventionelle Strategie entscheidet, halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass er sich überhaupt noch im Laufe dieses Jahres um uns kümmern wird.«
»Das sind überzeugende Argumente«, sagte Hektor. »Und alles in allem muss ich sagen, dass ich Ihnen beipflichte. Aber bitte vergessen Sie eines nicht: Haarahld von Charis hat bereits einmal bewiesen, dass er sehr wohl bereit ist, sich für unkonventionelle Strategien zu entscheiden, Admiral.«
»Oh, das vergesse ich nicht, das versichere ich Euch, Euer Hoheit. Niemand, der irgendetwas mit der Navy zu tun hat, wird das so bald vergessen.«
»Gut.« Hektor lächelte ihn frostig an, dann hob er die Hand.
»Aber gehen wir doch im Augenblick davon aus, Ihre Einschätzung der Lage sei hinreichend treffend. Und selbst, wenn dem doch nicht so sei, bleiben uns zweifellos immer noch mindestens ein Monat oder zwei, bevor Haarahld hier vorstellig werden wird. Natürlich werden wir vielleicht schon früher den einen oder anderen Kreuzer sehen, der sich vor der Küste herumtreibt und jedes Handelsschiff abfängt, das töricht genug ist, sich zu nähern, aber Haarahld wird doch länger dafür brauchen, eine ernst zu nehmende Expedition aufzustellen. Und wenn er lange genug dafür braucht, werden wir vielleicht auch die eine oder andere unschöne Überraschung für ihn bereithalten können, wenn er schließlich hier auftaucht.«
»Welche Art ›Überraschung‹, Mein Prinz?«, fragte Coris nach.
»Zumindest sind Black Waters Depeschen mit den Skizzen der neuen
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