Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel

Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel

Titel: Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
Vom Netzwerk:
durchnäßt, als sie an Blakes Tür klopfte.
    Keine Antwort. Sie lauschte, dann ließ sie ihre Hand langsam über den Türpfosten gleiten. Sie hielt die Handfläche über das alphanumerische Zahlenschloß dieses völlig veralteten Magnetverschlusses und entschlüsselte dabei seine Feldstärkeverteilung. Sie ließ sich von ihrer Intuition leiten und hatte wenige Augenblicke später die langatmige Kombination geknackt: CH3C6H2N023246. Typisch Blake, sie hätte es sich denken können, und darum war es auch ziemlich dumm von ihm: Mit Indexziffern, Klammern und Kommata geschrieben, war dies die chemische Formel für TNT.
    Sparta zögerte, bevor sie das Schloß anfaßte, um die Tür aufzudrücken. Blake war natürlich nicht dumm. Er gehörte zu den Leuten, die unerwartete Gäste erst warnten, bevor sie ihnen ein kleines Andenken verpaßten. Ein oder zwei Krümel TNT oder eher Nitroglycerin. Sie beugte sich über den Beschlag und roch daran.
    Keinerlei Anzeichen irgendeiner ungewöhnlichen Chemikalie, nur Maschinenöl. Nichts deutete darauf hin, daß die Tür kürzlich geöffnet worden war: Im Infrarotlicht war sie kühler als die umgebende Luft.
    Trotzdem war es nicht Blake, der diese Tür als letzter berührt hatte. Blakes unverwechselbarer Geruch wurde von dem eines anderen überdeckt, von jemand, den Sparta nicht kannte, einer Frau.
    Vielleicht war es seine Vermieterin. Wer es auch war, jetzt war sie nicht in der Wohnung. Ihre Abdrücke waren längst erkaltet – Sparta schätzte ihr Alter auf über eine Woche –, und der leichte Parfümduft, der durch den Spalt drang, wo die Tür nicht ganz schloß, war so abgestanden und schwach, daß nur jemand ihn entdecken konnte, der so empfindlich war wie Sparta. Trotzdem ließ Sparta ihre Hände in die Tasche gleiten und zog ein Paar hauchdünne, durchsichtige Polymerhandschuhe heraus. Irgendeine Frau war in Blakes Abwesenheit in seiner Wohnung gewesen, und diese Frau konnte wieder hier auftauchen. Sparta hatte nicht die Absicht, bei ihrem Besuch irgendwelche Spuren zu hinterlassen.
    Sie drückte leicht gegen die Tür und trat einen Schritt zurück, als sie plötzlich nachgab. Kein Feuerwerk.
    Vorsichtig warf sie einen Blick in Blakes Wohnzimmer. Sie war noch nie hiergewesen, deshalb war sie so neugierig, daß sie beinahe alle Vorsicht vergaß. Dann spürte sie die Ströme der Drucksensoren unter dem Kelim auf dem polierten Parkettboden, und sie entdeckte die Bewegungsdetektoren, die in die Ecken der Deckenverkleidung eingelassen waren und für jeden anderen unsichtbar klein gewesen wären. Sie hob die Arme, um ihre Wellenstruktur herauszufinden. Einen Augenblick lang brannte es in ihrem Bauch, dann hatte sie mit drei kurzen Energiestößen Blakes Alarmanlage mattgesetzt. Sie stellte ihre Reisetasche im Treppenhaus ab und trat vorsichtig ins Zimmer.
    Links war ein Erkerfenster, das im Schatten einer riesigen Ulme lag. Schwere Regentropfen trieften unablässig durch die Blätter. Das blaßgrüne Licht des Spätnachmittags drang nur mit Mühe durch die regenverhangenen Fensterscheiben, so daß das Innere der Wohnung fast wie ein Aquarium wirkte.
    Die Wände waren voller Bücherregale. Die Bücher waren wie unregelmäßige Ziegel in den Regalen gestapelt, die Buchrücken boten ein Spektrum verblaßter Farben, von rötlichbraun bis schieferblau. Es gab Alben mit Bücherchips neueren Datums und ältere, auf Band oder Diskette aufgezeichnete Bücher, dazu eine beeindruckende Vielfalt echter Bücher aus Papier, Leinen und Leder, von denen viele bereits in ihren Plastikhüllen zu zerfallen drohten, viele waren aber auch noch in ihrem Originalzustand.
    Wo die Wände nicht hinter Bücherregalen verschwanden, waren sie cremeweiß gestrichen und mit gerahmten Manuskriptseiten und Ölgemälden aus dem frühen 20. Jahrhundert vollgehängt.
    Sparta holte ihre Reisetasche und ließ sie hinter der Tür stehen, nachdem sie sie vorsichtig geschlossen hatte. Sie ging durch die stillen Räume. Die Beraterverträge verschafften Blake ein gutes Einkommen, von den Geldern aus dem beträchtlichen Treuhandfonds ganz zu schweigen. Er hatte also genügend Spielraum, um seiner Sammlerleidenschaft und seiner Vorliebe für alte chinesische Möbel und orientalische Webarbeiten frönen zu können.
    Sie stellte ihr Augenzoom auf Oberflächen und Strukturen ein und durchsuchte schattige Risse und Spalten. Ihr Gehör lauschte außerhalb der menschlichen Frequenz und unterhalb der menschlichen Hörschwelle.

Weitere Kostenlose Bücher