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Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Titel: Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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orientierte er sich wieder in ihre Richtung und versuchte es erneut mit einem Lächeln. »Unsichtbar wie in einer Neumondnacht.«
    »Auf dem Mars gibt es keine Neumondnächte«, sagte Sharansky.
    »War nur ein Witz«, sagte er.
    »Kein Witz«, sagte sie unter heftigem Kopfschütteln.
    »Sie haben recht«, sagte er und räusperte sich. »Und komisch war es auch nicht.«
    »Andere Kleider«, sagte sie und schob einen Seesack in seine Richtung. Er nahm ihn kommentarlos entgegen und wartete, was als nächstes kam. Sie zog ihren Notizschirm zu Rate, dann hielt sie ihm eine winzige Scheibe hin. »Ihre ID-Scheibe und Ihr Arbeitsnachweis. Sie sind Kanadier. Ihr Name ist Michael Mycroft.«
    »Bestimmt nennen mich alle ›Mike‹«, sagte er gutgelaunt.
    »Das ist richtig«, sagte sie und nickte knapp. Sie sah wieder auf ihren Notizschirm. »Sie wurden von der Zentralverwaltung des Allgemeinen Arbeitsamts der Marsstation entlassen. Sie waren Sanitärmonteur Stufe 6 …«
    »Warum?«
    Sie blickte auf. »Warum was?«
    »Warum wurde ich gefeuert?«
    Sie starrte ihn einen Augenblick an, bevor sie sagte: »Mangelnde Unterordnung.«
    Er grinste. »Ich wette, das haben Sie sich gerade ausgedacht.«
    Sie errötete leicht und beugte ihr Gesicht dichter über den Notizschirm, als wäre sie kurzsichtig. »Sie wollen nach Hause, haben aber nicht genug Kredit. Auf der Marsstation stellt sie niemand ein. Ihr Kredit reicht nur bis zur Marsoberfläche. Sollten Sie dort keine Arbeit finden … bedeutet das Arbeitslager für Sie.« Dabei sah sie auf. Er wurde den Verdacht nicht los, daß ihr der Gedanke, er könnte tatsächlich in einem Arbeitslager landen, auf eine perverse Weise Spaß machte. »Ihre Passage nach Labyrinth City ist gebucht und bezahlt.«
    »Von Sanitäranlagen habe ich nicht die geringste Ahnung«, sagte Blake. »Das hat doch etwas mit Röhren zu tun?«
    Scharansky gab ihm ein weiteres Scheibchen. »Lernen Sie das. Enthält alle Einzelheiten über Ihre Hintergrundgeschichte. Ohrhörer ist in Hemdentasche. Lernen Sie schnell. Daten löschen sich selbsttätig in einer Stunde – die Scheibe wird dann zur Popmusikbibliothek, neueste Hits. Noch Fragen?«
    »Ah, nein, das hat keinen Sinn … bringen Sie mich einfach nur hier raus.«
     
    Schmierige Overalls schienen selbst in sozialistischen Utopien das Los der Arbeiter am untersten Ende der Leiter zu sein. Blake hielt sich an Sharanskys Anweisungen und gelangte unbehelligt und, wie er hoffte, unbeobachtet aus dem Q-Sektor. Er hatte 16 Stunden Zeit bis zum Start des Shuttles am anderen Ende der Station. Sharansky hatte ihm dringend geraten, sich unverzüglich im Shuttleport auf der Planetenseite der Station zu melden, aber Blake hielt es für besser, sich unauffällig mit der Marsstation vertraut zu machen.
    Er verschwendete keine Zeit an den Landedocks auf der Sternenseite. Ein Installateur der Stufe 6 hätte dort nur wenig zu suchen. Statt dessen steuerte er die Wohngebiete an. Er benutzte eine der drei breiten, langsamen Rolltreppen, die an der Nabe der Sternenseite begannen und an der ›270°‹ in Russisch, Englisch, Japanisch und Arabisch stand. Als er sie betrat, wurde er schwerelos. Er griff nach dem mitlaufenden Geländer, bekam nach ein paar Dutzend Metern allmählich Boden unter den Füßen, und als er die Stufen am unteren Ende verließ, wog er dasselbe wie auf der Erde.
    Die Rolltreppe hatte ihn entlang der langen Schräge der Fensterringe aus geschliffenem Glas hinabgeführt, die die Strahlen der weit entfernten Sonne umleiteten. Sie funktionierten nach dem umgekehrten Prinzip der Fresnel-Linse in den Leuchttürmen des 19. Jahrhunderts. Er kam an bebauten Terrassen vorbei, wo sich die neuen Besucher allmählich an die größere Schwerkraft gewöhnen konnten. Blake war bereits darauf eingestellt. Der größte Teil der Reise hatte während der Beschleunigungs- und der Abbremsphase unter einem g stattgefunden.
    Die Marsstation war eine einfache Konstruktion, beeindruckte aber durch ihre ungeheure Größe. Man hatte eine ganze Stadt in das Innere eines kilometerlangen Zylinders gequetscht. Häuser und öffentliche Gebäude stiegen an den Seiten auf und hingen oben von der gegenüberliegenden Wand. Jede der engen Straßen war von hübschen, kleinen Wohnhäusern gesäumt, vor jedem einzelnen gab es einen Flecken Gras, sorgfältig geschnittene Bäume und blühende Büsche – das Ganze sah aus wie eine reiche sibirische Vorstadt unter der langen Mitternachtssonne, nur daß

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