Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth
einem Arm und einem Bein war sie seinem Klammergriff entkommen und drehte sich seitlich unter ihn. Er spürte seine eigene Messerspitze an den Nieren. Durch ihren weiten Sprung hatte sie es in die Hand bekommen.
Einen Augenblick blieben sie so liegen, wie erstarrt, zwei kämpfende Raubtiere, gefangen im Eis.
»Du hättest mir den Hals brechen können«, flüsterte sie.
»Vielleicht, kurz bevor es mich erwischt hätte«, sagte er. Langsam löste er seinen Griff und rollte von ihr weg.
Sparta setzte sich auf. Sie sagte nichts, warf das Messer in die Luft, fing es an der Spitze auf und reichte es ihm.
»Okay, ich habe dich nicht geschlagen.« Als er das Messer in Empfang nahm, blies er die Backen auf und stieß scharf den Atem aus. »Aber du hast mich auch nicht geschlagen. Und vermutlich wird kaum einer, mit dem wir es zu tun bekommen, so gut sein wie du.«
»Meinst du?« Sie legte die Hände in den Nacken, massierte ihn mit verschränkten Fingern und drehte dabei den Kopf, um die Verspannungen zu lockern. »Und was, wenn Khalid tatsächlich unser Mann ist? Du hast gesagt, er wäre genauso ausgebildet worden wie du.«
»Bis zu einem gewissen Punkt.«
»Vielleicht sogar noch weiter. Wir wissen nicht, wer sie sind, Blake …«
»Ja, ja. Aber ich nehme dich beim Wort.« Er gab ihr die Hand und sie halfen sich gegenseitig hoch. »Ich habe bewiesen, daß ich mich verteidigen kann.«
»Bei konstant einem g. Die Schwerkraft auf dem Mars beträgt nur ein Drittel der irdischen.« Er ignorierte ihre Haarspalterei, er brauchte sie nicht daran zu erinnern, daß sie auch noch nie auf dem Mars gewesen war. »Ich bin nicht den ganzen weiten Weg gereist, um in irgendeinem Touristenhotel in Labyrinth City zu sitzen.«
»Du bist Zivilberater, kein Offizier der Raumkontrollbehörde.«
»Dann bearbeite ich den Fall auf eigene Faust.« Er ließ das Messer in die Scheide gleiten und schlang den Gürtel darüber. »Ob du mir dabei hilfst oder nicht.«
»Ich könnte dich wegen Einmischung festsetzen.«
»Dabei würdest du keine gute Figur machen«, sagte er erregt, »schließlich hast du mich hierhergebracht. Denk doch nur daran, wieviel Zeit dich die Suche nach mir kosten würde, sobald ich untergetaucht bin.«
Sparta sagte nichts. Er hatte keine Ahnung, wie einfach es für sie wäre, ihn zu finden, wie geschickt er sich auch verkleidete und was er auch unternahm, um seine Spur zu verwischen. Sie konnte seinem Geruch und seinen Wärmespuren folgen, wohin er auch floh. Daß er ihr ein Unentschieden abgerungen hatte, beeindruckte sie, denn sie hatte so hart wie menschenmöglich gekämpft. Aber sie wollte nicht, daß er erfuhr, wie weit sie von einem gewöhnlichen Menschen entfernt war und daß sie die Fähigkeiten nicht ausgespielt hatte, die sie von ihm unterschied.
Nicht, daß sie stärker oder besser koordiniert gewesen wäre als er. Sie besaß weniger Muskeln, und ihre Nervenimpulse waren nicht schneller als seine, aber das wurde durch ihre geringere Größe und Masse ausgeglichen. Sie besaß die Fähigkeit, ihre Körperteile, den einfachen Gesetzen der Physik folgend, schneller durch den Raum zu bewegen. Gewichtheber sind in der Regel ungelenk; Sumo-Ringer taugen nicht für Karate. Aber sie beide waren ebenbürtig, mehr als zu erwarten gewesen wäre.
Unter anderem hatte man auch ihr Gehirn manipuliert. Das natürliche menschliche Gehirn hatte sich den spezifischen Anforderungen der Steppen und offenen Wälder angepaßt. Die Vorläufer der Menschen führten ohne Mühe gleichzeitig mehrere Differentialgleichungen durch. Während sie neben fliehenden Zebras und anderen wilden Tieren herrannten und sie mit Steinen bewarfen oder sich von Ast zu Ast schwangen und unterwegs hin und wieder eine Frucht pflückten, verglichen und revidierten sie ständig unterschiedliche Flugbahnen. Die heutigen Menschen hatten sich diese Fähigkeiten erhalten, wenn auch nur einen geringfügigen Teil.
Sparta jedoch konnte noch mehr, falls es nötig sein sollte. Im winzigen dichten Zellknoten in ihrem Vorderhirn, ein wenig seitlich der Stelle, an der die Hindus das Auge der Seele vermuten, steckte ein Prozessor, der Flugbahnen miteinander verglich und viele andere Arten von Berechnungen viel schneller als das Gehirn selbst durchführte. Hätte sie sich diesen Zellknoten zunutze gemacht und ihn an ihre zerebralen Schaltkreise angeschlossen, hätte Sparta jede von Blakes Bewegungen erkennen können, noch bevor er sie begonnen hätte. Sie hätte ihm
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