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Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Titel: Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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es wie eine Karte eingerollt war. Das Sonnenlicht drang durch die Spiegel an beiden Enden des Zylinders in die Station ein. Einige Touristen hatten den Effekt mit dem Leben auf einem Planeten verglichen, den zwei kleine Sonnen schnell umkreisten.
    Die Marsstation besaß nicht die Vielseitigkeit der großzügigeren L-5-Station. Weder gab es die riesigen Farmen oder die stahlverarbeitende Industrie noch das breite Angebot an Wohnraum, von primitiv bis luxuriös. Die Marsstation war auch nicht so elegant oder verschwenderisch wie Port Hesperus mit seiner großartigen Gartensphäre. Aber sie beherbergte 50 000 geschäftige Menschen, was der Hälfte der Bevölkerung auf der Marsoberfläche selbst entsprach.
    Blake betrachtete die Aussicht ein paar Minuten und verglich die Wirklichkeit mit den Plänen, die man ihm gegeben hatte. Der fiktive Mike Mycroft hatte als Installateur für Wasser- und Abwasserleitungen gearbeitet. Die von Sharansky ausgegebene Scheibe enthielt nicht nur Anleitungen zur Reparatur von Röhren, sondern auch die schematische Darstellung des Wasserrecyclingsystems der Station.
    Das Prinzip der städtischen Wasserversorgung war einfach. Blake war sicher, im Notfall überzeugend wirken zu können. Mehr interessierte ihn jedoch das alltägliche Leben auf der Station, deshalb machte er sich auf einen Spaziergang.
    Sein erstes Ziel war der Nevski-Platz am Fuß der Rolltreppe, wo sich die Herberge befand, in der Mike Mycroft angeblich zuletzt gewohnt hatte. Wie die meisten der größeren Gebäude besaß das zweistöckige Hotel ein Wellblechdach mit Streifen dünner, schwarzer Farbe. Von weitem wirkte es überraschend zierlich, fast wie geflochtener Bambus.
    Blake ging ganz offen an der Eingangstür vorbei. Dann machte er kehrt, um einen Blick in die Eingangshalle zu werfen. Bei seinem ersten Vorbeigehen hatte er eine Frau in Schwarz hinter der Theke dösen gesehen, die selbstvergessen schnarchte. Mit schnellen, leisen Schritten überquerte er die Asphaltkacheln und stand vor der schmalen Treppe. Er ging zum ersten Stock hinauf und fand schnell das Zimmer, das angeblich Mike Mycroft gehört hatte. Er horchte an der dünnen lackierten Eisentür, hörte aber nichts.
    Er beeilte sich, den Riegel zurückzuschieben. Als Hebel benutzte er die harte Datenscheibe, die Sharansky ihm gegeben hatte. Danach war sie unbrauchbar, aber er hatte ohnehin schon alle Daten aufgenommen. An den ›neuesten Hits‹ war er sowieso nicht interessiert.
    Er sah sich im wandschrankgroßen Zimmer mit Koje, Videoschirm, eisernem Schreibtisch und Stuhl um. Ihm wurde klar, daß Holz ein seltener Luxus in einer Umgebung war, in der Meteoriten die beste Rohstoffquelle darstellten. Die Wandhaken waren leer. Offenbar hatte die hiesige Abteilung der Raumkontrollbehörde ihre Hausaufgaben gemacht – es war das typische Zimmer für einen alleinstehenden Mann wie Mycroft, und es sah aus, als wäre es vor kurzem verlassen worden.
    Das Zimmer hatte ein einziges offenes Fenster, von dem aus Blake den Platz übersehen konnte. Die riesige Rolltreppe war voller Menschen auf dem Weg nach oben oder unten, wie Engel auf der Jakobsleiter. Das bunte Gewirr erinnerte ihn an die Bahnstation in Manhattan am Ende der 59. Straße. Mit dem Unterschied, daß hier eine Frau in einer roten Samtjacke einen Tanzbären an der Leine führte und gleich daneben ein Mann nicht etwa Frankfurter oder Teigkringel, sondern Piroschkis auf seinem Karren feilbot.
    Er beugte sich vor und sah aus dem Fenster. Aus diesem Winkel – oder wenn man auf der unteren Koje des Zimmers lag – sah man die riesigen Glasringe an der Sternenseite des Zylinders. Die Prismen, die den kreisrunden ›Himmel‹ füllten, hatten sich allmählich umgestellt, so daß das einfallende Sonnenlicht jetzt um die Hälfte reduziert war. Die blauen Straßenlaternen rings um den Platz begannen zu leuchten, und ein künstliches Zwielicht legte sich über die Station.
    Man hatte die Stationszeit an den Nullmeridian des Mars angepaßt. Da der normale marsianische Tag 24 Stunden, 39 Minuten und 35,208 Sekunden betrug, paßten sich die Menschen gerne an den Tagesrhythmus des Mars an.
    Auf der anderen Seite des Nevskiplatzes gab es ein Restaurant. Die üppigen Zierbäume der Terrasse ›unter freiem Himmel‹ hingen voller festlich bunter Lichter, die den Namen des Restaurants in verschiedenen Sprachen verkündeten: Nevski Garden. Der Duft der Grillwürstchen zog zu Blake herüber, und er stellte fest, daß es nicht

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