Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth
Ebenen gekünstelt wirkte, einige schienen beabsichtigt, andere zwanghaft oder gar psychotisch. »Ich lasse später von mir hören, dann können wir ein Treffen vereinbaren.«
Ihre Absage schien ihn nicht im geringsten aus der Ruhe zu bringen. »Ich verstehe. Sie sind müde von der Reise und müssen sich um viele wichtige Dinge kümmern« – er lieferte ihr all die höflichen Ausflüchte, um die sie sich gar nicht erst bemüht hatte –, »außerdem ist dies nicht der beste Augenblick. Aber vielleicht bald? Inzwischen wird Ihnen unser gesamtes aufmerksames und freundliches Personal zur Verfügung stehen, das versichere ich Ihnen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe leider noch etwas Dringendes zu erledigen, guten Tag.« Mit diesem Wortschwall zog er sich, unablässig lächelnd, zurück. Zum Abschluß rief er noch: »Es war mir eine große Freude, Sie kennenzulernen!« Dann verschwand er in der hallenden Weite des Hoteleingangs.
Sparta drehte sich wieder zu dem Mann hinter dem Empfangstisch um. Er hatte zweifellos seinen Chef über ihre Ankunft benachrichtigt und erwiderte ihren Blick ohne eine Spur von Humor.
Ihr Hotelzimmer war diskret beleuchtet und sachlich, die Wände bestanden aus poliertem Glas mit eingesetzten Stücken aus buntem Sandstein.
Glas, Lava, zu Stein gewordener Staub: die Gaben des Mars …
Sie kramte ein Bündel des hiesigen Papiergeldes heraus und drückte dem Pagen etwas davon in die diskret geöffnete Hand. Daraufhin verschwand er prompt.
Die Anzeige auf der Telefonverbindung neben dem Bett blinkte rot auf. Sie sprach das Gerät an, während sie sich ihre Uniformjacke auszog. »Auftragsdienst, haben Sie eine Nachricht für mich?«
»Einen Augenblick bitte …« Es war eine menschliche Stimme, nicht die eines Roboters. »Ja, Inspektor Troy. Soll ich Sie Ihnen direkt überspielen?«
»Nein, lesen Sie sie bitte vor.« Warum auch nicht? Das Personal hatte sie bestimmt schon längst gelesen.
»Dr. Khalid Sayeed vom Mars-Terraformingprojekt läßt fragen, ob Sie morgen mittag im Ophirsaal mit ihm essen würden. Er erwartet Sie um zwölf Uhr, wenn Ihnen das recht ist. Wenn nicht, seine Komverbindung hat die Nummer …«
»Lassen Sie nur.« Sie kannte Sayeeds Nummer. »Danke«, sagte sie und schaltete aus. Sie trat ans Fenster und zog die Vorhänge zurück. Von hier aus blickte sie nicht auf die rauhe Schönheit des Labyrinths, sondern hinunter in den Steinhof, einen Wald aus langen Topfpalmen und spindeldürren Feigenbäumen, und, wie in der Reklame angekündigt, auf die größte offene Wasserfläche des Mars, den Swimmingpool des Hotels von olympischen Ausmaßen. Die ›erlesenen Speisen und Getränke‹ des Ophirsaals wurden offenbar am Pool serviert.
Sie betrachtete sich im Zimmerspiegel. Interessant. Erst Wolfgang Prott und jetzt Khalid Sayeed. Eigentlich dürfte keiner von beiden wissen, daß sich hinter dem Namen Ellen Troy mehr verbarg als eine Inspektorin der Raumkontrollbehörde.
Prott hatte als Geschäftsführer des Hotels wenigstens eine Entschuldigung – aber warum sollte sich Khalid vordrängen? Wollte er tatsächlich ganz offen die Detektivin begrüßen, die extra von der Erde hergeschickt wurde, um seine mögliche Rolle beim Verschwinden der marsianischen Tafel und der Ermordung zweier Männer zu untersuchen?
Oder wußte Khalid etwa, daß Ellen Troy früher einmal Linda geheißen hatte? Kein Lebender konnte das wissen, außer Blake – und ein paar Leuten bei den Prophetae des Freien Geistes.
Die Shuttleport-Herberge war das, was Herbergen immer waren – ein Haufen stählerner, wabenförmiger Zimmer, jedes ausgestattet mit einem harten Bett, genug Platz im Regal für die Kleider und einem Videoschirm an der Decke, Blake hatte nicht vor, sich dort lange aufzuhalten. Nachdem er sich von Yevgeny verabschiedet hatte, sah er sich die Gegend an.
Im Shuttleport ging es geschäftiger zu, als er erwartet hatte. Hier waren die Wagenparks und Rangierstellen für die großen Laster untergebracht, die auf dem Tharsis-Highway verkehrten. Hier wurden alle außerplanetarischen Güter von den Frachtshuttles auf Lastwagenkarawanen verladen – Werkzeuge und Maschinen, Walzbleche und Plastikrohre, Schuhe und Kleider, Lebensmittel, Medizin und all die anderen Gebrauchsgüter, die nicht auf dem Mars hergestellt wurden. Hier gab es Lagerhäuser und Werksvertretungen, Werkstätten und Treibstoffdepots, Baracken für Arbeiter und Forscher, und hier lebte auch die Hälfte
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