Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
Erfahrungen
sammeln, um schließlich weiterzuziehen und sich auf dem privaten Sektor größeren, anspruchsvolleren, besser bezahlten Aufgaben zu widmen. Alvarez konnte sich mit so einer Einstellung nicht recht anfreunden. Er war bei der CIA, um seine patriotische Pflicht zu erfüllen.
Kennard war normalerweise unentwegt am Reden und hielt nur dann die Klappe, wenn sein Leben davon abhing, aber heute war er schon den ganzen Tag deutlich schweigsamer gewesen. Vielleicht hatte der Bursche die Bedeutung ihrer Arbeit endlich kapiert. Es hatte eine Menge Tote gegeben. Das war nicht bloß irgend so ein Spiel.
Alvarez blätterte die Fotokopie des vorläufigen Untersuchungsberichts durch. Darin befanden sich im Vergleich zum Original noch ein paar Extras. Diese zusätzlichen Informationen hatte ihm eine Quelle innerhalb der Pariser Polizei zugespielt. Das hatte den amerikanischen Steuerzahler zwar eine Stange Geld gekostet, aber das dicke Bündel Euroscheine hatte genau die Wirkung erzielt, die die angebliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit nicht zustande gebracht hatte.
Er suchte nach der Seite, auf der die Toten aufgelistet waren. Außer der alten Dame, die auf der Schwelle zu ihrer Wohnung erschossen worden war, hatte keine der Leichen einen Ausweis bei sich gehabt, die meisten jedoch Funkgeräte mit Ohrhörern, Waffen und Munition. Den Franzosen war es bis jetzt noch nicht gelungen, jemanden zu identifizieren, aber Alvarez hatte die Fingerabdrücke bereits ins System eingegeben und wartete auf die Ergebnisse. In diesem Hotel war ein Riesending über die Bühne gegangen, unter Beteiligung einiger außerordentlich widerlicher Figuren.
Es war absolut nervtötend, sich ein Videoband nach dem anderen anzuschauen, doch Alvarez war motiviert bis in die Haarspitzen. Andris Ozols war ermordet worden, als er sich gerade mit Alvarez treffen wollte. Die Informationen, um die es Alvarez ging, waren gestohlen worden. Er wollte sie unter
allen Umständen wiederbeschaffen, aber genauso gerne wollte er den Drecksack in die Finger bekommen, der den Letten getötet hatte, und ihn anschließend an die nächste verfügbare Wand nageln. Mindestens.
Leider hatte das Hotel nur zwei Überwachungskameras in Betrieb, eine in der Lobby und eine am Hintereingang. Eine auf jedem Stockwerk hätte Alvarez die Arbeit sehr erleichtert. Wenn er sich bloß auf diese beiden Bänder stützen konnte, blieb ihm nur noch der Polizeibericht, um sich die Ereignisse im Einzelnen zusammenzureimen. Doch dieser Bericht war ausgesprochen kurz und voller Lücken. Es würde eine Weile dauern, um sie alle zu füllen.
»Da ist er ja«, sagte Kennard. »Er geht zur Rezeption.«
Alvarez warf einen Blick in den Bericht. »Mr. Bishop, Zimmer 407.«
Alvarez sah zu, wie der geheimnisvolle Mann vom Empfangsschalter zum Fahrstuhl ging. Dort wartete er allem Anschein nach auf die Ankunft des Aufzugs, um sich dann urplötzlich neben einen Zigarettenautomaten zu stellen. Offensichtlich versteckte er sich vor jemandem, der ausstieg.
Alvarez und Kennard hatten sich die entscheidenden Stellen des Videos mindestens schon zwanzig Mal angeschaut, aber Alvarez staunte immer noch über das, was er da zu sehen bekam. Der Mann stand in der Lobby, als der Killer sich in seinem Rücken vorbeischlich, so dicht, dass es aussah, als würden sie sich berühren, und dann unbemerkt in den Fahrstuhl schlüpfte.
»Sehr geschickt«, flüsterte Kennard.
Alvarez ertappte sich dabei, wie er leicht nickte. »Spulen Sie mal ein Stückchen vor.«
Der Techniker drückte auf eine Taste, und ein Surren begleitete wenige Sekunden lang das ruckelnde Bild.
»Das reicht«, sagte Alvarez.
Die Aufregung des Mannes auf dem Bildschirm war klar zu erkennen. Fieberhaft hämmerte er auf die Fahrstuhltasten ein,
bevor er in Richtung Treppenhaus rannte und aus dem Bildausschnitt verschwand.
Kennard schüttelte den Kopf. »Und ein paar Minuten später ist er tot, genau wie sein Partner.«
»Sie waren wegen ihm im Hotel, nicht umgekehrt«, sagte Alvarez. »Okay, spulen wir vor, bis die anderen Typen reinkommen. «
Zum vielleicht zehnten Mal lockerte Alvarez seine Krawatte, während Kennard auf den Bildschirm starrte. Der Techniker spulte schweigend vor. Es war stickig. Fenster gab es keines, und die Klimaanlage befand sich geradewegs auf dem Weg in die Gerätehölle. Draußen war es bitterkalt, aber Alvarez, Kennard und der Technikfreak hatten jetzt mehrere lange Stunden in einer drei mal drei Meter großen
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