Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
das war die schnellste Möglichkeit. Wenigstens war der Milchshake ganz in Ordnung. Vanille.
Er winkte sich ein Taxi heran, nannte dem Fahrer die Straße, in der der Scharfschütze wohnte, und tat so, als könne er kein
Deutsch, damit er während der Fahrt nicht mit irgendwelchen Belanglosigkeiten belästigt wurde. Er wurde vor einem vierstöckigen Wohnblock im Osten von München abgesetzt, in einer wohlhabenden Gegend. Eine Neubausiedlung aus den Neunzigerjahren, geräumige Häuser und teure Wohnungen.
Die Eingangstür war verschlossen, darum verbrachte Victor die Nacht in diversen Bars. Er gestattete sich in jeder Stunde einen Drink und behielt die Vertreterinnen des anderen Geschlechts ebenso im Auge wie die männlichen Singles. Länger als zwei Stunden blieb er nirgendwo sitzen, damit die Leute sich möglichst nicht an ihn erinnern konnten. Um sechs Uhr frühstückte er in einem kleinen Café, dann ging er zurück zu dem Wohnblock. Es war kalt, und der schwarze Kaffee, den er sich noch mitgenommen hatte, dampfte.
Er stellte sich auf die gegenüberliegende Straßenseite und suchte bei einer Bushaltestelle Schutz vor dem Nieselregen. So hatte er zudem einen Grund, auf der Straße zu stehen und zu warten, für den Fall, dass ihn jemand bemerken sollte. Den Angaben aus dem Hotel zufolge bewohnte der Scharfschütze Apartment 318, aber man konnte nicht ausschließen, dass er in Wirklichkeit gar nicht Michail Swjatoslaw war. Obwohl Victor sich ziemlich sicher war. Swjatoslaws Reisepass machte einen viel zu gebrauchten Eindruck, um einfach eine x-beliebige Fälschung zu sein, also handelte es sich entweder um den echten Pass des Scharfschützen oder sein einziges gefälschtes Exemplar. Er enthielt zahlreiche Ein- und Ausreisestempel von Ländern außerhalb der Europäischen Union, überwiegend ehemalige Sowjetrepubliken wie zum Beispiel Estland, die Ukraine, Lettland oder Litauen. Sein Besitzer war entweder beruflich viel unterwegs oder ein begeisterter Tourist mit einem schlechten Geschmack gewesen. Die dazugehörige Wohnung war aber in jedem Fall einen Besuch wert.
Victor nippte an seinem Kaffee. Typisch deutsches Gebräu. Grässlich. Erstklassige Schusswaffen herstellen, das konnten
sie, aber einen guten Kaffee brachten sie offenbar nicht einmal dann zustande, wenn das Überleben ihrer Nation davon abhinge. Falls ihnen mal die Schusswaffen ausgehen sollten.
Victor sah vier Personen das Haus verlassen, aber niemanden eintreten. Sie alle trugen Anzüge, lange Mäntel und eine Aktentasche. Büro-Drohnen auf dem Weg in ihre Bienenstöcke. Zwischen den einzelnen Schlucken beobachtete er jeden, der sich dem Gebäude näherte, versuchte abzuschätzen, wer vorhatte, es zu betreten.
Es war ein kalter, feuchter Morgen. Der Himmel versteckte sich hinter einer dichten, schiefergrauen Wolkendecke. Im Sommer konnte Deutschland wunderschön sein, aber im Winter war es deprimierender als jedes andere Land in Europa, fand Victor. Die Wikinger hatten sich die Hölle als eisiges Reich namens Niflheim vorgestellt, und Victor nahm an, dass Deutschland im November nicht weit von dem Bild entfernt war, das die Nordmänner damals vor Augen gehabt hatten. Er trank noch einen Schluck Kaffee und sah einen Mann im Wollmantel mit schnellen Schritten in die Straße einbiegen. Er trug einen Aktenkoffer aus Metall und besaß ein langes, schmales Gesicht sowie dunkle Haare. Victor erkannte ihn wieder. Dieser Mann hatte das Gebäude zehn Minuten zuvor verlassen. Der ideale Kandidat.
Victor wartete den richtigen Zeitpunkt ab, dann warf er den Pappbecher in einen Mülleimer und ging über die Straße. Er bemaß seine Schritte so, dass er gleichzeitig mit dem Mann bei der Eingangstreppe war. Dieser warfVictor einen Blick zu, aber Victor hatte sich abgewandt und wühlte in seinen Taschen nach einem Schlüsselbund, der gar nicht existierte.
Victor ließ dem Mann den Vortritt, und dieser schloss die Tür auf.
»Danke«, sagte Victor auf Deutsch und legte die Hand an die Tür, noch bevor der Mann fragen konnte, ob Victor hier überhaupt wohnte.
»Bitte.«
Der ausladende Hausflur war hell erleuchtet und sauber. Victor ging die Treppe hinauf. Das makellose Geländer und die sauberen Stufen ließen vermuten, dass der Fahrstuhl eigentlich immer funktionierte. Der Hausbewohner hastete zu seiner Wohnung im Erdgeschoss und verschwand im Inneren. Victor wünschte ihm, dass er noch rechtzeitig zur Arbeit kam.
Im dritten Stock stieß Victor die
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