Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
Einfluss, aber sie war nicht allmächtig. Wenn er mobil blieb und keine unnötige Aufmerksamkeit erregte, dann würde er zumindest vorerst nicht in ihr Visier geraten, dachte er zuversichtlich. Auch wenn er nicht wusste, wie lange dieser Zustand anhalten würde.
Die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt. Victor setzte sich eine Stunde lang in ein Café, bis er sicher war, dass er nicht beobachtet wurde. Dann wechselte er in ein anderes, vergleichbares Lokal, wo er noch eine Stunde verbrachte, um sich doppelt abzusichern. Noch eine Woche zuvor hätte er sich jetzt hundertprozentig darauf verlassen, nicht beobachtet zu werden, aber jetzt war das Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten
erschüttert, besonders da er es mit einer Organisation zu tun bekommen hatte, die über zwanzigtausend Vollzeit-Angestellte und Zehntausende freier Mitarbeiter und Kontaktleute im Ausland verfügen konnte.
Victor nahm ein Taxi in die Innenstadt von Debrecen. Während der Fahrt durch die aufgeräumten Straßen behielt er permanent die Rückspiegel im Auge, um nach möglichen Beschattern Ausschau zu halten. Er wusste, dass seine ständigen Spiegelblicke den Taxifahrer nervös machten, und so versuchte er, ihn in ein Gespräch zu verwickeln und dadurch seine Nervosität ein wenig zu mindern. Sie redeten über Fußball, Frauen, Politik, die Arbeit.
»Was machen Sie?«, wollte der Taxifahrer wissen.
Sie fuhren gerade an einem prächtigen Versicherungsgebäude vorbei, und Victor sagte: »Ich verkaufe Lebensversicherungen. «
Der Fahrer grinste. »Einmal müssen wir alle sterben, stimmt’s?«
Victor blickte in den rechten Außenspiegel. »Scheint so, als hätte ich diese Wirkung auf die Menschen.«
Nachdem er ausgestiegen war, ließ er sich eine Weile mit der Menge treiben, blieb gelegentlich stehen, schlug zahlreiche Haken. Er betrat etliche Geschäfte, ohne etwas zu kaufen, achtete nur darauf, wer nach ihm hereinkam und wer von draußen die Tür im Blick hatte. Als er sich sicher war, dass ihm niemand folgte, bestieg er ein weiteres Taxi und setzte sich auf die Rückbank.
Eine Viertelstunde später stieg er im Geschäftsviertel wieder aus. Hier war es etwas ruhiger. So hatten es potenzielle Beschatter zwar etwas leichter, aber sie waren auch leichter zu entdecken. Doch sein Radar schlug kein einziges Mal Alarm. Dann brachte ihn das nächste Taxi zurück in die Innenstadt, zu seinem eigentlichen Ziel.
Das Internet-Café war relativ groß und erfreulich belebt.
Einige der Kunden rauchten. Victor nicht, aber nur deshalb, weil er schon als Passivraucher mehr als genug Nikotin inhalierte, um seinen Bedarf zu decken. Er war sich sicher, dass er eine Antwort des Maklers vorfinden würde. Aber wie würde sie lauten?
Victor setzte sich an den verstecktesten Platz vor einen alten PC. Das Flimmern des Bildschirms trieb ihm sofort die Tränen in die Augen. Er hörte das Geräusch der Festplatte, halb Summen, halb Knarren. Victor loggte sich in das Chatforum ein. Er merkte, wie sein Herz ein klein wenig schneller schlug.
Er hatte eine neue Nachricht.
Fast rechnete er damit, dass der Computer in tausend Stücke explodierte, sobald er die Mitteilung öffnete, aber nichts Ungewöhnliches geschah. In gewisser Hinsicht war er fast ein wenig enttäuscht.
Sie wollen bestimmt nicht telefonieren, aber wir müssen miteinander reden. Ich kann Ihnen helfen.
Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber das ganz bestimmt nicht. Lange saß er nur da und starrte auf den Monitor. Das klang nicht nach dem Makler. Kein vorsichtiges Abtasten, keine Andeutungen, keine Nuancen, sondern direkt zum Punkt. Eine unmissverständliche Bitte um Kontaktaufnahme. Mit einer Telefonnummer.
Hatte jemand anderes die Nachricht geschickt? Wenn die CIA ihn entdeckt hatte, dann hatte sie vielleicht auch den Makler ausfindig gemacht, und die Nachricht war ein Köder, um ihn in die Falle zu locken. Oder das Ganze war von Anfang an eine Falle gewesen, und das hier war nur die Fortsetzung. Aber vielleicht war der veränderte Tonfall auch nur auf die ungewöhnliche Situation zurückzuführen. So langsam bekam er Kopfschmerzen.
Victor besaß keine wahren Freunde, keine echten Verbündeten, lediglich eine Handvoll Bekannter. Nur aus diesem einen Grund war er immer noch am Leben. Je weniger Kontakt
er mit der Welt da draußen hatte, desto weniger potenzielle Schwachstellen, die zu seiner Entdeckung führen konnten. Aber jetzt hatte genau diese Schutzmaßnahme dazu geführt, dass er
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