Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
verdammten korrupten Bullen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist.«
»Das ist der Preis des Fortschritts«, sagte Victor.
Norimow nickte. »Der Wettbewerb wird immer gnadenloser. Du hast dich verändert.«
»Das ist ja der Sinn der Sache.«
»Chirurgisch?«
Victor nickte.
Norimow lächelte. »Vorher warst du hübscher.«
»Ich weiß«, pflichtete Victor ihm bei. »Das war genau das Problem.« Er schaute dem Russen einen Augenblick lang in die Augen. »Kommst du eigentlich irgendwann noch mal hier runter?«
Norimow legte beide Hände auf das Geländer. »Ich fühle mich hier oben eigentlich recht wohl.«
»Hast du Angst, dass ich dich umbringen will?«
Die plötzliche Veränderung in Norimows Gesicht sagte Victor, dass er genau das befürchtet hatte.
»Ich bin unbewaffnet«, meinte Victor und öffnete seine Jacke.
»Das glaube ich dir«, entgegnete Norimow. »Aber seit wann lässt du dich davon aufhalten?«
Mit einem Nicken gab Victor ihm recht und bedankte sich für das zweischneidige Kompliment. »Wenn ich dich umbringen wollte«, sagte er, »dann stünde ich jetzt nicht hier. Ich möchte mit dir reden.«
Norimow überlegte kurz. Victor hielt den Blick auf den Russen gerichtet, war auf alles gefasst, auch auf das Zeichen für die Wachen, das Feuer zu eröffnen. Er wusste nicht, was er dann machen würde. Höchstwahrscheinlich sterben.
»Einverstanden«, sagte Norimow. »Reden wir.«
Kapitel 38
17:27 MSK
Sie saßen in einem der Büros über der Fabrikhalle. Überall standen Aktenschränke und Regale herum, als wäre das hier ein ganz gewöhnlicher Betrieb und nicht die Schaltzentrale einer weitverzweigten kriminellen Organisation. Norimow saß hinter einem einfachen, polierten Schreibtisch mit einem silbernen Laptop sowie einem Stapel aus Papieren und Briefumschlägen. Victor hatte ihm gegenüber Platz genommen. Ein Leibwächter stand hinter ihm, der andere hinter Norimow. Direkt vor der Tür war noch ein Mann postiert, und alle waren sie bewaffnet.
Angesichts dieser Vielzahl an Bewachern kam Norimow ihm vor wie ein Gefangener in den eigenen vier Wänden. Victor fragte sich, wie lange das schon so war. Ob Norimow sich überhaupt
darüber bewusst war, dass er sich selbst unter Arrest gesetzt hatte?
»Ich möchte mich für den alles andere als herzlichen Empfang entschuldigen, aber ich bin mir sicher, dass du mir mein Misstrauen nachsehen kannst«, fing Norimow an. »Wenn plötzlich ein professioneller Mörder unangemeldet vor der Tür steht, dann ist es besser, ein bisschen übervorsichtig zu sein als tot.«
»Nimm dieses Wort nicht in den Mund.«
»Welches Wort denn?«, wollte Norimow scheinbar verblüfft wissen. »Mörder? Ich habe ganz vergessen, dass du das nicht magst.«
»Hast du nicht.«
Norimow ließ ein verschlagenes Lächeln sehen. »Wie lange ist es her? Drei Jahre?«
»Vier.«
»Eine lange Zeit. Du hast dich gut gehalten.«
»Ich nehme regelmäßig meine Vitamine.« Victor musterte Norimow. »Und du scheinst genügend zu essen zu bekommen.«
»O ja, ganz recht. Bin um die Hüfte etwas voller geworden, aber dafür oben etwas schlanker.« Norimow lachte und klopfte sich auf seinen ausladenden Bauch. »Ist nur zum Schutz vor der Kälte, ich schwöre.«
»Wie geht es deiner Schulter?«
Norimow schnaubte durch die Nase. » Ha , die macht mir immer noch Probleme. Erst letztes Jahr war ich bei einem Spezialisten in Moskau. Er hat gesagt, dass sich hinter dem Schulterblatt Flüssigkeit sammelt. Er hat mich punktiert, mit einer Nadel, die war so groß, wirklich und wahrhaftig.« Norimow hielt die Handflächen dreißig Zentimeter weit auseinander. »Aber es ist nicht besser geworden. Manchmal brauche ich in einer Woche eine ganze Flasche Schmerztabletten.«
»Das tut mir aufrichtig leid.«
»Aber wenn ich die Wahl habe, unter Schmerzen zu leben oder ohne Schmerzen tot zu sein, dann wähle ich das Leben.«
»Schön gesagt.«
»Danke.« Norimow neigte den Kopf zur Seite. »Und du, Vasili, immer noch kugelsicher?«
Victor musste an den riesigen blauen Fleck auf seiner Brust und die winzige Kruste denken. »Das würde ich nicht sagen.«
»Du willst das Schicksal nicht herausfordern?«
»So ungefähr.«
Norimow zeigte mit dem Finger auf ihn. »Früher hast du immer gesagt, dass du dein Schicksal selbst in die Hand nimmst.«
»Das mache ich immer noch.«
»Ganz egal, wie gut du bist, wie schnell du bist …«
»Einer Kugel kannst du nicht davonlaufen«, vollendete Victor den
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